Elsass/Baden: Pflege über Grenzen hinweg
»Ein solcher Austausch ist im badischen Raum bislang einmalig«, freute sich Thomas Dreher über das vierwöchige Praktikum, das vier Pflegeschülerinnen aus dem elsässischen Sélestat nun beendet haben. »Das ist Europa leben«, betonte der Interimsleiter des Seniorenzentrums St. Gallus in Zell.
Sie sind noch jung und wagten für ihren späteren Beruf den Schritt über die Landesgrenze: Malaury Adam, Sabrina Capon, Audrey Gutmann und Esther Gutmann waren das erste Mal in ihrem Leben ohne Familie für vier Wochen in der Fremde.
Im elsässischen Sélestat (Schlettstadt) besuchen sie die Europaklasse der Schweisguth-Schule. »Dies ist eine Fachschule, in der ein Jahr lang Einblicke in alles vermittelt werden, was es in Frankreich an Betreuungsnotwendigkeiten gibt«, erklärt die Lehrerin Karin Krempl. Im Anschluss machen die Mädchen das Berufsabitur und können sich dann entscheiden, in welche Richtung sie sich spezialisieren. Ob sie in die Kinder-, Alten- oder Behindertenbetreuung gehen oder beispielsweise eine Arbeit beim Sozialamt ausüben wollen.
Karin Krempl, die Deutschlehrerin der von den Mädchen besuchten, sogenannten »Europaklasse«, lebt seit zwei Jahren in Zell. Ihre Freude am Singen führte sie in den hiesigen Joy-and-Fun-Chorus und auf diese Weise auch mit Thomas Dreher zusammen. Da an der elsässischen Schweisguth-Schule ein Praktikum vorgeschrieben ist, lag es nahe, dass die täglich zu ihrer Arbeitsstelle pendelnde Pädagogin und der Gallusheim-Leiter einen grenzüberschreitenden Austausch in die Wege leiteten.
Grundpflege mit Mentor
Jeweils eine examinierte Pflegekraft stand den auf die vier Wohnbereiche des Seniorenzentrums aufgeteilten Pflegeschülerinnen als Mentor zur Seite, um sie den Tag über zu begleiten und in der Grundpflege anzuleiten. Duschen, abtrocknen, anziehen, Zähneputzen, Hilfe beim Toilettengang, Windeln oder Einlagen wechseln sowie Essen geben – das alles stand in Früh- oder Nachmittagsschicht auf dem Arbeitsplan der Mädchen.
Anfangs seien sie sehr aufgeregt gewesen, geben die vier unisono zu verstehen, doch die Tätigkeiten haben ihnen Spaß gemacht. Wobei sie besonders der Aspekt der menschlichen Nähe angesprochen hat. Unbestreitbar jedoch, dass die vier Wochen für sie eine große Herausforderung bedeutet haben. Des anfänglichen Heimwehs und vor allem der Sprachbarriere wegen.
»Die ersten Tage waren sehr schwierig für sie, dann wurde es einfacher«, übersetzt Karin Krempl für ihre Schülerinnen aus dem Französischen. Und betont, dass diese neben der Verbesserung der Deutschkenntnisse auch viel in Bezug auf andere Sozialkompetenzen gelernt haben.
In der letzten Woche ihres Aufenthalts legten sie zudem eine benotete Prüfung in der Animation der Senioren ab. Und als Abschluss-Highlight nahmen sie an dem monatlichen Halbtagesausflug teil, der etwa 40 Heimbewohner und rund 25 Mitarbeiter nach Sélestat führte.
»Trotz der Sprachprobleme waren die Mädchen immer lieb, freundlich und entgegenkommend zu den Bewohnern, wirklich Hut ab«, ist Dreher voll des Lobes. »Und auch für unsere Senioren war es eine wichtige Erfahrung, die waren begeistert«, resümiert er zum Abschluss des Praktikums am vergangenen Freitag, und kann sich gut vorstellen, einen solchen Austausch im nächsten Jahr zu wiederholen.