Offenburg

Gedenken an vertriebene Juden

Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
27. Oktober 2015
Am Gedenkstein (von links): Jeremias Dufner, Thomas Wörter, Kevin Ehret, Konrad Roeder von Diersburg, Lena Kammerer und Pfarrer Eckhard Weißenberger.

Am Gedenkstein (von links): Jeremias Dufner, Thomas Wörter, Kevin Ehret, Konrad Roeder von Diersburg, Lena Kammerer und Pfarrer Eckhard Weißenberger. ©Lucien Mutzig

Zu einer Gedenkfeier anlässlich des 75. Jahrestags der Vertreibung der jüdischen Mitbürger hatten am Freitag die evangelische Kirchengemeinde Diersburg und der Historische Verein Hohberg in die evangelische Kirche in Diersburg eingeladen.

Hohberg-Diersburg (alm). Am 22. Oktober 1940, dem letzten Tag des jüdischen Laubhüttenfests, ein Fest der Freude und des Erntedanks, wurden elf Diersburger Juden aus ihren Wohnungen geholt, auf Lastwagen nach Offenburg gebracht und dort im Schillersaal zusammengetrieben. Man ließ den Verhafteten eine Stunde Zeit, um sich auf eine Reise ins Ungewisse vorzubereiten. Jeder durfte einen Koffer und 100 Reichsmark mitnehmen.

Sehr eindringlich

Die Zeitzeugin Eva Mendelsson schilderte eindringlich den rund 120 Anwesenden in Diersburg das schlimme Schicksal der Deportierten. 1931 in Offenburg geboren, lebt Eva Cohn-Mendelsson in London. Bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 lebten die Eheleute Cohn mit ihren drei Töchtern in Offenburg friedlich mit ihren christlichen Nachbarn zusammen. Der Vater Eduard Cohn wurde in der ersten Verhaftungswelle nach der Reichspogromnacht in Dachau interniert und bald wieder entlassen, mit der Auflage, Deutschland zu verlassen.

Die Mutter Silvia Cohn wurde im Oktober 1940 mit ihren Töchtern Myriam und Eva zusammen mit etwa 100 anderen Juden aus Offenburg in der Turnhalle der Schillerschule zusammengetrieben und einen Tag später zum Bahnhof transportiert.

Dort warteten Sonderzüge, um sie mit über 6500 Leidensgenossen in das südwestfranzösische Lager Gurs abzutransportieren. Hunger, Kälte, Nässe und Krankheiten ließen Hunderte bereits in den ersten Wochen sterben. Wer dieses Grauen überlebte, wurde später in den Vernichtungslagern von Auschwitz und Bergen-Belsen von den Nazis ermordet. »Was ist unser Verbrechen?«, war die Frage beim Anblick des Lagers in Gurs, »wie Lämmer auf dem Weg ins Schlachthaus sind wir aufgeteilt worden – hier die Frauen und Kinder bis 14 Jahre, dort die Männer und die älteren Kinder. Wir wurden am 24. Oktober 1943 in die Schweiz geschmuggelt«, so konnten die Schwestern Eva und Myriam von einer Hilfsorganisation gerettet werden und zogen 1945 zu ihrem Vater nach England.

- Anzeige -

»Ich muss die Geschichte immer wieder erzählen, damit sie nicht vergessen wird, und ich bin dankbar, dass ich mit ihnen in dieser würdevollen Feier das Gedenken teilen kann«, so Eva Mendelsson an das Publikum.

»Was mir Angst macht, ist, dass der Antisemitismus in diesen Zeiten wieder sein hässliches Gesicht zeigen kann«, sagte sie.

Ihr Appell: »Bitte, bitte, lasst nicht zu, dass sich all das Schlimme wiederholen kann!« Sie hatte ihre Nichte Madeleine Beresford, die Tochter von Myriam Cohn, aus New Jersey, USA, mitgebracht. 

»Ich bin heute Abend ganz besonders berührt«, so Marliese Tascher, ehemalige Lehrerin aus Friesenheim, und löste damit bei Myriams Tochter Madeleine große Freude aus. »Dieser Abend weckt bei mir ganz viele Erinnerungen, ich bin die Sitznachbarin von Myriam, Eva Mendelssons Schwester.

Sie war in der Volksschule in Offenburg in meiner Klasse.« Der stellvertretende Bürgermeister Franz Klumpp und Pfarrer Ulrich Henze betonten, wie wichtig es sei, Mut und Kraft zu haben, um das Erinnern wachzuhalten und an die Wurzeln des Lebens zurückzukehren.

