Emaille-Plakate sind begehrt
Ein Sammelobjekt »Made in Ortenberg« kann bei Auktionen einen Erlös bis weit über 10 000 Euro erzielen. Aus dem ehemaligen Werbemedium, dem Emaille-Plakat, ist eine begehrte Rarität geworden. Die Firma Boos und Hahn gestaltete Werbung für Weltfirmen wie Coca-Cola, Aral oder Persil. In Ortenberg sind noch viele Plakate im Besitz von Sammlern.
Wenn Bürgermeister Markus Vollmer mit seiner Familie das Technische Museum in Speyer besucht und in der Fahrzeughalle an den Wänden die historischen Emaille-Plakate der Autofirmen und Zulieferer sieht, dann bekommt der Ortenberger Heimatgefühle. »Viele dieser Plakate sind in Ortenberg entstanden.« Erkennungszeichen sei ein verstecktes Firmenzeichen des Schilderherstellers, erklärt Vollmer. Die Firma Boos und Hahn, 1917 in Offenburg von den ehemaligen Mitarbeitern der Firma C. Robert Dold, Wilhelm Boos und Anton Hahn gegründet, zog 1922 nach Ortenberg, weil dort die geeignete Gewerbefläche für die Firmengründer zur Verfügung stand.
Die Firma spezialisierte sich auf Emaille-Plakate, nicht auf Schilder, wie damals üblich. Der ehemalige leitende Angestelle von Boos und Hahn und heutiger Sammler Friedrich Harter erinnert sich: »Die beiden Firmengründer merkten recht schnell, dass Plakate auf dem internationalen Markt einen besseren Ruf haben als Schilder.« Qualität war das beste Rezept, der gute Ruf der Emaille-Plakate aus Ortenberg verbreitete sich weltweit. In den 1920er-Jahren arbeitete die Ortenberger Firma für Weltfirmen wie Persil oder Coca Cola.
Der richtige Boom kam allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 1950er- und 1970er-Jahren zählten laut Harter bis zu 220 Mitarbeiter zur Stammbelegschaft. »1949 bin ich als Werkzeugmacherlehrling in die Firma gekommen und hab im Laufe meiner beruflichen Laufbahn außer der Buchhaltung und der Kantine sämtliche Abteilungen durchlaufen.« Emaille ist ein Verbundwerkstoff von Metall und Glas – und praktisch unverwüstlich. »Unsere Stärke war, hervorragende Qualitäten zu liefern, die lange haltbar ist«, so Harter.
Für jedes Plakat habe es eine Garantie von 15 Jahren gegeben. Die Herstellung war aufwendig, für einige Plakate waren bis zu 15 Arbeitsgänge, je nach Kundenwunsch, nötig. »Nach dem Brennvorgang kommen die Farben immer etwas anders rüber, genau dies musste berücksichtigt werden«, erklärt Harter weiter. Selbst Goldpuder wurde für manche Markenwerbeplakate verwendet. Auch Erhebungen, etwa um eine Zigarettenschachtel vom Hintergrund abzuheben, waren kein Problem für die Fachleute. In den Anfangsjahren wurden die Plakate mit Steindruck hergestellt, später in Siebdruck gefertigt.
»Den größten Boom erreichten wir in den 1960er-Jahren, während es in den 1970er-Jahren leicht abflaute.« Damals wurde Werbung immer kurzlebiger. »Wir setzten auf Leuchtplakate, die heute noch gefertigt werden«, erklärt Friedrich Harter.
Hohe Auftraggeber
Nach dem Tod der beiden Firmengründer ging die Firma Boos und Hahn 1986 an das Schweizer Unternehmen Westiform über. Harter selbst blieb bis zu seinem Ruhestand in leitender Position tätig. Bis heute liebt er die haltbaren Werbeträger, der Keller seines Eigenheims birgt einige historische Emaille-Plakate. Sogar für die Botschaften der USA und Venezuela habe die Firma die offiziellen Eingangsschilder gemacht, so Harter und zeigt auf das große Emblem der »Embassy of United States«.
Besonders stolz ist er auf ein Zigarettenwerbeplakat, von dem es nachweislich nur noch zwei Stück auf der Welt gibt. »Dieses Plakat der ehemaligen Zigarettenmarke Salem hängt nur noch in der Reemtsma-Zentrale sowie bei mir im Keller.«
Die seltenen Plakate werden überall auf der Welt von Sammlern geschätzt. In Ortenberg gebe es noch so manche Schätze«, berichtet Markus Vollmer, der selbst 15 Plakate bei sich zu Hause an den Wänden hängen hat. Vermeintliche Fehldrucke brachten die Mitarbeiter mit nach Hause.
Das ein oder andere Plakat wurde denn auch dazu verwendet, den Hühnerstall abzudichten.
Auch der Ortenberger Koch, Dieter Scheel, ist ein begeisterter Sammler – mehrere Dutzend Schilder hängen an seinen Wänden. Bei einer Versteigerung der weißen Frau von Persil wurden für ein Schild aus den 1920er-Jahren mehrere 10 000 Euro geboten.