Theater spielen unter Corona

Kinder wollen dabeibleiben

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09. Januar 2022
David Stocker

David Stocker ©Privat

Serie Ortsgespräche (103): David Stocker, Vorsitzender der Dundenheimer Laienspielgruppe, über die erneute Verschiebung der Märchenaufführung im Januar.

In unserer Serie Ortsgespräche unterhalten wir uns mit Menschen aus der Nachbarschaft – über die spannenden Sachen, die sie so tun. Und wie sie mit der Corona-Situation zurecht kommen. Heute: David Stocker, Vorsitzender der Laienspielgruppe Dundenheim.

Corona lässt erneut die Aufführung Ihres Märchenstücks ausfallen – wie ist die Stimmung unter den Verantwortlichen und Mitgliedern?

Bitte entschuldigen Sie meine Gegenrede, wir lassen das Stück nicht ausfallen. Wir haben lediglich den Aufführungstermin verschoben… Aber dazu später mehr. Die Stimmung unter den Erwachsenen ist betrübt, jedoch gefasst und zufrieden.
Ein kurzer Rückblick: Wir hatten in einer Vorstandssitzung im Oktober beschlossen, dass wir im November zu entscheiden, ob wir unter 2G oder 3G aufführen werden… Als dann diese Vorstandssitzung im November stattfand, mussten wir entscheiden, ob wir im Januar überhaupt aufführen, oder nicht.
Wir sind daher zufrieden mit unserer Entscheidung, Anfang Januar nicht aufzuführen. Es ist das einzig Richtige.

Und die Kinder? Wie kommen die als Akteure damit zurecht?

Kinder zeigen ihre Emotionen schneller als viele Erwachsene. Als unser Regisseur Bernhard Wolf das Ensemble ins Vereinsheim zu einer persönlichen Besprechung einberufen hat, kamen alle – wirklich alle Kinder. Es war ihnen wichtig zu kommen, auch wenn sie geahnt hatten, welche Information sie von ihrem Regisseur erfahren werden.
Ja, es gab Tränen. Ja, die Kinder waren enttäuscht. Das Schöne an unserem Ehrenamt ist das Vertrauen, mit dem wir arbeiten müssen. Man kann als Regisseur, als Techniker, und insbesondere als junger Schauspieler nur frei sein, wenn man sich und seinem Team vertraut.

Und was ist mit Regisseur Wolf?

Die Kinder vertrauen Herrn Wolf! Diesem war und ist es wichtig, dass das Stück aufgeführt wird – und zwar live vor Publikum. Die Kinder haben mit Freude aufgenommen, dass wir das Stück nicht vor einer Kamera „abspielen“ und ins Archiv verschwinden lassen. Sie freuen sich auf das live-Erlebnis. Und diese Hoffnung haben wir und die Kinder gemeinsam. Das macht uns allen Mut! Herrn Wolf haben die Kinder wiederum versprochen, dass sie alle ihr Textbuch aufheben werden und sofort griffbereit haben, wenn wir wieder weitermachen können. Heißt: Die Kinder haben versprochen dabei zu bleiben – und darauf vertrauen wir.

Gibt es ein adäquates Ersatzprogramm? Oder geht das nicht, schließlich fördert das Theaterspielen die Kinder ungemein?

Wir fördern Kinder, indem wir ihnen Raum und Zeit geben, sich auszuprobieren, sich zu entfalten und sich zu entwickeln. Alle, die Herrn Wolf und mich kennen, wissen, dass unsere Stärke Empathie ist. Dazu gehört Vertrauen, dazu gehört Akzeptanz und dazu gehört Wertschätzung anderer. Diese Empathie zeichnet unseren gesamten Verein aus. Im Moment hätten wir zwar die Zeit, aber keinen Raum, um diese Fähigkeit weiter zu fördern. Daher haben wir gerade kein Ersatzprogramm. Nein. Ich kann Empathie nicht über Webcams und Bildschirme aufbauen…
Der Umgang mit den Kindern, das oben angesprochene gegenseitige Vertrauen und das jeweilige Versprechen, füreinander da zu sein und weiterzumachen, sobald es geht, sehe ich jedoch ebenfalls als Förderung. Die Kinder haben in der Pandemie bei uns gelernt, dass sie sich auf unser Wort verlassen können. Sie wissen auch, was es bedeutet, wenn sie uns etwas versprechen. Und darauf sind wir sehr stolz!
In einer Gesellschaft, die so schnell im Wandel ist, in der das heute Ausgesprochene morgen schon nicht mehr gilt, in der immer wieder „komme ich heute nicht, komme ich morgen“ gelebt wird, ist es fundamental wichtig, eine Konstante zu haben. Etwas Verlässliches. Darin werden sie aktuell gefördert, ja.

