Drei Familien aus der Ukraine sind sicher in Fessenbach angekommen

Neuankömmlinge, Fahrer und Helfer freuten sich über die gelungene Hilfsaktion. ©Thorsten Mühl
Während sich die Kriegssituation in der Ukraine täglich unvermindert zuspitzt, sind erste Flüchtlinge im Rahmen einer privat organisierten Hilfsaktion am Samstagnachmittag im Rebland angekommen. Die insgesamt zehnköpfige Gruppe, bestehend aus drei Familien, stammt aus Kriwoi Rog im Südosten der Ukraine. Nach den mehrstündigen Reisestrapazen waren die Neuankömmlinge, die in Fessenbach von einer großen Helferschar empfangen wurden, zwar erschöpft, ansonsten aber guter Dinge.
Emotionen waren allen Beteiligten in den Augenblicken nach der glücklichen Ankunft anzumerken. Auch Jörg Schröder, dem Organisator der Hilfsaktion. Seine Frau, die am Wochenende ebenfalls auf der Heimreise ins Rebland war, gab entscheidenden Anstoß für die Aktion. Die Kunde, dass die drei Familien aus der Heimat fliehen mussten, aber immerhin schon die EU-Außengrenze erreichen konnten, war Ausgangspunkt, um Kommunikations- und Organisationswege in Bewegung zu setzen.
Mit einem kleinen Konvoi aus Kleinbussen, wovon einer kurzfristig durch ein hilfsbereites Neurieder Autohaus zur Verfügung gestellt wurde, brachen Schröder, Jonathan Basler und Berthold Börschig am Freitagnachmittag in Richtung Lwiw (Lemberg) an der polnisch-ukrainischen Grenze auf. Die rund 870 Kilometer zählende Strecke wurde in rund zehn Stunden bewältigt.
Vor Ort konnten die Frauen, Jugendlichen und Kinder samt Begleitung in Empfang genommen werden, „alles hat zum Glück reibungslos funktioniert. Wir sind auf Menschen getroffen, die einiges hinter sich und viel Belastendes gesehen haben. Sie waren dennoch erstaunlich ruhig und gefasst“, registrierte Schröder.
„Das bewegt mich“
Die während der Reise gewonnenen Eindrücke lösten bei ihm die unterschiedlichsten Emotionen aus. Bilder und Videos, die die Flüchtlinge von ihrem bisherigen Weg zeigten, lösten Fassungslosigkeit aus. Das mischte sich mit den Bildern großer Mengen von Hilfsgütern und Nachrichten über die Spendenbereitschaft Hilfsbereiter, die die Menschen in der Ukraine unterstützen wollen: „Das alles beeindruckt und bewegt mich“, hält Schröder fest. Während die Konvoi-Fahrer vor Ort den Hauptteil zum Gelingen der Hilfsaktion beitrugen, waren in Fessenbach bereits zahlreiche rührige Geister am Werk, um für den Empfang alles vorzubereiten. Familie und Freunde Jörg Schröders waren involviert, hinzu kamen Mitglieder der Narrenzunft und der Feuerwehrabteilung, ebenso Verantwortliche der „Flüchtlingshilfe Rebland“.
So konnten die drei Familien am Samstag gegen 13 Uhr in aller Ruhe ankommen. Ortsvorsteher Paul Litterst hieß die Gruppe mit kurzen Worten willkommen, Heribert Schramm übergab seitens der „Flüchtlingshilfe“ symbolisch Brot und Salz. Die Gruppe reagierte mit Dankbarkeit und Erleichterung. Nach einem kurzen Imbiss wurden die Neuankömmlinge, denen vor allem wichtig war, zusammen zu bleiben, im alten Feuerwehrhaus untergebracht. In den kommenden Tagen werden gemeinsam weitere Überlegungen angestellt.
„Ich bin sehr froh, dass die Menschen in Sicherheit sind. Sie sollen jetzt erst einmal ankommen, dann sehen wir weiter“, sagte Paul Litterst am Rande des Geschehens. Den Konvoi-Fahrern waren die Strapazen ihrer über 1700 Kilometer währenden Tour zunächst kaum anzumerken. „Wir hatten unterwegs keine Probleme, es hat alles gut hingehauen. Und hier war ebenfalls alles top vorbereitet, alle haben enorm mit angepackt“, freute sich Jörg Schröder.
Das plant die Flüchtlingshilfe Rebland
Im Lichte der aktuellen Ereignisse in der Ukraine will auch die „Flüchtlingshilfe Rebland“ einen Beitrag zur Unterstützung leisten. Wie Koordinator Heribert Schramm am Wochenende erläuterte, ist Hilfe auf mehreren Ebenen vorgesehen. Zum einen können sich Menschen, die Möglichkeiten zur Unterbringung von Flüchtlingen sehen, an das Landratsamt Ortenaukreis (aufnahme-ukraine@ortenaukreis) oder an Heribert Schramm (h.schramm@biofrisch.net) wenden. Benötigt werden außerdem Personen, die sich ein helfendes Engagement vorstellen könnten. Interessierte können sich – mit Namen, Anschrift, Telefonnummer – an Heribert Schramm wenden. Besonders hilfreich wären Personen mit Sprachkenntnissen in Russisch oder Ukrainisch, wobei das keine Bedingung ist.
„Wir haben uns außerdem an die Stadt und das Landratsamt gewandt, damit ein baldiges Treffen mit allen Flüchtlings- und Ukraine-Initiativen organisiert werden könnte. Die spontanen Hilfsaktionen sind Ausdruck einer großen Betroffenheit und Hilfsbereitschaft. Sie sind vermutlich noch wirkungsvoller, wenn sie strukturiert und koordiniert werden“, regt Schramm seitens der „Flüchtlingshilfe Rebland“ an. Ein Treffen zur Diskussion und Organisation der Ukraine-Hilfe soll am Freitag, 18. März, um 18 Uhr in der Johannes-Brenz-Gemeinde in Rammersweier stattfinden. Außerdem ist binnen der kommenden zwei Wochen ein Treffen mit Hilfswilligen geplant, in dessen Rahmen Bastian Winter, ein Mitglied des Lenkungskreises der „Flüchtlingshilfe“, über Diskussionen und Reaktionen in Russland informiert.
Winter hat in Russland seinen Zivildienst gemacht, spricht Russisch und ist mit einer Russin verheiratet. Es geht um die Fragen, wie die Menschen in Russland den Krieg der russischen Führung sehen und welche Chancen es für einen innerrussischen Widerstand gegen den Krieg gibt. mue