  • Die Ausstellung mit vom Historischen Verein gestalteten Plakaten zur Diersburger jüdischen Geschichte kann bis Ende November in der evangelischen Kirche besichtigt werden.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Offenburg

Das bedeutendste Offenburger Kunstdenkmal, der Offenburger Ölberg aus dem Jahr 1524, erzählt detailreich die Geschichte vom Verrat an Jesu an Gründonnerstag.
vor 7 Stunden
500 Jahre Ölberg
500 Jahre Ölberg: Seit mindestens einem halben Jahrtausend besteht der Offenburger Ölberg, der 1524 erstmals erwähnt wurde. Da das bedeutende Kunstdenkmal die Geschichte vom Verrat an Jesu an Gründonnerstag erzählt, erinnert das OT heute an dieses Jubiläum.
Vernissage der Ausstellung des VON (von links): Rüdiger Stadel (Mitglied kultureller Beirat der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte), Martin Seidel (Sparkasse Kinzigtal), Stefan Medel (Zunftmeister Gengenbach), Theo Schindler (Narrenmeister VON), Gunther Seckinger (VON-Vogt Ortenau), Thomas Rautenberg (Museumsleiter), Christian Daxer (Narrenrat), Gudrun Reiner (Vize-Narrenmeisterin VON), Thorsten Erny (Bürgermeister), Rudi Maurer und Gündüz Askin (beide Narrenräte).⇒Foto: Thomas Reizel
vor 10 Stunden
Ausstellung des Verbandes Oberrheinischer Narrenzünfte
Das Gengenbacher Narrenmuseum startet am Samstag in die neue Saison. Und es hat für ein Highlight gesorgt: Der Verband Oberrheinischer Narrenzünfte präsentiert sich mit ausgewählten Exponaten in der Türmerstube des Niggelturms.
Großen Zulauf hatte bei der Jobbörse der Infostand der Zimmerei Irslinger. Auch Bürgermeister Martin Holschuh (hinten Mitte), Rektorin Henrike Scharsig (vorne rechts) und Organisator Alexander Beathalter (links neben der Rektorin) waren an den Ständen unterwegs.
vor 10 Stunden
"Quelle der Inspiration"
Rund 30 Firmen haben sich bei der dritten Schutterwälder Jobbörse am vergangenen Freitag in der Mörburghalle präsentiert. Unternehmen und Veranstalter ziehen eine positive Bilanz.
Auch im Fürstenberger Hof in Unterharmersbach startet ab April die Museums-Saison wieder. 
vor 12 Stunden
Ein Besuch lohnt sich
Ab April ist geöffnet, im Storchenturm kann ab Ostersonntag Stadtgeschichte geschnuppert werden.
Luise Schubert feiert ihren 95. Geburtstag in ihrem Geburtshaus in Offenburg. 
vor 13 Stunden
Offenburg
Die Offenburgerin Luise Schubert wird am Donnerstag 95 Jahre alt. Seit ihrer Geburt wohnt sie in der Kronenstraße in der Offenburger Vorstadt.
CDU-Kandidaten in Fessenbach (oben von links): Marc Zöller, Marcus Jogerst-Ratzka, Josef Hugle, Monika Freund (in der Mitte von links), Ludwig Holl, Katja Manandhar sowie (unten von links) Paul Litterst und Stephan Seitz.
vor 13 Stunden
CDU-Kandidaten für Ortschaftsrat
Die CDU Fessenbach hat im Gasthaus "Linde" ihre Liste für die Ortschaftsratswahl am 9. Juni aufgestellt.
Das Windschläger Orchester trat mit dem Jugendorchester "Jowibo" unter der Leitung von Dirigent Philip Ott auf.
vor 13 Stunden
Heiße Rhythmen aus Afrika
Beim Jahreskonzert des Musikvereins Windschläg am Samstag wurde das Publikum musikalisch nach Afrika entführt. Jugend- und großes Orchester hatten auch einen gemeinsamen Auftritt.
In der Brückenhäuserstraße wurde ein neuer Point of Presence, also ein Verteiler fürs schnelle Internet, aufgestellt. Dieser steht nahe des Gymnasiums.
vor 17 Stunden
Schritt für schnelles Internet
Der Anschluss Gengenbachs an das Glasfasernetz ist einen Schritt nähergerückt: Am Freitag hat die Breitband Ortenau GmbH & Co. KG in der Brückenhäuserstraße nach eigenen Angaben vom Dienstag einen Point of Presence errichtet.
Ehrungen (von links): Silke Merzweiler (geehrt für 25 Jahre Mitgliedschaft) mit dem Vorsitzenden Jürgen Britsch und Reinhard Brunner, langjähriger Beisitzer, der aus dem Vorstand verabschiedet wurde.
vor 18 Stunden
Generalversammlung
Generalversammlung des RMSV Bohlsbach: Bei den Neuwahlen wurden die Vorstände in ihren Ämtern bestätigt.
Der Pachtvertrag fürs "Bistro unter den Pagoden" läuft aus.
27.03.2024
Wer erhält den Zuschlag?
Das 2001 eröffnete "Bistro unter den Pagoden" in der Offenburger Stadtmitte wird saniert und dann neu verpachtet: Ab April können sich Interessenten, die das Café betreiben wollen, bei der Stadt bewerben.
Pretty Pink. 
27.03.2024
"OG Distrikt"
Tipps für die Tage über und nach Ostern hat DJ Martin Elble wieder zusammengestellt. Dafür blickt er auch über den Rhein.
Bei der Spendenübergabe (von links): Stefanie Link (Aktiv im Ried), Erwin Moser (Vorsitzender Hausacher Bärenadvent), Manuela Schwärzel (Aktiv im Ried).
27.03.2024
Neuried
Verein Aktiv im Ried hilft dem Hausacher Bärenadvent für dessen Arbeit

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.