Konkret: Könnte sich der Verein noch ein anderes Standbein zulegen?

Wir fangen jetzt nicht an, Fußball im Freien zu spielen. Unsere Motivation ist das Theaterspielen und der Umgang mit den Kindern. Der Umgang mit Maske, Kostüm und Technik. Der Umgang mit Menschen. Unsere Jugendleitung plant aktuell ein Lagerfeuer im Wald, welches auch einen Beitrag leisten wird, die Gruppe zusammenzuhalten.
Verstehen Sie mich nicht falsch, wir haben genug Geld auf der Seite, um Grillgut für 100te Lagerfeuer zur Überbrückung zu finanzieren. Wirtschaftliche Interessen verfolgen wir nicht. Zudem haben wir aktuell kaum Kosten. Wir sind stärker als das Virus! Wir werden wieder Theater spielen! Darauf können Sie vertrauen!

Haben Sie einen Plan B, sollte die Pandemie andauern?

Naja, das ist jetzt der zweite Januar in Folge, in dem kein Theater stattgefunden hat. Da denken wir natürlich darüber nach, vom Januar abzurücken und in den Frühling oder Frühsommer zu gehen. Das mit dem Freilicht, Open Air, wäre schon eine spannende Sache. Alles ist für etwas gut, wer weiß, vielleicht erfinden wir in dieser Pandemie das Theaterspielen neu… Die Lindenfeldhalle war in der Vergangenheit sowieso an der Kapazitätsgrenze angekommen…

Ab wann wird es kritisch? Was meinen Sie?

Unser Verein steht gut da. Wir haben einen leichten Mitgliederzu(!)wachs, auch, weil wir für das aktuelle Stück, Pünktchen und Anton, viele neue junge Kinder für das Theaterspielen gewinnen konnten.
Kritisch wird es erst dann, wenn Kinder nicht mehr wissen, was Theater überhaupt ist und sie dann auch keine Lust haben, bei uns mitzumachen.
Tatsächlich wird es herausfordernder von Jahr zu Jahr, in dem unsere „alten Hasen“ auf der Bühne noch älter werden. Also 17+. Solange Kinder und Jugendliche zu uns kommen und sehen, wir andere Kinder und Jugendliche bei uns Theater spielen, so lange wird es nicht kritisch. Wenn aber das Ensemble von vor zwei Jahren noch zwei, drei weitere Jahre nicht spielen kann, sind sie schlichtweg zu alt für Kindertheater. Und dann ist eine Generation herangewachsen, die auch kein Theater bei uns in Dundenheim gesehen hat.

Das stelle ich mir problematisch vor...

Das wäre dann tatsächlich herausfordernd, hier wieder eine komplett neue Gruppe ohne Vorbilder und Idole zu gründen. Aber davon sind wir noch weit entfernt. Und selbst dann wäre es machbar. Auch, weil Sie, lieber Herr Krüger, mit Ihrer Arbeit dafür sorgen, dass die Erwachsenen uns nicht vergessen. Weil Sie informieren und weil Sie nachfragen. Dann werden die Eltern der Kinder in fünf Jahren wissen, dass es uns gibt, und dann werden auch diese Eltern Ihrer Arbeit und unserer Vereinsphilosophie vertrauen und ihre Kinder zu uns schicken.

Sind online-Aufführungen auf lange Sicht nicht vielleicht doch eine Alternative?

Nein! In unserem Genre definitiv nicht. Tatsächlich war das eine Überlegung in unserer Vorstandssitzung im November. Führen wir vor der Kamera auf und streamen aus der Lindenfeldhalle ins worldwideweb…? Technisch hätten wir das hinbekommen. Keine Frage. Unsere Technikplanung war hierfür schon sehr weit.
Theater lebt jedoch vom Gefühl. Theater lebt von der Empathie! Die Akteure leben vom Publikum. Und gerade das Kindertheater lebt doch auch davon, wenn Oma, Mama und Papa und die ganze Familie im Publikum sitzt und Fotos mit hellen Blitzlichtern macht.
Was nützt es einem Kind, wenn wir sagen können, dass wir 3000 Streamingzuschauer hatten? Vielleicht läuft da in einem Hamburger-Keller unser Stream, während eine Oma ihre Katzen füttert….
Ich selbst weiß noch, wie es war als junger Darsteller unter der Leitung von Ludwig Schneider auf der Bühne zu stehen. Unten im Publikum meine Familie, meine Freunde, meine Lehrer und sogar der Bürgermeister! Das größte war der Szenenapplaus und das Verneigen am Schluss. Und genau dieses Gefühl zu erleben, es live zu spüren, das ist es, was ich auch der jetzigen Generation ermöglichen will.

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Die Ortsgespräche sind eine Interview-Serie, die in lockerer Reihenfolge erscheint.

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