Griesheim blieb von Kriegsereignissen verschont
In Griesheim wird die Kräuterweihe immer mit einer Dankprozession verbunden. Der Grund dafür ist teilweise schon in Vergessenheit geraten. Eine Erklärung der Zusammenhänge gab es von Georg Litterst nach der Messfeier in der Sankt-Nikolaus-Kirche.
Der Tag der Kräuterweihe ist in Griesheim immer verbunden mit einer Dankprozession zu einem Kreuz in der Eichwaldstraße. Auch wenn sich der eine oder andere fragen wird, weshalb diese Dankprozession stattfindet, gibt es in Griesheim etliche Menschen, die noch die Entstehung erklären können. So geschehen nach der Messfeier durch Georg Litterst, in der Sankt-Nikolaus-Kirche.
Das Ereignis von besonderer Tragweite hatte der damals Siebzehnjährige mit der Beendigung des Weltkriegs im November 1944 erlebt. Und das hat sich dem jungen Menschen unauslöschlich in seiner Erinnerung eingebrannt: das Kriegsende und die Angst um den Heimatort und um die Bewohner.
Man wusste ja von der Landung der Amerikaner am 5. Juni 1944 in der Normandie. »Am 23. November, einem Donnerstag, hatten die alliierten Truppen Straßburg erreicht und am Samstag wurde morgens um 10 Uhr auf Griesheim geschossen«, so Georg Litterst. Wie es dem Ort erging, das erläuterte er durchaus detailgetreu. »Wie sich schützen vor Granateinschlägen? Etwa 30 hatte es schon gegeben? Wie würde es dem Ort, der im nördlichen Bereich vor Offenburg liegt, noch weiter ergehen?«
Der heute 90-jährige Georg Litterst erinnert sich noch ganz genau an die weiteren Ereignisse. »Pfarrer Lehrmann, zu jener Zeit Ortsgeistlicher von Griesheim, kümmerte sich im Angesicht der Bedrohung tatkräftig um den Ort. Meinem Vater, dem Stiftungsrat Bürgermeister Karl Litterst, teilte er sein Vorhaben mit.« Von der Kanzel aus werde er in der Sonntagsmesse ein Gelöbnis der Gemeinde verkünden, und werde Griesheim von weiterem Beschuss oder Zerstörung verschont, wird eine Gelübdeprozession versprochen. Diese soll an Mariä Himmelfahrt stattfinden.
Und diese Prozession fand statt. Sie ging auf der Straße nach Sand bis etwa Höhe Klärwerk. Der Marienverehrer Pfarrer Lehrmann hatte etwas begonnen, was zur Tradition wurde. Denn noch heute wird am Tag der Kräuterweihe eine Prozession von der Kirche aus abgehalten, nun durchs »Kirchgässle« bis zum Kreuz an der Eichwaldstraße. Singend und betend gehen die Gläubigen diesen Weg als Dank nach den unruhigen Zeiten des Zweiten Weltkriegs und als Bitte zu den nicht minder schwierigen Zeiten, die heute Menschen bedrücken.
Mit einem Dank an die Kirchengemeinde und an Pater Josef, der Gelegenheit gegeben hatte, diese Erinnerungen den Gläubigen vorzutragen, schloss Georg Litterst seinen Bericht, der gerade von der jüngeren Generation mit besonderem Interesse aufgenommen wurde. Im kleinen Museum des Ortes, im Heimatstüble, wird das Schriftstück dieses Zeitzeugen nun auch zur Einsicht ausliegen.