Gottesdienst zum 9. November: So gedenkt die Evangelische Kirche
Offenburg. Das Konzert im Ökumenischen Gemeindezentrum Weier findet anlässlich des Gedenktages zum 9. November 1938 statt. Ein dunkler Tag in der Geschichte, als in Deutschland die Synagogen brannten und der Völkermord des NS-Regimes an jüdischen Menschen in Europa begann. Auch in Offenburg wurde in der Nacht zum 10. November die Synagoge zerstört, wurden jüdische Wohnungen verwüstet und zahlreiche jüdische Männer verschleppt – der Auftakt zu himmelschreiendem Unrecht und millionenfachem Mord. Heute ist die ehemalige Synagoge in der Offenburger Innenstadt, der Salmen, in ein Museum und eine historische Gedenkstätte umgewandelt worden. Ein Erinnerungsort für die Bevölkerung.
Erinnern und mahnen
Der 9. November als Gedenktag der Novemberprogrome von 1938 ist seit 2018 im liturgischen Kalender der evangelischen Kirche ein fester Termin, so Jutta Wellhöner, die den Gottesdienst leiten wird. Der Gedenkgottesdienst solle nicht nur an Vergangenes erinnern, sondern mahne auch, wachsam zu sein angesichts aktueller Ausschreitungen und Ressentiments gegenüber jüdischem Leben in Deutschland.
Die Pfarrerin weist auf die besondere historische und theologische Verantwortung der Christen hin, die durch den Glauben an denselben Gott mit Menschen jüdischen Glaubens eng verbunden sind. Sie müssten die Stimme gegen das Unrecht erheben. „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen“ habe Dietrich Bonhoeffer bereits im Jahr 1935 gesagt, als er gesehen hat, was sich zusammenbraut.
Dazu passend wird im Predigttext die biblische Geschichte des Alten Testamentes aufgegriffen, als die Israeliten in ägyptischer Sklaverei lebten. Auf Befehl des ägyptischen Pharaos sollten alle männlichen Neugeborenen der Israeliten getötet werden. Zwei Hebammen widersetzten sich dem grausamen Ansinnen. Dieses Widerstehen im Angesicht von Unrecht sei ein wichtiger Impuls, so die Pfarrerin, es gehe gerade heute darum Stellung zu beziehen.
Der Gottesdienst ist weitgehend musikalisch akzentuiert. Entsprechend des Anlasses ist die Musik zurückgenommen und von melancholischer und nachdenklicher Harmonie, wie die beiden Interpreten Christoph Wirz, (Klarinette) und Kantorin Susanne Moßmann, (Flügel) ankündigen. Klezmer ist eine in Mittel- und Osteuropa über die Jahrhunderte gewachsene Musikkultur, die sich in den jüdischen Siedlungsgebieten entwickelt hat. Übersetzt heißt Klezmer „instrumentales Lied“ oder „singendes Instrument“ (hebr. Klej = Instrument semer = singen). Es ist keine liturgische Musik für die Gottesdienste, sondern wird zu Festen und dem Tanz danach gespielt. Immer sehr lebendig mit allen Nuancen der menschlichen Stimme, klagend und schluchzend, aber auch fröhlich, jauchzend und voll tänzerischer Lebensfreude.
Hinweis: Der musikalische Gottesdienst zum 9. November 1938 mit dem Titel „Evangelium an dunklen Tagen“ findet am Sonntag, 10. November, um 10 Uhr, im Ökumenischen Gemeindezentrum Offenburg-Weier statt.