Gaunerstück in Spielhölle aufgedeckt
»Er hat weder gemauert noch auf Zeit gespielt«, betonte Richterin Ute Körner und sprach dem Angeklagten vor dem Amtsgericht Lob zu. Doch angesichts einer Steuerhinterziehung in Höhe von 930 000 Euro kam ein Spielcasinobetreiber aus Kehl um eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung nicht drumherum.
Offenburg. Spielautomaten. Ob in Spielhallen, Bistros oder Kneipen: Sie sind gefragt und verführen den ein oder anderen zur Spielsucht – und sie bringen den Betreibern oftmals viel Geld ein. Auch ein 47-jähriger Spielcasino- und Bistrobetreiber aus Kehl hat durch die Einnahmen seiner Spielautomaten viel Gewinn erzielt. Mehr als ihm eigentlich zustand. Denn von 2010 bis 2012 hat er durch einen Adapter am Gerät die Buchungen manipuliert und Schätzungen der Steuerfahndung zufolge 20 bis 30 Prozent am Fiskus vorbei in die eigene Tasche gesteckt.
»Wir sprechen von 930 000 Euro Steuerhinterziehung«, betonte Richterin Körner am Dienstag vor dem Amtsgericht. Diese ergaben sich aus 750 000 Euro an Umsätzen, die er niedriger ausgewiesen hatte, und der vorenthaltenen Kommunalabgabesteuer in Höhe von 180 000 Euro. Der Angeklagte habe 2009 die Geschäftsleitung von drei Spielcasinos in der nördlichen Ortenau übernommen. Dabei habe er immer wieder Probleme mit dem Vermieter bekommen. »Immer wenn ich ihn traf, wollte er mehr Geld«, beteuerte der Angeklagte. Sogar mit Mord habe er gedroht, sagte sein Dolmetscher für ihn aus. Der 47-Jährige fühlte sich unter Druck gesetzt. Besonders nach seiner Untersuchungshaft vom 15. Mai bis 26. Juni habe er Panikattacken bekommen.
»Bei einer Betriebsprüfung im Juli 2011 wurden Unregelmäßigkeiten festgestellt«, sagte ein Oberinspektor der Steuerfahndung als Zeuge aus. In diesem Monat habe es zwei Abrechnungen mit unterschiedlichen Ablesegeräten gegeben. Demnach schloss die Steuerfahndung auf ein Manipulationsgerät. Dies bestätigte sich in 659 Fällen. Der Angeklagte übergab der Steuerfahndung wenig später das Gerät.
Rückzahlung läuft
Staatsanwalt Gerhard Vallendor plädierte für eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Man rechne dem Angeklagten hoch an, dass er frühzeitig kooperiert habe. Außerdem habe der 47-Jährige den Schaden wieder gutgemacht und mit der Stadt Kehl eine Einigung getroffen. Seine nicht abgesetzte Vergnügungssteuer in Höhe von 180 000 müsse er mit einer monatlichen Ratenzahlung von 10 000 Euro begleichen. »Die erste Zahlung ist schon eingegangen«, so Vallendor. Aber bei einer Steuerhinterziehung ab 50 000 Euro habe er laut der Staatsanwaltschaft dennoch mit einer mindestens sechsmonatigen Freiheitsstrafe zu rechnen. Verteidiger Guntram Lieske (Freiburg) bestätigte: »Er hat sich strafbar gemacht.« Dennoch betonte er, dass die Motivation seines Mandanten nicht außer Acht gelassen werden dürfe. »Er ist spielsüchtig«, so Lieske. Er relativiere damit nicht die Schuld des Angeklagten gegenüber der Gemeinschaft und beantragte eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung.
»Sie haben schnell zu einer Aufklärung beigetragen«, lobte Richterin Körner das Verhalten des Angeklagten. »Dass wir jetzt schon hier sitzen, ist unüblich für Strafdelikte der Steuerhinterziehung in solchen Höhen«, betonte sie. Die meisten Steuerhinterzieher spielten auf Zeit, und so werde oft erst nach Jahren ein Verfahren eingeleitet. Zudem wurde schon das meiste Geld bei Durchsuchungen sichergestellt. Außerdem führe seine Frau die Casinos weiter, und mit den künftigen Einnahmen werde er seine Schulden begleichen müssen. Besonders seine günstige Sozialprognose habe zu einer Bewährung geführt. Körner abschließend: Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung sei ein mildes Urteil, er hätte sich mehr auflasten können, hätte er nicht von Anfang an zur Aufklärung beigetragen.