Rechtsextreme "Graue Wölfe" in der Offenburger Moschee

©Facebook-Screenshot
Der Offenburger Moscheevertreter Süleyman Sögütlü zeigt auf Facebook Sympathien für die Grauen Wölfe, eine rechtsextreme türkische Gruppierung. Konfrontiert mit dem Bild legte sein Anwalt Dirk Knop, der ihn in mehreren Prozessen vertreten hat, gestern das Mandat nieder. OT-Recherchen ergaben zudem: In der Moschee wird Politik für die AKP gemacht.
Diese Geste könnte Süleyman Sögütlü, Vorstandsmitglied der Offenburger Moschee, in Erklärungsnot bringen: Auf einem Bild seines Facebook-Profils, das der OT-Redaktion vorliegt, posiert er vor der türkischen Nationalfahne mit dem Gruß der Grauen Wölfe (siehe Foto). Diese Gruppierung wird im baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht 2015 als rechtsextrem eingestuft. Weiter heißt es: »Ihre Anhänger idealisieren die türkische Nation in deren politischer, territorialer und kultureller Ausprägung. Hinzu kommt die Betonung islamischer Werte.« Das Handzeichen ist in der Türkei und unter türkischstämmigen Menschen in Deutschland bekannt und wird den Grauen Wölfen zugeordnet.
Damit gerät eine Einlassung Sögütlüs im Prozess, den er derzeit gegen das OT vor dem Landgericht Offenburg führt (siehe Hintergrund), ins Wanken, wonach er unpolitisch sei. Dies hat er sogar in einer eidesstattlichen Erklärung von seinem Anwalt Dirk Knop (Offenburg) verlesen lassen. Eine falsche eidesstattliche Versicherung ist ein Straftatbestand. Auf telefonische Anfrage dieser Zeitung wollte sich Sögütlü zu dem Facebook-Bild nicht äußern. Stattdessen verwies er auf seinen Anwalt – und legte sofort auf. Als das OT Knop gestern mit dem Bild konfrontierte, distanzierte er sich schriftlich davon. »Mir war diese Tatsache nicht bekannt.« Knop hat gestern sein Mandat gegenüber Sögütlü aufgekündigt. »Ich vertrete ihn nicht mehr.«
Allerdings war Sögütlü schon vor der Affäre um das Stadtteil- und Familienzentrum Innenstadt (SFZ) – er wollte die Zusammenarbeit wegen einer Veranstaltung der Grünen beenden – politisch auffällig geworden. An einen Vorfall »vor zwei, drei Monaten« erinnert sich im Gespräch mit dem Offenburger Tageblatt Karl Bäuerle, der für die Katholiken im Arbeitskreis Interreligiöser Dialog sitzt. In diesem Forum treffen sich Vertreter von zwölf Religionsgemeinschaften. Mit Blick auf Sögütlü, der in dem Gremium Ansprechpartner der Moschee ist, sagte Bäuerle: »Es hat politische Spannungen gegeben.« Zeitweise habe Sögütlü die Mitgliedschaft seines Verbands ruhen lassen wollen.
AKP-Werbung in Moschee
Um welche Spannungen genau es ging, wollte Bäuerle nicht sagen, denn mittlerweile seien die Differenzen beigelegt. »Wir wollen den Arbeitskreis zum religiösen Dialog nutzen und keine politischen Auseinandersetzungen.« Sollte Sögütlü Anhänger der Grauen Wölfe sein, müsse man laut Bäuerle darüber nachdenken, ob er der richtige Vertreter der Moschee im interreligiösen Dialog sei.
Zugleich stellt sich die Frage: Spricht Sögütlü überhaupt für den Moscheeverein – oder handelt er aus eigenem Antrieb? Nach einem Treffen mit der Stadtspitze am Dienstag distanzierte sich der Moscheevorstand von seinem Mitglied und dessen Vorgehen in Sachen SFZ. Immer wieder haben Vertreter des islamischen Gotteshauses in der Vergangenheit zudem betont, dass ihr Verein unpolitisch sei. Dieser gehört allerdings zur Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib). Der Dachverband für Moscheevereine in Deutschland untersteht der Aufsicht des türkischen Religionsministeriums.
Wie eng die Verflechtungen zwischen der Offenburger Moschee und der türkischen Regierungspartei AKP sind, zeigen nun Recherchen dieser Zeitung. Insider berichten über Vorfälle in dem Gotteshaus – allerdings nur anonym. Sie fürchten Nachteile für ihre Geschäfte oder nicht mehr in Ruhe beten gehen zu können.
Demnach hätten während des türkischen Parlamentswahlkampfs 2015 Besucher der Moschee AKP-Wahlplakate am schwarzen Brett bemerkt. Ebenfalls im Vorfeld der Abstimmung, im Juli 2015, lud der Ditib-Verein zum öffentlichen Fastenbrechen ein. Mit dabei war Ozan Ceyhun, ehemaliger EU-Abgeordneter und 2015 Kandidat für die AKP in einem Wahlkreis von Izmir. Wie Teilnehmer dem OT berichteten, habe Ceyhun eine flammende Rede für die AKP gehalten.
»Türkische Außenpolitik«
Der Vorsitzende des Ditib-Vereins, Ali Yildirim, wollte sich weder zu der Facebook-Geste von Sögütlü noch zu den Vorgängen in der Moschee äußern. Vertreter anderer Religionsgemeinschaften hingegen zeigen sich verstört. »In der Moschee wird vor allem türkische Außenpolitik betrieben, kaum Religion«, sagte Civan Altan vom Vorstand des Jesidischen Kulturzentrums. Die Jesiden hielten sich deshalb von der Moschee fern.
Bürgermeister Hans-Peter Kopp teilte gestern auf OT-Anfrage mit, Sögütlü sei über viele Jahr ein verlässlicher Ansprechpartner gewesen. Zugleich betonte er, dass es Sache der Moschee sei, ob sie weiterhin von Sögütlü im Integrationsbeirat vertreten werde. »Der Moschee-Verein hat in dem Gespräch am 22.11.2016 zugesagt, sich in den nächsten Wochen Gedanken zu machen, wie die Verlässlichkeit wieder hergestellt werden kann.«
Sögütlüs Prozess gegen das OT
Das Moscheemitglied Süleyman Sögütlü klagt derzeit gegen zwei OT-Veröffentlichungen vor dem Offenburger Landgericht – eine von Stadtrat Stefan Böhm verfasste und von der Lokalredaktion bearbeitete Pressemitteilung der Grünen (8. Oktober) sowie einen Beitrag im »Offenburger Stadtgeflüster« (15. Oktober). Bisher wurde er von Rechtsanwalt Dirk Knop (Offenburg) vertreten, bis dieser gestern sein Mandat niederlegte.
Böhm hatte mit Berufung auf eine interne Korrespondenz kritisiert, dass Sögütlü aufgrund einer Veranstaltung der Grünen zum Thema Türkei die Zusammenarbeit mit dem Stadtteil- und Familienzentrum (SFZ) Innenstadt aufgekündigt habe. Sögütlü klagt auf Unterlassung und fordert jeweils eine Gegendarstellung.