Krügers Wochenschau: Alt werden, das ist immer relativ
Als meine Großmutter 80 Jahre alt wurde, war meine Mutter 51. Im Laufe der Geburtstagsfeier sagte ich zu ihr: "Marianne, in 29 Jahren bist du 80." Das hat sie nachhaltig geschockt, sie war immer eine sehr agile Frau, voller Energie und Ideen und wirkte weit jünger als sie war. Sie und 80? Unvorstellbar. Und das schon in 29 Jahren. Wie sollte sie all das tun, was sie noch tun wollte?
Das meiste tat sie, ehe sie mit 86 Jahren starb.
Andere Dimension
Nun sind 29 Jahre relativ und wirken winzig angesichts anderer Dimensionen. Nehmen wir das Alter der Erde, das 4,5 Milliarden Jahre beträgt; auch die Menschheit soll schon 40.000 Jahre auf der Erde ihr Unheil anrichten. Selbst ein Mammutbaum ist mit 3000 Jahren ziemlich alt, wenn er alt ist; da stinken wir nie ran. Andererseits die Eintagsfliege, die so heißt wie sie ist, nämlich arg beschränkt in ihrem Zeitbudget.
29 Jahre sind also relativ; vor allem, weil es immer darauf ankommt, was man draus macht. Das sage ich mir schon länger, während mein Countdown läuft. Bei mir sind es derzeit 14 Jahre bis zur magischen Grenze 80; das fasziniert mich eher als es mich schreckt: „So alt bist Du Sack also doch schon geworden.“ Hätte ich nicht gedacht.
Wenn wir von 80 reden, vergessen wir leicht, welch ein Luxus das ist, so alt zu werden. Heute kommt das häufiger vor, aber viele schaffen es nicht, das erfahren wir immer wieder.
Wie aber erreicht man ein Alter jenseits der 80? Da fallen die Antworten ganz unterschiedlich aus. Arbeit, viel Arbeit, sagen die einen. Ein Gläschen Schnaps und eine gute Zigarre am Tag die anderen.
Fast jeder kennt einen Opa oder Onkel, der sein Leben lang 40 Zigaretten am Tag rauchte und mindestens eine Flasche Wein trank und 93 Jahre alt wurde. Vielleicht deshalb, vielleicht trotzdem, vielleicht wäre er ohne die permanente Vergiftung 94 geworden. Die beste Regel? Mehr Gelassenheit. „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen!“, sagte Don Bosco, und da hatte er sicher recht.
Schreiben hält jung
In jedem Fall aber scheint die Zeitung beim Altwerden eine gewissen Rolle zu spielen: Franz Feißt aus Diersburg wird nächstes Jahr 90, und er schreibt gerne immer mal wieder nette historische Abhandlungen für unser Blatt. Und Anton Franz, der Jäger Duni aus Schopfe, verfasst eifrig Leserbriefe und schon mal einen Artikel oder ein Gedicht (bei dem wir mit dem Abdruck allerdings etwas zickig sind). Und der Jäger Duni ist 94.
Das Schreiben für unsere Zeitung ist also ein Lebenselixir. Aber selbst das Lesen soll ja die Lebensgeister wecken.
In diesem Sinne: auf ein biblisches Alter.