Offenburg

Großes Interesse am Vordenker Arno Stern

Bettina Kühne
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
19. März 2017
Der Saal der Freien Waldorfschule war komplett gefüllt, als dort am Freitag Arno und André Stern über ihre Ideen und Erfahrungen sprachen.

(Bild 1/3) Der Saal der Freien Waldorfschule war komplett gefüllt, als dort am Freitag Arno und André Stern über ihre Ideen und Erfahrungen sprachen. ©Ulrich Marx

Großer Bahnhof für Arno Stern: Der Forscher kam zusammen mit seinem Sohn André zum Vortrag in den ausverkauften Saal der Offenburger Waldorfschule. Der 91-Jährige stellte seine Idee der Formulation vor. Dabei geht es um das Malen als Äußerung, die weder zu bewerten noch zu interpretieren ist.

Da sitzt er, still und bescheiden, der Mann, der auch mit 91 Jahren noch die großen Hallen füllt. In Offenburg sind es rund 570 Personen – also so viele, wie der Saal der Waldorfschule fasst –, andernorts, wenn die Halle groß genug ist, auch 1000, die Arno Stern sehen wollen. Stern, der mit seinen Eltern vor den Nazis fliehen musste, lebt und arbeitet in Paris. Dort bietet er den sogenannten »Malort« an, in dem sich Kinder wie Erwachsene beteiligen. Was er zu sagen hatte, lockte nicht nur die Offenburger, sondern auch Gäste aus der Region inklusive Schweiz und den Niederlanden an. 

Weil das Malen bei ihm in keiner Weise beeinflusst wird – es gibt weder Vorgaben zum Motiv noch wird am Ende etwas bewertet – entsteht ein sehr ursprünglicher Ausdruck. Stern führte beim Vortrag an sein Thema heran, indem er von eigenen, sehr frühen Kindheitserlebnissen berichtete. »Formulation« nennt Stern den Vorgang, wenn diese »organischen Erinnerungen« aufs Papier gebracht werden. 

Die gleichen Zeichen
Sein Verdienst ist es, dass er die Frage aufwarf, ob sie sich unterscheiden. Bei seinen Reisen konnte er feststellen, dass sie gleich sind – wenn auch die Kultur noch so verschieden ist. Stern illustrierte dies mit Bildern, die auf seinen Expeditionen zu Urvölkern entstanden sind. »Sie nutzen die gleichen Zeichen«, sagte er. Er zeigte ein Segelschiff – aber das Kamel, das in der Wüste geritten wird, sah in der Darstellung nahezu gleich aus. Strahlenmännchen oder »Leitern« wurden als »Erstfiguren« vorgestellt. Seine Schlussfolgerung: »Ausdruck ist nicht Folge von Eindruck.« Ein »genetisches Programm« sagte Stern, liege da zugrunde. 

Bei seiner bescheidenen, ruhigen Art dauerte es einen Moment, bis zu Zuhörer gewahr wurden, dass der Vortrag vorbei war. Aber Stern blieb noch auf der Bühne und stellte sich, gemeinsam mit seinem Sohn, den Fragen aus dem Publikum.
Unterhaltsam hatte als »Vorgruppe« sein Sohn André ebenfalls anhand vieler persönlicher Berichte den Abend eröffnet. »Ich bin André, vierjährig. Ich bin ein Junge und mag keine Bonbons, ich gehe nicht zur Schule.« Genau dieser etwas exotische Lebensweg ist es, der ihn wiederum zu einigen Erkenntnissen gebracht hat.

- Anzeige -

Grenzenlose Ressourcen
Sein Anliegen war es, den Zuhörern bewusst zu machen, wie Erwachsene die Kinder nie »sein« lassen, immer solle etwas aus ihnen werden, quasi eine »Plusversion«. Er sensibilisierte dafür, dass Kinder über eine »grenzenlose Ressource« verfügen – aus ihnen kann noch alles werden. Wie sein Vater plädierte er für ein genetisches Programm. Man wundere sich ja auch nicht, dass sich aus einem Mangokern Wurzeln und Blätter entwickeln. 

