Ein fulminantes Konzerterlebnis in Zell
Nach zwei Jahren Durststrecke erlebten die Konzertbesucher in der Ritter-von-Buß-Halle endlich wieder ein beglückend ansprechendes Cäcilien-Konzert der Stadtkapelle Zell a. H.
Und die gut gefüllten Stuhlreihen motivierten die Instrumentalisten um ihren Vorsitzenden Sebastian Grillich auf der weihnachtlich umschmückten Bühne noch mehr zu lustvollem und konzentriertem Musizieren.
Dirigent Stefan Polap hatte nach neunwöchiger Probenarbeit vom Eröffnungswerk „Fiskinatura“ von Thiemo Krass (*1984) bis zur weltweit bekannten „West Side Story“ von Leonard Bernstein (1918–1990) insgesamt neun Kompositionen im Konzertprogramm. Und mit Amelie Ette und Aron Roth vom Klarinettenregister hatte die Stadtkapelle ein Moderatorenduo aus den eigenen Reihen aufgeboten, das charmant, frisch und präzise durch das Programm führte.
Wenn auch erst als zweites Musikstück präsentiert, konnte „Curtain up“ (Vorhang auf!) von Alfred Reed (1921–2005) geradezu programmatisch für den Neustart des Konzertbetriebs gelten. Nach bizarr komplexem Start mit gewaltigem Einsatz aller Register erscheinen zunehmend elegantere Klangbilder. Vor dem geistigen Auge öffnen sich Ballsäle mit elegant dahinschwebenden Tanzpaaren. Im Schlussteil allerdings explodieren die Register in voluminös komplexen Klanggebilden. Nach kurzem Wechsel zu dominierenden Saxofonen folgen Flöten und Klarinetten, die gesamte Kapelle nimmt atemberaubendes Tempo auf und bleibt zum überraschenden Finale abrupt stehen.
Nach „Caprice for Saxophone“ von Stephen Bulla (*1953) gibt es lang anhaltenden Beifall und Bravo-Rufe. In diesem Stück präsentiert sich Birgit Maier als Solistin locker und dynamisch, einfühlsam und warm am Alt-Saxofon. Die Kapelle begleitet dezent und aufmerksam bis zum rasanten Finale.
Trommelschlag
Besonders die älteren Konzertbesucher dürften sich mit der opulenten Tom Sawyer Suite von Franco Cesarini (*1961) an ihre ersten Schullektüren mit den Streichen und Abenteuern der beiden Südstaatenjungs erinnert haben.
Die Instrumente schlendern und hopsen. Aus spannungsreich quirlig dahinströmenden Klangwellen explodieren überraschend verblüffende Klangfetzen. Das faszinierende Tonwerk findet nach dynamischem Anlauf sein scharfes Ende mit dreifach knochenhartem Trommelschlag.
Nach dem mystisch angehauchten „Silva Nigra“ überwältigte nach der Pause ein bombastischer Auftakt von Ernesto Lecuonas (1895–1963) „Malaguena“. Die Zuhörer erlebten ein faszinierendes Werk mit wehenden Klangfahnen, blitzartigen Registerwechseln und lautstarken Ausbrüchen aus fundamental fließenden Klangströmen. „Around the world in 80 days“ von Otto M. Schwarz (*1967) entführte mit röhrendem Tubenklang (Elefanten) nach Afrika oder mit betörendem Flötenspiel nach Indien.
Tragisch wird es zum Konzertfinale. Leonard Bernstein versetzt die Romeo-und-Julia-Tragödie in das Bandenmilieu New Yorks. Das bekannte Werk fasziniert durch rasante Rhythmen und eine ausgefeilte Umsetzung.
Immer wieder quillt aus der Orchestertiefe das von Sehnsucht getränkte Leitthema „I like to be in America“. Eine überwältigend instrumentale Präsenz, klagende Hörner, pfeifende Flöten und Klarinetten und eine wirbelnde Schlagwerkabteilung ernten zum Finale Bravorufe und begeisterten Beifall.