Flüchtlinge boykottieren Essen im Containerdorf
Die Asylbewerber im Containerdorf am Offenburger Südring boykottieren seit Donnerstag das Catering des Betreibers der Unterkünfte. Das Essen mache sie krank. Stattdessen wollen sie selbst kochen und dafür mehr Geld bekommen. Das Landratsamt reagierte mit Unverständnis und schließt Änderungen bei der Versorgung aus.
Die Flüchtlinge, die am Donnerstag das neue Containerdorf am Offenburger Südring bezogen haben, boykottieren die dortige Lebensmittelversorgung. Seit dem Tag ihrer Ankunft hätten alle 62 Bewohner die Mahlzeiten, die ihnen vom Betreiber der Unterkünfte ausgegeben wurden, verweigert. »Wir vertragen das Essen nicht, es entspricht nicht dem unserer Heimatländer und macht uns krank«, erklärte der Pakistaner Qazi Shahid Shad im Gespräch vor Ort mit dem Offenburger Tageblatt. »Wir wollen anderes Essen – oder sterben.« Statt des Caterings solle man ihnen lieber mehr Geld geben, damit sie einkaufen und sich selbst versorgen können (siehe Hintergrund). Shad hob die soziale Bedeutung des Kochens hervor: »Das ist der einzige Moment, in dem es keinen Streit zwischen den Gruppen gibt.«
»Ich wurde krank«
Am Südring leben nach Angaben des Landratsamts Ortenaukreis derzeit Männer aus Pakistan, Indien und Gambia. »Alle haben sich dem Protest angeschlossen«, sagte der Pakistaner Muhammad Ayub Afridi. Gleichzeitig betonte er: »Wir sind glücklich und dankbar dafür, in Deutschland leben zu dürfen.« Er komme aus einem Stammesgebiet in Pakistan, wo er unter schlechten Lebensumständen und alltäglicher Gewalt gelitten habe.
Viele Asylbewerber hätten mit dem Catering in anderen Unterkünften außerhalb des Ortenaukreises schlechte Erfahrungen gemacht, berichtete Naqi Zaidi, auch er Pakistaner. »Ich selbst wurde krank und habe mehrere Kilo verloren«, sagte er. »Ich habe Angst.« Die Flüchtlinge fordern eine Verbesserung der Infrastruktur mit mehr Küchen. Sie betonten, dass ihr Protest nichts mit religiösen Speisegeboten zu tun habe.
Kai Hockenjos, Sprecher des Landratsamts, äußerte auf OT-Anfrage scharfe Kritik an der Aktion der Flüchtlinge. »So wird Gastfreundschaft mit Füßen getreten«, sagte er. Der Protest sei »unverständlich« und »enttäuschend«. Die Zuwanderer bekämen ihre Mahlzeit in der Kantine im Containerdorf serviert. Beim Catering komme man ihnen sehr weit entgegen – jedoch ohne Erfolg. »Am Donnerstagabend gab es einen Lammeintopf, der, wie in den Herkunftsländern der Zuwanderer üblich, scharf gewürzt war.«
Änderungen an der Versorgungspolitik schloss Hockenjos aus. Die Essensausgabe ist Teil des Komplettpakets der Firma RHS Objektverwaltungs GmbH aus Lahr, welche die Container vermietet und betreibt. Gleichzeitig unterstrich Hockenjos, dass es sich um keinen »Hungerstreik« handle. »Die Flüchtlinge kaufen sich von ihrem Taschengeld derzeit selbst etwas zu essen und boykottieren lediglich unser Catering-Angebot.« Hungern müsse niemand.
Gespräche gescheitert
Sozialarbeiter und Flüchtlingshelfer seien im Gespräch mit den streikenden Aslybewerbern – bis gestern Nachmittag ohne Ergebnis. Proteste gegen das Catering hatte es schon vor ihrem Umzug gegeben. Am 31. März demonstrierten rund 60 Zuwanderer aus dem Kreisschulzentrum beim Polizeirevier Offenburg dafür, nach ihrer Verlegung an den Südring selber kochen zu dürfen.
Die Versorgung
Für die Versorgung des Containerdorfs auf dem ehemaligen Gelände des Tennisclubs Grün-Weiß hat das Landratsamt ein Komplettpaket gekauft: Für Aufbau, Vermietung und Betrieb ist die Firma RHS Objektverwaltungs GmbH aus Lahr verantwortlich.
Das Unternehmen kümmert sich um die Ausgabe des Essens. Das bedeutet, dass die Flüchtlinge in der Unterkunft vom Betreiber mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Deshalb wurden auch keine Küchen errichtet. Dafür wären nach Angaben des Landratsamts etwa 50 Herde und Spülen sowie die erforderlichen Zu- und Abwasser- sowie Stromleitungen nötig gewesen.
Ob ein Asylbewerber während der vorübergehenden Unterbringung – wie im Fall des Südring-Containerdorfs – mit Essen versorgt wird oder sich selbst darum kümmern muss, hat auch Auswirkungen auf die Geldleistungen, welche die Zuwanderer von staatlicher Seite erhalten. Erwachsene alleinstehende Asylbewerber erhalten monatlich 176 Euro, wenn sie Lebensmittel gestellt bekommen. Müssen sie sich selbst versorgen, bekommen sie zusätzlich 144 Euro.