Offenburg

Jetzt fühlt sich auch der Lachs hier wieder wohl

Florian Pflüger
Lesezeit 6 Minuten
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08. Juli 2016
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Arnold Hutter (rechts) und Felix Künemund verfolgen fast täglich das Leben der Fische in den heimischen Gewässern. Auch mithilfe von Fischtreppen wie hier am Mühlbach beim Großen Deich konnte schon einiges verbessert werden.

Arnold Hutter (rechts) und Felix Künemund verfolgen fast täglich das Leben der Fische in den heimischen Gewässern. Auch mithilfe von Fischtreppen wie hier am Mühlbach beim Großen Deich konnte schon einiges verbessert werden. ©Ulrich Marx

Welche Tiere und Pflanzen gibt es in Offenburg? Und warum ist die Artenvielfalt in Gefahr? Darum geht es in der zwölfteiligen OT-Serie »Achtung, Natur!«. Heute geht es um die Fische in den heimischen Gewässern wie Kinzig und Mühlbach – und die Frage, mit welchen Problemen die Tiere zu kämpfen haben.

Die Bewegung ist jahrelange Routine, wenn Arnold Hutter seine Angel auswirft. Doch nicht zuletzt daran, was er am Haken hat, merkt der 72 Jahre alte Fliegenfischer die Veränderungen in den heimischen Gewässern. Fische wie Döbel oder Äsche werden in Kinzig und Mühlbach weniger, Nasen vermehren sich teilweise. Und auch wenn er sagt: »Der Gedanke an Natur und Umwelt ist wichtiger und zum Glück auch präsenter als früher«, so stellt er doch einige Schwierigkeiten für die Fische fest. Hutter ist Vorstandsmitglied beim Angelsportverein Offenburg, der vier Lose an der Kinzig gepachtet hat und von Griesheim bis Steinach das Fischereirecht ausübt, ebenso am Mühlbach, am Gifizsee, am Griesheimer See, am Burgerwaldsee sowie an dem kleinen See beim Vereinsgelände am Seewinkel.  

Laut Felix Künemund, staatlicher Fischereiaufseher beim Regierungspräsidium Freiburg mit Dienstsitz in Offenburg, gibt es in heimischen Gewässern 35 Arten, »die hierher gehören«. In Flüssen finden sich Forelle, Äsche, Barbe, Nase, Elritze oder Gründling, vor allem in Seen Karpfen, Hecht (Foto rechts) oder Schleie.

Neue Arten kommen
Dazu kommen die Neozoen, eingewanderte Fischarten wie die Schwarzmeer-Grundeln an der Kinzigmündung. Sie kamen über Frachtschiffe, an die sie ihre Eier kleben, in die Ortenau und sind im Rhein schon »massiv vertreten«, wie Hutter sagt. Solche Arten bringen auch Nachteile mit sich: Eingewanderte Krebse machen den heimischen Flusskrebsarten zu schaffen. Den Edelkrebs gibt es in der Kinzig nicht mehr – das liegt auch an von nordamerikanischen Krebsarten eingeschleppten Krankheiten wie der Krebspest.

Auf dem Abschnitt der Kinzig zwischen dem Großen Deich und Griesheim gibt es besonders viele Nasen. Hutter spricht von einem »sehr starken Bestand, der dort fast überhand nimmt«, während der Fisch anderswo bedroht sei. Der gute Nasenbestand sei ein gutes Zeichen, versichert Künemund. Denn Nasen brauchten zum Laichen sauberen, rasch überströmten Kies, wie man ihn auch in der Kinzig unterhalb des Großen Deichs findet. Generell seien unterschiedliche Lebensräume im Wasser wichtig, so Künemund. Neunaugenlarven etwa brauchten angeströmte Feinsedimente, wo sie sich aufhielten und das Wasser filtrierten.

Als Beispiel für eine positive Entwicklung nennt Künemund den Lachs (Foto links), einen Indikator dafür, ob ein Gewässer durchgängig und sauber ist. »Mit dem Lachs haben wir viel erreichen können«, betont der Diplom-Biologe. Auch mithilfe der Lachszuchtanlage in Oberwolfach sei teilweise die Wiederansiedlung vorangebracht worden. In der Kinzig seien nach einem Weg von 650 Kilometern von der Nordsee die ersten Rückkehrer gesichtet worden,  eine Laichgrube sei im vergangenen Winter an der Erlenbachmündung bei Biberach entdeckt worden. 2015 seien im Rhein bei Iffezheim über 200 erwachsene Lachse beim Aufstieg  gezählt worden. Dennoch: Nur zwei bis drei Prozent der Lachse schaffen es, zu ihrem Laichplatz an der Kinzig zurückzukehren.

