Kein Schlachthof mehr für Offenburg?
Dass der altehrwürdige Offenburger Schlachthof Ende 2018 schließt, ist längst beschlossene Sache. Inzwischen deutet allerdings vieles darauf hin, dass Offenburg künftig gar keinen Schlachthof mehr haben wird. Aus Sicht der Stadtverwaltung gibt es keine geeignete Fläche für einen Neubau – deshalb hat sich nun Bühl in Stellung gebracht.
Der Zeitpunkt ist schon länger klar, unklar war bislang immer nur die Frage: Wie geht es weiter mit dem Betrieb des Offenburger Schlachthofs? Der wird bekanntlich zum Jahr 2019 geschlossen, weil er, nur durch die Wasserstraße getrennt, ans Sanierungsgebiet »Mühlbach« angrenzt – und das ist vornehmlich als Wohngebiet geplant. Inzwischen ist davon auszugehen, dass Offenburg seinen Schlachthof ganz verlieren wird. Die Landwirte aus der Region werden ab 2019 ihre Schweine oder Rinder woanders hinfahren müssen – aus Sicht der Offenburger Stadtverwaltung ist die Lage jedenfalls eindeutig.
»Haben keine Flächen«
»Definitiv haben wir derzeit keine Flächen, die wir dem Schlachthof anbieten können«, sagt Pressesprecher Wolfgang Reinbold. Wenn überhaupt, käme das interkommunale Gewerbegebiet »Hoch Drei« infrage. Der Planungsprozess für den zweiten Abschnitt hat aber erst begonnen. Wenn es dort Anfang 2017 mit der Bebauung losgehen könnte, »wäre man sehr glücklich«, so Reinbold. Für eine rechtzeitige Inbetriebnahme des Schlachthofs wäre das wohl zu spät. Und einer Verlängerung der Betriebserlaubnis für den Schlachthof erteilt die Offenburger Stadtverwaltung eine klare Absage, schließlich solle das Gelände eines der nächsten Entwicklungsgebiete werden. Reinbold verweist darauf, dass die Betriebserlaubnis für den Schlachthof bereits zweimal verlängert worden sei.
Im Auftrag der Betreibergesellschaft des Schlachthofs sucht derzeit Ex-Landrat Klaus Brodbeck nach einem neuen Standort. »Wir sind in der Sondierungsphase«, beteuert er zwar. Eine Präferenz, wohin es gehen könnte, gibt es aber: nach Bühl. Die dortigen Betreiber haben sich in Stellung gebracht, nachdem Gespräche über einen Standort im Neurieder und Kehler Raum sowie in Gengenbach ergebnislos blieben. Vieles deutet darauf hin, dass der bestehende Betrieb in Bühl erweitert wird. »Im Moment sehe ich keine andere Alternative«, sagt Brodbeck.
Ein Neubau kommt aus seiner Sicht nicht infrage. »Da fangen Sie planungsrechtlich bei null an.« Dazu kämen die Kosten, die Brodbeck »elastisch formuliert« auf zwischen zehn und 15 Millionen für einen Neubau beziffert. Sollte die Wahl auf den bestehenden Schlachthof in Bühl fallen, sei davon auszugehen, »dass es deutlich günstiger wäre«.