Kinder, erklärte er, werden angetrieben von ihrer Begeisterung. Sie flute das Gehirn mit einem wahren Dünger, kam die Gehirnforschung zur Sprache. Doch während die Kinder alle zwei bis drei Minuten einen solchen Begeisterungssturm erlebten, komme das bei Erwachsenen durchschnittlich zwei bis drei Mal pro Jahr vor. Wenn Erwachsene die eigene Beschäftigung und den Entdeckergeist der Kiner nicht ernst nehmen und als »Spiel« degradieren, entstehe ein Konflikt. 

Freilich wurde das alles mit viel Humor vorgetragen, etwa so: Wenn die Erwachsenen mit ihren Erziehungsmaßnahmen fertig sind, »ist da immer noch Schatten, und herausgekommen ist keine Plusversion, sondern ein Bonsai«.
Zudem führte er seinem Auditorium vor Augen, dass Erwachsene häufig Kindern  nicht nur mit zu wenig Vertrauen, sondern auch mit geringen Respekt begegnen.

Nach Offenburg waren Vater und Sohn Stern übrigens auf Einladung von Stephanie Hirsmüller und Susanne Holzmann gekommen. Die beiden absolvierten eine Ausbildung bei ihm und richteten selbst »Malorte« ein.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Offenburg

