Kirchenchor Elgersweier feiert 170. Jubiläum nicht
In diesem Jahr kann der Kirchenchor Elgersweier auf 170 Jahre Chorbestehen zurückblicken. Aufgrund der Pandemie gibt es aber keine offizielle Feier, teilt der Verein mit. Auch die musikalische Mitgestaltung des Gottesdiensts am Samstag, 27. November, wird nicht stattfinden. Drei Sängerinnen, die im Rahmen dieses Gottesdienstes für jahrzehntelange Treue geehrt werden sollten, werden im kommenden Jahr zu ihren Geschenken, Blumen und Urkunden kommen.
Eine Gemeinderechnung von 1851 belegt, dass es vor 170 Jahren bereits einen „regelmäßig probenden und auftretenden, in mehreren Stimmen vortragenden Chor unter der Leitung eines Dirigenten“ gab. Der Dirigent war der Lehrer Robert Lender, der mit Chorleiter- und Organistendienst sein schmales Gehalt aufbessern konnte. Es war damals üblich, dass der Dorflehrer aufgrund seiner Ausbildung und seines Bedarfs an „Zubrot“ diese Aufgaben übernahm, heißt es in der Mitteilung. Die Rechnung von sechs Gulden und 38 Kreuzern für die Anschaffung von Noten, die Robert Lender damals der Gemeinde vorlegte, wollte diese zuerst nicht zahlen und schob die Rechnung an den katholischen Stiftungsrat der Kirche weiter. Auch dieser lehnte die Begleichung der Rechnung ab, sodass sich schließlich doch die Gemeinde erbarmte und zahlte.
Diese Erkenntnis verdanken die Elgersweirer Bürger dem verstorbenen Heimatforscher Lothar Wiucha, der akribisch und engagiert die Geschichte Elgersweiers erforschte und dokumentierte, teilt der Verein weiter mit.
„Unerhörter“ Vorstoß
Nach Lenders Versetzung folgte ein weiterer Lehrer: Hauptlehrer Warth bis 1890. Zunächst klappte alles gut, aber dann machte sich die Schwerhörigkeit Warths immer deutlicher bemerkbar. Die Singenden und Zuhörenden hatten darunter zu leiden, außerdem konnte Warth keine neuen Lieder ins Repertoire aufnehmen, da er die Töne nicht mehr richtig hören konnte. Sanft, aber bestimmt, musste er von seinen Pflichten entbunden werden. Freiwillig wäre er nicht gegangen.
1909 wagte der damalige Pfarrer Eckert einen geradezu „unerhörten“ Vorstoß: Er verfasste mit der Ordensschwester Clementina einen Vertrag, in dem er ihr die Leitung des Chores und den Orgeldienst übertragen wollte. Der Vertrag war allerdings zu schnell und gutgläubig verfasst worden, Eckert hatte offensichtlich nicht mit seinen Zeitgenossen und ihrer „Kritik“ gerechnet. Wer auch immer sich erhob und gegen die „Frau an Orgel und Dirigentenpult“ protestierte, lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Es können sowohl Mitglieder der politischen Gemeinde oder Sänger des Chors gewesen sein. Sie hatten Erfolg, der Vertrag wurde annulliert. Die Zeit war nicht reif für eine Frau am Dirigentenpult.
Erst mehr als 40 Jahre später übernahm mit der Kinderschwester Patricia die erste Frau Taktstock und Orgel. Nach ihr kam der Lehrer und spätere Rektor Julius Rizzi, dann der Postingenieur Horst Hansert, der frischen Wind auf die Empore brachte. Sein Nachfolger war ebenfalls „Postler“. Seit 1977 führt Josef Bürkle aus Schutterwald den Kirchenchor.
Zahlreiche größere Kirchenkonzerte und schöne Erfolge wie die Verleihung der Zelter-Plakette und der Palestrina-Medaille erlebte der Chor mit ihm und unter seiner Leitung. Und dann kam das Virus, das viele zunächst unterschätzten: Corona. Während der Lockdowns wurden die wöchentlichen Proben ausgesetzt. Auch gesellige Zusammenkünfte der Singenden waren nicht mehr möglich. Sicherheit zuerst lautete das Credo des Vorstandes. Die Mitmenschen und die Singenden sollten geschützt werden, teilt der Verein mit.