Wasserkraft als Hürde
»Tödlich« für viele Fische ist es laut Hutter, wenn das Wasser gestaut wird, etwa für Kraftwerke. Das sorge zum einen dafür, dass sich das Wasser erwärme und durch abgelagerte Sedimente Verschlammung entstehe, was schlecht für das Laichen sei. Und natürlich sei es auch ein Wanderhindernis. Überhaupt die Wasserkraftwerke: »Da werden Fakten geschaffen, die die Situation entgegen der Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinien verschlechtern oder zumindest nicht, wie gewünscht, verbessern«, kritisiert Hutter.

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Ein natürlicher Feind der Fische und deshalb auch bei den Anglern nicht gut gelitten ist der Kormoran, in dessen Beuteschema Fische zwischen 20 und 40 Zentimeter passen, was genau der Größe der laichfähigen Äschen entspricht. Pro Tag vertilgt ein Kormoran, der eigentlich immer ein Wintergast war, inzwischen aber Brutkolonien am Rhein gegründet hat, ein Pfund Fisch. Am Gifizsee habe er einmal 80 Stück auf einen Schlag gezählt, sagt Hutter.  

Der knapp 500 Mitglieder starke Angelsporverein versuche, auch im Rahmen seiner Hegeverpflichtung, »mit viel Geld« den Bestand zu erhalten, versichert Hutter. Das funktioniert beispielsweise so, dass Äschen aus dem Rhein entnommen, die Eier »abgestreift« und zur künstlichen Fischaufzucht verwendet werden. Für eine zehn Zentimeter lange Äsche bezahlt der Angelverein 80 Cent. Die Tiere werden an einer geeigneten Stelle ausgesetzt. Im Herbst 2015 seien es 3000 bis 4000 Äschen gewesen, so Hutter. Auch Forelle oder Aal werden zum Erhalt der Bestände aufgezogen.

Was die Forelle angehe, werde der Fisch auch aus Eigeninteresse der Angler »kräftig besetzt«, sagt Hutter. Es kämen aber nur einheimische Bachforellen in die Gewässer, keine Regenbogenforellen. Aus Hutters Sicht wäre dieser Besatz von Menschenhand in der Form gar nicht nötig, hätte die Forelle in der Kinzig genügend Laichmöglichkeiten. Doch es mangele der zum Hochwasserschutz ausgebauten Kinzig insgesamt an Strukturen und geeigneten Unterständen für die Fische, wie auch Künemund einräumt. Deshalb würden an einigen Stellen in der Kinzig strukturverbessernde Maßnahmen umgesetzt. So sei bei Biberach im Bereich der Erlenbachmündung der Hochwasserdamm zurückverlegt worden. Dadurch habe das Gewässer wieder mehr Raum für die dynamische Eigenentwicklung bekommen, was sich erkennbar positiv ausgewirkt habe.

Gute Wasserqualität
An Baggerseen sei es ähnlich, was die fehlenden Strukturen angeht. Denn diese Seen 
hätten »eine Form wie eine Badewanne, tief und mit steilen Ufern«, wie Künemund anmerkt. Zum Laichen sind das für viele Fische eher ungünstige Voraussetzungen. Als positives Beispiel hebt er deshalb hervor, dass am Gifizsee Flachwasserzonen angelegt werden. Ohnehin habe sich schon vieles verbessert. Es gebe in den Fließgewässern mehr Durchgängigkeit für die Fische, und die Wasserqualität sei »durchgängig völlig in Ordnung«. 
Mit der Öffnung des eingedeichten Haringvliet an der Rheinmündung bei Rotterdam ab 2018 solle sich die Zahl der Rückkehrer erhöhen. Das sei »das Nadelöhr«, so Künemund. »Wenn das fertig ist, bin ich sehr gespannt, was an Lachsen, Neunaugen, aber auch an Flundern herkommt.«  

Aus Sicht von Hutter müsste viel mehr geschehen: Die Wirklichkeit hinke weit hinter dem Zeitplan der Richtlinien her. »Die Wasserqualität ist okay, aber die Rahmenbedingungen sind es nicht«, bemängelt er. So müssten bei Baggerseen »mindestens zehn Prozent Flachwasserzonen« geschaffen werden. Generell kritisiert er, dass es oft nur kleinteilige Lösungsansätze gibt. Ein Gewässer sei aber grundsätzlich nur als ein Ganzes zu bewerten. 

NÄCHSTEN SAMSTAG: Warum der Weierer Johannes Witt zum Biobauern geworden ist.

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