Erinnerung an die Reichspogromnacht vor 80 Jahren

Eine Ahnung, was verloren ging

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11. November 2018

Begeisterten als »Le Chajim« (von links): Silke Bruder, Wolfram Ehret, Stephan Thüsing und Rolf Lehmann. Im Hintergrund: Irene Lehmann. ©Klaus Krüger

Einen stilvollen, nachdenklich stimmenden und doch sehr musikalischen Abend boten der Historische Verein Hohberg und die evangelische Kirche in Diersburg. Ein Abend zum Erinnern und ein Abend voller Mahnung.

Hohberg-Diersburg. Wie will man einen Gedenkabend an die Reichspogromnacht gestalten? Genau so, wie es am Freitag geschah: Mit Zeitzeugenberichten, die leise und doch eindringlich die Zeit vor 80 Jahren wach riefen, als die Nazis, die Nachbarn waren, Synagogen schändeten und zerstörten – auch die in Diersburg. Und mit jiddischen Liedern, die beinahe ebenso 80 Jahre umspannten und von Zerstörung, Ghetto, Konzentrationslagern – aber auch vom kleinen Glück erzählten. Und die doppelt schön wirkten in der anrührenden Interpretation der Gruppe »Le Chajim« (Auf das Leben) aus Appenweier und Durbach.

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Richtige Schlüsse

Sich der Vergangenheit stellen und ihrer zu erinnern ist eines. Daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, ein anderes. Beides bildete in der evangelischen Kirche des guten Hirten eine wohltuende Einheit. Pfarrer Kornelius Gölz sagte nach dem achtminütigen Glockenläuten, es sei heute dringlicher denn je für jeden einzelnen, Zeichen zu setzen gegen Gewalt und für Toleranz. Er bat Gott um die Kraft für alle, denen entgegen zu treten, die Macht an sich reißen wollen.
Bernd Rottenecker (Historischer Verein) beleuchtete die »ungeheure Dimension der Barbarei« der Nazis und fragte dann: »Haben wir aus der Geschichte gelernt?« Zu wenig und nicht alle, wie der AfD-Politiker Alexander Gauland zeige, der die Nazis als einen »Vogelschiss« in den tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte bezeichnet habe. Und schließlich gab es zwei jüdische Zeitzeugenberichte – von der Schändung der Diersburger Synagoge (Pauline Spitzmüller) und von der Verhaftung der Juden (Heinrich Jost). Beide Texte las Susanne Kerkovius.
Die Gruppe »Le Chajim« sorgte dafür, dass dieser Abend nicht gar so kopflastig wurde. Ihre jiddischen Lieder machten das Grauen der Nazizeit an kleinen Geschichten greifbar – etwa im Lied »Mayn shvester Khaye« von Binem Heller. Darin erzählt er von seiner großen, schönen Schwester, die sich mit zehn Jahren um ihre Brüder kümmert, weil die Eltern arbeiten müssen. Und die so schöne schwarze Zöpfe hat und grüne Augen – und die ein Deutscher im Konzentrationslager Treblinka verbrannt hat. Jetzt sitzt sie, als Gottes geliebte Tochter, im Himmel an seiner rechten Seite.
Texte, die unter die Haut gingen, getragen von einer traurigen Musik – aber beides gab auch Kraft und beschwingte im Laufe des Konzerts – zumal durchaus fröhliche Momente in manchen Liedern vorkamen. Der Bogen der Lieder spann sich bis zu Leonard Cohen, einem kanadischen Juden und Musiker, der ein Lied geschrieben hat, das ebenso stark berührte: »Dance me to the end of love« (Tanze mich zum Ende der Liebe). Inspiriert hat Cohen das Foto eines tanzenden jüdischen Ehepaars in einem Konzentrationslager.
Es war eine wunderbare Liedauswahl – und Pfarrer Kornelius Gölz hatte recht, als er sagte: »Le Chajim zeigt uns eine reiche Kultur, die seit dem Holocaust in Deutschland fehlt.«
◼ »Le Chajim« sind: Silke Bruder (Gesang), Stephan Thüsing (Klarinette), Wolfram Ehret (Akkordeon) und Rolf Lehmann (Gitarre). Die kundige Moderation zu den Liedern lieferte Irene Lehmann.

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