Kräuterbüschel-Tradition lebt in Gengenbach fort
Hunderte Einheimische und Urlauber erlebten am Mittwoch das Spektaktel der Kräuterbüschelprämierung vor dem Rathaus. Die Stadt war so voll, dass es auch Stunden später kaum einen freien Platz in den Restaurants gab. Am Rande der gelungenen Veranstaltung zeigte sich Teilnehmer Dieter Zapf verärgert: »Zwei Biotope am Haus des Gastes waren komplett abgemäht.«
Der Kräuterbüscheltag war am Mittwoch ein besonderer, denn zeitgleich fand in der Gengenbacher Innenstadt die Sperrmüllsammlung statt. Doch bis zum Kirchgang um 9 Uhr waren Straßen und Gassen blitzsauber. Damit ist das von einigen befürchtete Chaos ausgeblieben. Daran hatte der Bauhof großen Anteil, weil er sich nach der eigentlichen Sammlung um stehengelassene Reste kümmerte. Sogar die Kehrmaschine war noch unterwegs.
Nachdem die Büschel in der Kirche von Dekan Matthias Bürkle aus Offenburger gesegnet worden waren, zogen viele Menschen mit ihren Prachtstücke, die mindestens aus sieben Kräutern bestehen müssen, vor das Rathaus, um sie bewerten zu lassen. Bürgermeister Thorsten Erny lobte die Teilnehmer: »Viele haben große Anstrengungen unternommen, kunstvolle Kräuterbüschel zu binden.« Dazu seien oft tagelange Vorbereitungen erforderlich gewesen. »Damit haben sie die jahrhunderte alte Tradition fortgesetzt«, dankte er allen Teilnehmern und prämierte die Preisträger. Das OT listet sie bis 23 Punkte auf.
- 28 Punkte: Rebecca Schmied, Team Geiger/Hasenbverg/Volk, Team Wußler.
- 27 Punkte: Team Maria Seitz.
- 26 Punkte: Bernhard Müller, Monja Sester, Dieter Zapf.
- 25 Punkte: Ludwig Erdrich, Sebastian und Pascal Haas, Margareta Remmler-Groß, Gerlinde Schnaitter.
- 23 Punkte: Hildegard Göppert, Miriam Hasenberg, Monika Jockers, Jakob Lehmann, Daniel Neumann, Alexandra Sester, Sophia Sester und Alfred Willmann.
Die Punktzahl setzt sich aus drei Bewertungskriterien zusammen. Jedes Büschel musste mindestens 25 Zentimeter Durchmesser aufweisen. Dafür gab es einen Punkt. Je größer, desto höher die Wertung. So gab es sieben Punkte für alle Büschel, die mehr als einen Meter Durchmesser hatten. Wie sind die Kräuter gebunden, gut, sehr gut oder hervorragend? Dafür gab es drei bis sieben Punkte. Auch Anzahl und Art der Kräuter wurden bewertet. Hier gab es zwischen einem und 14 Punkten, sodass der Maximalwert aus allen drei Kategorien 28 Punkte betragen hat. Die großen Büschel wurden anonym bewertet.
Moderator Günter Reimer erklärte, dass die Gengenbacher Büschel nach Art der Biedermeierzeit (1814 bis 1848) gebunden wurden. Die Kräuter sollen unter anderem vor Gewittern schützen und krankem Vieh zur Heilung verhelfen. »Wir glauben, dass die Heilkraft erst durch die Segnung richtig zur Geltung kommt«, sagte er. Der Überlieferung nach sollen nach Mariä Himmelfahrt wohlduftende Kräuter in ihrem Grab gelegen haben.
»Wer war das?«
Und doch gab es einen kleinen Wermutstropfen in dieser ansonsten sehr ruhig und angenehm verlaufenen Veranstaltung. Dieter Zapf aus Bermersbach zeigte sich verärgert, nicht über den Kräuterbüscheltag selbst oder die Organisatoren, sondern über eine bislang ungeklärte Aktion. »Zwei Biotope am Haus des Gastes waren komplett abgemäht. Ich will wissen, wer das war!« Nicht eine Goldrute habe er mehr für seinen Kräuterbüschel gefunden. »Wir mussten deshalb bis ins Renchtal fahren.« Und so wird dieser Kräuterbüscheltag einige über Mariä Himmelfahrt hinaus beschäftigen.