Offenburg
Ein Streetworker für Neuried?
Wolfgang Kollmer
15. Dezember 2000
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In der Sitzung des Neurieder Jugendgemeinderates stand gestern nachmittag vor allem eines im Mittelpunkt: Wo können sich die Jugendlichen treffen? Bürgermeister Gerhard Borchert plädierte in diesem Zusammenhang für einen Streetworker.
Neuried-Altenheim. Die ausgedruckte Liste der Jugendgemeinderäte weist die Jahrgänge `83 bis `87 aus. Auch zeigt der Computer einer bürgernahen Verwaltung, dass man Jugendliche nicht mit »Herr« oder »Frau» anredet, sondern mit »Liebe/r«.
Manche der Neurieder Altersgenossen hingegen scheinen nicht ganz so lieb zu sein. »Überlasst nicht mir den täglichen Kampf«, wendet sich Maria-Rose Dieterich, Leiterin der Ichenheimer Grundschule, fast schon verzweifelt an den Jugendgemeinderat.
Den »kindergerechten Schulhof«, den Dieterich sich wünscht, gibt es nicht mehr: Von haufenweise Kippen und Dosen, von einem Alkohol- und von einem Drogenproblem berichtet sie, wenn es um den Treffpunkt an der Schultreppe geht.
Einfach einen Mülleimer hinzustellen sei keine Lösung, so Dieterich: »Wir haben es probiert, aber morgens sieht es trotzdem schlimm aus.« Als Sofortmaßnahme müsse eine Verlagerung her, fordert die Schulleiterin, im Moment sei der Fahrradschuppen im Test.
Ortsvorsteher Michael Gabrysch sitzt im gleichen Boot, bringt Fotos vom Schuleingang als Beweise mit. Auch Gabrysch hat schon schlechte Erfahrungen gesammelt: »Wenn man da was sagt, dann lachen sie einen aus.«
Fotos als Beweise
Die reine Verlagerung sei aber keine Lösung des Problems, meint Maria-Rose Dieterich: »Das sind Jugendliche die in keinem Verein sind, die brauchen eine professionelle Betreuung«. »Die sind zum Teil über 20 Jahre alt«, zweifelt Jugendgemeinderat Viktor Schmidt, und Ratskollege Daniel Hauser stimmt zu: »Das ist genau das Problem - die warten gerade noch drauf, dass jemand kommt und ihnen sagt was sie machen sollen.«
»Es müsste halt jemand sein der sich auf dem gleichen Niveau bewegen kann«, überlegt Rätin Ava Leicht: »Ein Lehrer würde natürlich genau das Gegenteil bewirken.«
»Ein Streetworker, der ihre Sprache spricht, wäre nicht das Schlechteste«, meinte Gerhard Borchert, »das sind Leute die was von ihrem Geschäft verstehen - die kommen nicht moralisierend daher.«
Drei der Räte waren Ende Oktober bei einem bundesweiten Treffen der Jugendgemeinderäte gewesen. Von Jugendzentren und Jugendhäusern habe man sich da erzählen lassen, berichtet Sprecher Andreas Schäfer, und dass die Neurieder Jugendlichen auch so etwas wollen.
Die Frage ist nur: Wo? Die Räte sind realistisch: Kaum ein Jugendlicher würde sich aufs Fahrrad schwingen, um in eine andere Ortschaft zu fahren, so der Tenor. Ob es in Neuried nur einen, oder mehrere Treffs geben wird, muss daher Thema der nächsten Sitzungen sein.
Auch in einem anderen Punkt sind die Jugendlichen realistisch. »Unser Gemeindewald ist kein Holzacker, sondern ein Ökosystem«, warb Förster Günter Hepfer für freiwilliges Engagement bei der Wiederaufforstung.
Kaum ein Jugendlicher hätte sich bei den Bürgerpflanzaktionen blicken lassen, so der Förster: »Es wäre schön, wenn das nicht immer nur über die Schule laufen würde.«
Thema Wald
Das Wort »Helferfest« und vor allem das Wort »schulfrei« macht die Runde. »Genau das möchte ich nicht«, antwortet Hepfer, spricht von »langfristigem Lohn« und der Freude am Wald: »Oder bin ich da total auf
dem falschen Dampfer?«
Rätin Ava Leicht meint ,ja`: »Keine Chance«. Auch die anderen zeigen sich wenig überzeugt: »Kinder könnte man begeistern«, meint Mathias Feger: »Wir sind dafür zu alt.«