Gengenbach: Ende der »Aktionsgemeinschaft Menschen in Not«
In Gengenbach ging eine Ära zu Ende. Die 1969 von Waltraud Welle gegründete »Aktionsgemeinschaft Menschen in Not« gibt es nicht mehr. Anne Buschert und Claudia Bächle, die 20 Jahre an der Spitze standen, sagten am Freitagabend Lebewohl.
Die rührigen Damen werden in der Stadt fehlen. Anne Buschert und Claudia Bächle veranstalteten für die Aktionsgemeinschaft Menschen in Not ihre beliebten Garagenflohmärkte und waren bei Wind und Wetter auf dem Martinimarkt vertreten. Dies alles, um Menschen zu helfen, denen es nicht so gut geht.
Rund 115 000 Euro kamen in ihren 20 Jahren zusammen, mit denen die Gengenbacher Tafel, der Förderverein Neurokinder Freiburg, das SOS-Kinderdorf in Obernai, den Freundeskreis Asyl in Gengenbach, in Offenburg die Wärmestube für Obdachlose, das Frauenhaus, der Verein Aufschrei gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Erwachsenen, die Bahnhofsmission, das Haus des Lebens, die Aidshilfe, der Hospizverein und einige mehr unterstützt wurden. Doch Hilfe erhielten auch meist alleinstehende Einzelpersonen in Gengenbach, die durch Schicksalschläge und Krankheiten in finanzielle oder psychische Not geraten waren. Es ist charakteristisch für Anne Buschert und Claudia Bächle, dass sie sich diesen Erfolg nicht an die eigene Brust heften.
»Zeit, danke zu sagen«
»Es ist Zeit, danke zu sagen. Danke für die Fülle an Sachspenden, für das Vertrauen und die Freundschaft, die wir erleben durften. Danke, dass so viele für uns gestrickt und gebastelt haben«, sagten die beiden. Ihr Dank galt aber auch der Stadt und weiteren Unterstützern, die für die Menschen in Not kostenlos die Werbetrommel gerührt hätten.
Aus Hinterzarten war extra Dorothee Welle, Tochter der Gründerin der Aktionsgemeinschaft vor 50 Jahren, angereist. »Mich reißt es jetzt vom Stuhl«, sagte sie, stand auf und hielt eine spontane Ansprache. »Herzlichen Dank dafür, dass Ihr das Lebenswerk meiner Mutter weiterführt habt.«
Waltraud Welle hatte 1969 damit begonnen, sich gegen Hunger und Krankheit in der Welt zu engagieren. »Ich kenne sie noch, als sie mit ihrem bunten Haarband zu mir in die Apotheke zum Schnorren kam«, blickte Markus Schilli in seiner neuen Rolle als erster Bürgermeister-Stellvertreter zurück. 1969 waren die hungernden Kinder aus der afrikanischen Republik Biafra überall Thema, zwei Jahre später wurden die Ärzte ohne Grenzen in Frankreich gegründet.
»Wofür lebe ich?«
Es sei wichtig gewesen, dass Anne Buschert und Claudia Bächle diesen Faden aufgenommen haben, obwohl das soziale Netz immer enger wurde. »Ich habe gehört, dass Menschen, die in Not geraten sind, oft einsam waren«, sagte Schilli. Und er wisse, wie es läuft, wenn Hilfseinrichtungen nur betriebswirtschaftlich geführt werden. Hinter jedem sozialen Engagement stehe immer die tiefe Frage: »Wofür lebe ich eigentlich? Allein für den Mammon oder Partner? Das Leben ist ein Geben und Nehmen.« Dieser Faden müsse weitergesponnen werden.
Anne Buschert und Claudia Bächle bedankten sich herzlich für die Worte von Markus Schilli und wiesen darauf hin, dass »alles seine Zeit hat«. Aber an der Scheffeleiche sei ein Denkmal gesetzt worden, eine Bänkle der Aktionsgemeinschaft, »für alle in Not geratenen oder müde gewordenen Spaziergänger«. Bei Häppchen und Sekt klang die Feierstunde aus.
Für jede Helferin eine Rose
Anne Buschert und Claudia Bächle bedankten sich mit jeweils einer Rose (in alphabetischer Reihenfolge) bei Ulrike Füller, Lore Kammerer, Joe Lambrecht, Brigitte Lehmann, Irmgard Merkenthaler, Heidi Montaldi, Andrea Nuber, Gundi Roschach, Lucia San Milan, Irmi Schwarz, Elfriede Sigl, Monika Staudt und Helga Suhm. Und mit einem Augenzwinkern dankten die beiden auch ihren Männern, die sämtliche Kosten für Aktionen getragen haben, vor allem aber ihr Verständnis. »Wir haben gewirbelt, wir haben sie verlassen, aber schön war’s«, sagte Claudia Bächle und lachte.tom