Hier traf sich die Jugend
Wer in seinem Dorf und mit seinem Dorf lebt, der hat irgendwann eine Menge zu erzählen. Bei Franz Feißt ist das der Fall. Der 86-Jährige hat einen Teil der Erinnerungen niedergeschrieben. Wir veröffentlichen sie in lockerere Reihenfolge. Heute geht es um den Dorftreffpunkt, die Milchzentrale am Rathaus in Diersburg.
Die Milchzentiale in Diersburg war der tägliche Haupttreffpunkt für die Diersburger Jugend, denn es gab ja fast kein Telefon, auch kein Handy oder Smartphon, nein, die Kommunikatin erfolgte über die tägliche Fortbringung der landwirtschaftlich erzeugten Milchmengen.
50-Liter-Kannen
Diese Frischmilch trug man morgens und abends zur Milchzentrale, wo die Milch gekühlt und gesammelt wurde in große 50-Liter-Kannen, die dann nach Offenburg gefahren wurden zur Verarbeitung. Ein Teil dieser Milch blieb im Ort und wurde in der hinteren Ausgabe über den Verkauf an Verbraucher für ihre benötigte Tagesmilch abgegeben.
Durch diese Gegenseitigkeit, durch ein Bringen und Abholen gab es immer die Möglichkeit, sich zu einem Plausch zu treffen mit gleichgesinnten Mädchen und Jungen. Auch die Älteren benutzten diese Gelegenheit, um das Neueste vom Tag zu erfahren. So war diese Milchzentralezeit die Möglichkeit, auch sein gerngesehenes Mädchen zu treffen, da sonst ein Fortgehen immer von den Eltern überwacht wurde. Es war dort also möglich, sein Schätzchen ohne Aufsicht zu treffen.
So war die Milchzentrale auch eine Stelle, wo der Dorfbott keine Macht hatte, und ein Fortgehen bei jedem Wetter mußte sein, ob Sonne, Schnee oder Regen, zur Milchzentrale wollte jeder gerne Gehen.
Vita Franz Feißt
1935 geboren – als fünftes Kind von Sofie und Heinrich Feißt in Diersburg. Hohberg-Diersburg.
Franz Feißt lebt für den Wein. Bis heute besitzt er 40 Ar Rebfläche. Im Laufe der vielen Jahre hat das ehemalige Mitglied im Aufsichtsrat der Gengenbacher Winzergenossenschaft (22 Jahre lang) und Ex-Rebschutzwart für Diersburg (28 Jahre) ein ganzes Archiv über die Kostbarkeit seines Heimatortes angelegt.
1948 ist er in den Musikverein eingetreten, war aktiver Musiker, sang bei den Kosaken und ist aktiv bei den Bänklimännern, die Diersburg verschönen.