Ein Hund ist in Altenheim von einem Schäferhund und einem Mischling tödlich verletzt worden. Symbolbild.
vor 28 Minuten
Neuried - Altenheim
In Altenheim ist es am Samstag zu einem Angriff auf einen Hund gekommen. Dabei sollen ein Schäferhund und ein Mischling den Hund derart attackiert haben, dass er an seinen Verletzungen verstorben ist.
Matthias Wolf, Geschäftsführer vom Weingut Schloss Ortenberg, bei der Weinlese.
vor 3 Stunden
Herausforderndes Weinbaujahr
Beim Weingut Schloss Ortenberg begann am Montag die Hauptlese nach einem herausfordernden Weinbaujahr. Geschäftsführer Matthias Wolf blickt auf dieses zurück – und wirbt für das Weinfest.
Um Gefahrenstellen im Straßenverkehr ging es im Ortschaftsrat Griesheim.
vor 6 Stunden
Ortschaftsrat
In der Fragestunde im Griesheimer Ortschaftsrat ging es unter anderem um Gefahrenstellen im Straßenverkehr, auch vor der Eisdiele.
Gängige Methode: Wie vor dem Offenburger Amtsgericht deutlich wurde, entsperrt ein Mobilfunkanbieter in Offenburg häufig gesperrte Kunden, um weiterhin mit ihnen Verträge abschließen zu können. 
vor 9 Stunden
Angeklagt wegen Veruntreuung in sieben Fällen
Einem ehemaligen Offenburger Filialleiter wurde vor Gericht vorgeworfen, seine Position ausgenutzt und Buchungen im Wert von rund 15.000 Euro in die eigene Tasche gesteckt zu haben.
Zu Ehrenmitgliedern des ZFV wurden Rudolf Bohnert (links ) und Bernd Herrmann ernannt. Vorsitzender Christian Pristl (Mitte) übergab die Urkunden. 
vor 18 Stunden
Zell am Harmersbach
Der Zeller Fu0ballverein hat viele Mitglieder und viele Mannschaften im Spielbetrieb: Dafür sind ausreichend Trainingsgelände und Betreuer notwendig – eine Herausforderung für den Verein.
AfD-Stadtrat Taras Maygutiak bekam im Rat nicht genug Stimmen.
vor 18 Stunden
Gemeinderat Offenburg
Aus einer Formsache wurde ein politisches Statement: Bei der Wahl der Stellvertreter für den Oberbürgermeister wurde Taras Maygutiak (AfD) als einziger nicht gewählt. Jess Haberer führt die Riege der Stellvertreter an.
Bohlsbach: Nicole Kränkel-Schwarz. 
vor 19 Stunden
Gütle und Litterst verabschiedet
Am Montagabend wurden in der Sitzung des Offenburger Gemeinderats die Ortsvorsteher gewählt und beglückwünscht. Ludwig Gütle und Paul Litterst wurden wortreich verabschiedet.
Familie Dittus vom Hofladen Kostbar an ihrem Stand.
vor 19 Stunden
Neuried
Eine erfolgreiche Hofladentour in Neuried begeistert die zahlreichen Besucher. Worauf das Hauptgewicht an Produkten lag.
Das Hochwasser-Rückhaltebecken bei Zunsweier soll umgebaut und größer dimensioniert werden.
vor 20 Stunden
Arbeiten beginnen
Neun Monate Bauzeit: Die Arbeiten für Ertüchtigung des Rückhaltebeckens in Zunsweier beginnen am 23. September. Diese Firma hat den Auftrag bekommen.
Winfried Hättig an der Quelle in der Bocciaoase. Nach zehn Jahren Vorsitz hat er sich in die zweite Reihe zurückgezogen. 
vor 20 Stunden
Hohberg - Diersburg
Zehn Jahre lang war Winfried (Billy) Hättig Abteilungsleiter Boccia beim SV Diersburg, nun hat er seinen Wunsch-Nachfoger gefunden. Zu Beginn gab es glückliche Fügungen, aber auch Zweifel.
Wer macht am 13. Oktober das Rennen? Der Nachfolger von Bürgermeister Markus Vollmer wird gesucht. 
vor 20 Stunden
Bürgermeisterwahl am 13. Oktober
Bis zum Bewerbungsschluss am Montagabend hat sich kein weiterer Kandidat gemeldet. Somit treten Steffen Letsche und Amalia Lindt-Herrmann bei der Bürgermeisterwahl in Ortenberg an. Das OT hat ein großes Wahlpaket geschnürt, unter anderem mit Podiumsdiskussion.
Ein öffentliches WC kommt ja manchmal durchaus gelegen. Doch nicht immer ist der Besuch ein Spaß.
vor 21 Stunden
Leserzuschrift
Eine OT-Leserin echauffiert sich über den unzumutbaren Zustand in Offenburgs öffentlichen Toiletten.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Außenansicht der generalsanierten Gebäude in der Offenburger Oststadt. Sie werden exklusiv vom Maklerbüro Arnold Ernst vermarktet.
    07.09.2024
    Seit mehr als 60 Jahren aktiv und fair am Markt präsent
    Mit 18 Mitarbeitenden, zwei Standorten, mehr als 2500 bisher verkauften Objekten, mehr als 3000 vermieteten Objekten und ebenso vielen Wohnungen in der Verwaltung ist das Offenburger Büro ein "Schwergewicht" der Branche in der Region.
  • Gemeinsam tanzen oder gemeinsam fit halten. Das ist in den Seniorenkursen des Tantstudios DanceInLine von Julia Radtke möglich. 
    30.08.2024
    Tanzstudio DanceInLine bietet Kurse für Junggebliebene an
    Tanzen ist Bewegung, Geselligkeit und es kennt kein Alter. Im Tanzstudio DanceInLine von Julia Radtke tummeln sich alle Altersgruppen und haben Freude an der Bewegung. Im Herbst starten neue Kurse.
  • Spanndecke, Beleuchtung, Akustik, Infrarot.: Seit 40 Jahren ist Plameco Zell a. H. der Experte für Spanndecken in der Ortenau. Spanndecken bieten viele Vorteile unter anderem sind sie feuchtraumgeeignet, schimmelhemmend und sind nach Wunsch gestaltbar.
    29.08.2024
    Plameco gestaltet moderne Raumdecken in nur einem Tag
    Spanndecken, Beleuchtung, Akustik und Infrarotheizung: Spanndecken sind in vielen Farben und Oberflächen erhältlich und werden individuell gestaltet. Plameco in Zell a. H. ist der Experte vor Ort und lädt vom 29. bis 31. August in seine Ausstellung ein.
  • Let's rock: Am Moosenmättle geht zur Feier des 40. Geburtstags zwei Tage lang die Post ab. 
    01.08.2024
    Kinzigtal-Kult: Moosenmättle Open Air am 9. und 10. August
    Es ist legendär und hat an Strahlkraft nichts verloren: das Wald-und-Wiesen-Open-Air auf dem idyllischen Hochplateau Moosenmättle in 780 Metern Höhe nahe dem Liefersberg. Am Grenzstein von Baden zu Württemberg wird wieder ordentlich gerockt – zur Freude von 1000 Gästen.