Brodbeck betont: »Der Landkreis Ortenau braucht einen öffentlichen Schlachthof!« Und dazu gehört für ihn auch Bühl – aus geografischer Sicht, aber auch, weil die Stadt Bühl immerhin Mitglied der Wirtschaftsregion Ortenau (WRO) ist. Ein Schlachthof sei wichtig, um fach- und tierschutzgerecht zu arbeiten und wenn es um die Offenhaltung der Landschaft gehe. Unterstützt durch Cornelie Jäger, Landesbeauftragte für Tierschutz, wird derzeit ein vom Land finanziertes Gutachten erstellt, um die Handlungsspielräume für den Schlachthof Bühl zu ermitteln. Das Ergebnis solle dann offen diskutiert werden, so Brodbeck. »Im Zweifel muss es die Landkreise auch was kosten.«
»Das ist traurig«
Martin Maier aus Sasbachwalden, Obermeister der Fleischer-Innung Ortenau mit 63 Mitgliedsbetrieben, spricht von einem »schwierigen Thema«. In den nächsten drei bis vier Wochen möchte er mit einer Umfrage unter den Mitgliedern der Innung ein Stimmungsbild ermitteln. Maier nennt es »traurig«, dass die Stadt Offenburg kein neues Gelände zur Verfügung stelle. Dies sollte eigentlich das Interesse der Stadt sein.
Aus Sicht der Stadt Offenburg wäre ein Wegzug des Schlachthofs zu verschmerzen. »Wenn die Stadt Bühl oder ein anderer sagt, er würde das weiter betreiben, dann ist das für uns okay«, sagt Wolfgang Reinbold. Beim Schlachthof handle es sich auch um keinen »ganz zentralen« Gewerbesteuerzahler. An einen ganz neuen Anblick werden sich die Offenburg ohnehin nicht gewöhnen müssen. Das 1905/06 errichtete Gebäude steht schließlich unter Denkmalschutz.
Hintergrund I: Wo es nicht klappt
Offenburg: Die naheliegende Option wäre das interkommunale Gewerbegebiet »Hoch Drei« gewesen. Der Planungsprozess für dessen zweiten Bauabschnitt beginnt jedoch erst. Selbst wenn ein Bebauungsplan bis 2017 fertig wäre, würde es wohl schwierig. Klaus Brodbeck verweist auf die »drei großen Unbekannten«: die künftige Führung der Bahntrasse, Hochspannungsleitungen der EnBW und den geplanten Autobahnanschluss Süd.
Neuried/Kehl: Der Neurieder Bürgermeister Jochen Fischer hat sich laut Brodbeck sehr interessiert gezeigt, was die Ansiedlung eines Schlachthofs auf Neurieder Gemarkung angeht. Allerdings hätten sich Vertreter der Stadt Kehl »negativ geäußert«, würde der mögliche Standort doch beim gemeinsamen Gewerbegebiet »Basic« liegen.
Gengenbach: »Sehr aufgeschlossen« sei auch Bürgermeister Thorsten Erny gewesen, so Brodbeck. Doch gab es Bedenken, im neuen Gewerbegebiet einen Schlachthof anzusiedeln.
Hintergrund II: Der Offenburger Schlachthof
Der Offenburger Schlachthof mit seinen rund 60 Mitarbeitern wurde im Jahr 1906 eröffnet und bis 1996 als städtischer Schlachthof betrieben. 1996 übernahmen im Zuge der Privatisierung die Vieh- und Fleischgroßhandlung Haas-Bauernschmid und die Firma Färber. Sie sind mit jeweils 45 Prozent beteiligt, die restlichen zehn Prozent bilden Landwirte aus der Region. Geschäftsführer ist Michael Bauernschmid. Jährlich werden im Offenburger Schlachthof bis zu 70 000 Schweine, 4000 Rinder sowie Lämmer, Kälber und Pferde geschlachtet und verarbeitet.
Zum Vergleich: In Bühl wurden im vergangenen Jahr insgesamt 20 000 Tiere geschlachtet. Neben dem Schlachten gehören zu den Tätigkeiten des Schlachthofs auch Lebendtransporte von Schlachtvieh, das Zerlegen, Ausbeinen, Verpacken, Lagern und Etikettieren sowie der Verkauf. Abnehmer sind regionale Fleischverwerter, Metzgereien und Gastronomie, außerdem die Edeka Südwest als Großkunde. Im Jahr 2012 gab die Stadt Offenburg bekannt, dass der Pachtvertrag nicht verlängert wird.