Gedanken auf der Leinwand

Renate Mattis ©privat
Serie Ortsgespräche (80): Hofweiers Künstlerin Renate Mattis über das Verarbeiten der Pandemie und wie Malen und Ausstellen derzeit funktioniert. Einiges noch in der Schwebe.
In unserer Serie Ortsgespräche unterhalten wir uns mit Menschen aus der Nachbarschaft – über die spannenden Sachen, die sie so tun. Und wie sie mit der Corona-Situation zurecht kommen. Heute: Renate Mattis aus Hofweier.
Frau Mattis, wie würden Sie für sich das vergangene Jahr beschreiben?
Krisen können lähmen. Sie nehmen uns den Blick für die positiven Dinge im Leben, vernichten unsere Energie und blockieren uns. Aber die Kunst ist eine Tochter der Freiheit ,und ich habe sie genutzt.
Fällt es Ihnen in Zeiten von Corona schwerer, kreativ zu sein?
Die Malerei gibt mir die Möglichkeit, von der Realität abzuweichen und die Gewöhnungs bedürftige und manchmal einsame Zeit zu verlassen. Es sind oftmals banale Dinge, die in meiner Fantasie zerfließen und zu neuen fantastischen Formen werden. Wie zurzeit mein bunter Tannenbaum, (Heimatzauber) das zu meinem Lieblingsbild wurde.
Was funktioniert momentan an Ausstellungen und was nicht. Und wenn ja – unter welchen Bedingungen?
Ich bin im Künstlerkreis ARTist Gengenbach-Obernai. Wir haben drei Freilichtausstellungen geplant.
„Die Gedanken sind frei“, Beginn am 17. April, Weinberg Gengenbach. Diese Ausstellung ist zu sehen auf dem herrlichen Panoramaweg zwischen Berglekapelle und Pavillon. Da zurzeit noch die Ausstellung „Emotion Wein“ zu sehen ist. Im Weinberg Sasbachwalden wird Ende April von uns eine Freilichtausstellung eröffnet. Läuft unter „Weinsüden“.
Dann gibt es wieder ARTist-Adwenskalender. In dem idyllischen mit altem Gemäuer im beleuchteten Garten, des Mercyschen Hof, Gengenbach.
Über die von ARTist geplante Ausstellung Mitte Juli im Zuckerbergschloss, Thema „Mythologie“ weiß man heute noch nicht, unter welchen Bedingungen die ablaufen wird.
Ich bin auch in der Gruppe Hofkultur Schutterwald dabei. Wenn die Rathaussperrung aufgehoben wird, haben wir eine Corona Ausstellung im Rathaus Schutterwald geplant.
Sie hatten immer engen Kontakt mit ihrem Publikum – vermissen Sie den?
Ja sehr, ein Bild braucht immer den richtigen Betrachter. Wenn dann der Künstler noch zu dem Dialog dazu trifft, gibt es eine wunderbare Bereicherung, für den Betrachter, aber auch für den Künstler. Da jede Art von Kunst ihre eigene Botschaft sendet und eine ganz persönliche Sprache spricht. Darum ist auch die Öffnung vom meinem Atelier sehr gefragt.
Haben Sie schon Corona in einem Bild thematisiert? Wie sieht es auch?
Ja, das lässt sich nicht vermeiden. Den Gedanken und Bildern sind wir ausgeliefert, wir umgeben uns und beschäftigen uns damit. Die Gedanken, denen wir viel Raum lassen und die uns bewegen, werden uns formen. Darum transformierte ich meinen kräftezehrenden Einfluss auf die Leinwand. Es entstand ein Bild nach meinen Gefühlen. Es steht in meinem Atelier, Titel „November 2020“.
Ist es möglich, nur online als Künstlerin präsent zu sein? Als Online-Galerie?
Es ist eine schöne Werbung für den Künstler. Am liebsten kommen die Menschen ins Atelier. Da ist was da zum Anfassen. Ich habe 2020 eine virtuelle Ausstellung vom Senioren Büro Offenburg bekommen. Die man im Netz einsehen kann. Das Thema „Flora, Fauna, Mensch.“ Es war nicht möglich, diese Ausstellung einer breiten Öffentlichkeit zugängig zu machen. Sie lief unter »Kunst kommt« im Paul-Gerhardt-Werk. Die Resonanz war sehr groß. Aber Menschen wollen die Bilder sehen, begreifen und anfassen, dachte ich. Ich musste mich eines anderen belehren lassen.
Was werden Sie als erstes tun, wenn es keine Corona-Einschränkungen mehr gibt?
Atelier-Öffnung, da warten schon viele darauf. Ich versuche immer in der Zeit eine große Auswahl an Bilder zuhause zu haben. Da hat man einen wunderbaren Überblick über meine Arbeiten. Wenn ich meine Bilder im Garten zwischen den Pflanzen bestücke, gibt es eine Zweisamkeit zwischen Natur und Kunst.
Die Ortsgespräche sind eine Interview-Serie, die in lockerer Reihenfolge erscheint.
Renate Mattis ...
... Botschaften oder Details hatte sie schon als junges Mädchen skizziert, anstatt geschrieben. Sie erlernte in fünf Jahre langen Kursen die Technik der Ölmalerei. Dann absolvierte sie ein sechsjähriges Studium berufsbegleitend an der Hochschule für Bildende Kunst Lahr. Der Schwerpunkt lag in der Abstraktion und Deformation. Daraus ergab sich die Vorliebe den Surrealismus.
Blickwinkel verändern, Bewegung einfangen, sich dem Spiel von Licht und Farbe anzunähern, all dies sind Eindrücke, die das Rüstzeug für ihre Arbeit im Atelier bilden. In ihrer Malerei spielt die Farbgebung von Beginn an eine wichtige Rolle. Seit 2002 Ausstellungen in der ganzen Region. Sie unterrichtete acht Jahre lang bei der VHS Offenburg, in Kunst & Gestalten.