Manchmal ist es Tüftelei

Fotos, gerne auch hintersinnig, sind das Metier des Neurieders Jürgen Rudolf: Der Meister und sein Werk. ©Jürgen Rudolf
Der Neurieder Fotograf Jürgen Rudolf erzählt in unserer Serie Künstlergespräche, wie er arbeitet. Welches Selbstverständnis er als Künstler hat und welche die Geschenke die Kunst ihm und seinen Betrachtern macht.
Unsere Serie „Künstlergespräche“ widmet sich heute einem Fotokünstler: Jürgen Rudolf. Wir wollten von ihm wissen, wie er seine Kunst sieht. Und wie die Fotografie in 20 Jahren aussehen wird.
Herr Rudolf, mit welcher Kunst beschäftigen Sie sich derzeit am intensivsten?
Jürgen Rudolf: Fotokunst.
Beschreiben Sie bitte kurz Ihr Atelier. Wo liegt es? Ist es groß? Oder müssen Sie sich gut organisieren, damit Sie auf engem Raum künstlerisch tätig sein können?
Rudolf: Mein Fotostudio steht in Neuried-Ichenheim und ist 100 Quadratmeter groß.
Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Sie zur Künstlerin/zum Künstler werden ließ?
Rudolf: Mit etwa zwölf Jahren sah ich zum ersten Mal Bilder von Wassily Kandinsky. Darauf sagte ich zu meinen Eltern, dass ich Künstler werde. Daran hat sich nie mehr etwas geändert.
Welche Künstler inspirieren Sie noch? Warum?
Rudolf: Es gibt viele Fotokünstler und auch Maler, die ich verehre und deren Werke ich liebe. Es kann durchaus sein, dass die auch Einflüsse auf meine Arbeiten haben. Aber meine Hauptinspirationen kommen aus meinem Innern und wenn ich an dem Projekt rudolf&rudolf arbeite, kommen die Bildideen und Inspiration aus dem Austausch mit meinem Künstlerpartner.
Welche Werke der Kunstgeschichte hätten Sie gerne selbst geschaffen?
Rudolf: Keines. Ich glaube, wenn ich die geschaffen hätte, hätten sie anders ausgesehen. Ein Werk ist immer ganz eng mit dem verbunden, der es geschaffen hat.
Beschreiben Sie unseren Leserinnen und Lesern bitte Ihr Selbstverständnis als Künstler. Was wollen Sie ausdrücken? Oder variiert das?
Rudolf: Das ist nichts Besonderes für mich, denn Leben und Kunst gehören bei mir eng zusammen, und es gibt da keine besondere Trennlinie. Das, was ich ausdrücken möchte, halte ich meist bewusst zurück, weil es nur eine Sicht unter vielen auf ein Kunstwerk ist. Ich glaube, viele meiner Arbeiten geben dem Betrachter unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten. Zumal ich auch der Meinung bin, die Arbeiten wirken oft auch auf einer emotionalen Ebene. Wenn ich alles erklären könnte und wollte, wäre ich Schriftsteller geworden.
Wie oft fotografieren Sie in der Woche?
Rudolf: Ich fotografiere täglich in meinem Fotostudio. Denn das ist auch mein Brotberuf. Von der Kunst könnte ich nicht leben. Aber ich versuche natürlich, meine Ideen und Kreativität auch in Aufträge einfließen zu lassen.
Zu welcher Tageszeit hauptsächlich?
Rudolf: Freie Arbeiten können zu jeder Tages- und Nachtzeit entstehen.
Wie lange brauchen Sie durchschnittlich für ein Werk?
Rudolf: Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal kann eine Arbeit in einer Stunde entstehen, manchmal kann es Wochen dauern, bis das Bild fertig ist. Das kann dann zur totalen Tüftelarbeit werden. Es ist natürlich auch ein Unterschied, ob ich draußen oder im Studio arbeite. Die meisten Arbeiten entstehen im Studio.
Wie lange planen Sie es – oder arbeiten Sie spontan?
Rudolf: Auch das ist unterschiedlich, wobei spontane Arbeiten sehr selten sind. Zuerst ist da immer eine Idee. Die wird dann im Kopf weitergedacht, bis das Bild im Geist fertig ist. Das kann Tage, Wochen und manchmal auch noch länger dauern. Erst wenn ich das Gefühl habe, jedes Detail passt, geht es an die eigentliche Umsetzung.
Was ist Ihr Lieblingsmaterial?
Rudolf: Fotografie und da die Umsetzung auf Leinwänden oder Prints.
Wohin wollen Sie mit Ihrer Fotografie noch kommen? Was sind Ihre Ziele?
Rudolf: Am besten sehr weit. Es wäre schon toll, noch ein paar große Ausstellungen zu machen und die eine oder andere Arbeit zu verkaufen. Im Augenblick arbeiten wir, rudolf&rudolf, an einem Buchprojekt.
Ist Ihre Kunst kommunikativ? Wie manifestiert sich das?
Rudolf: Ich glaube schon, dass viele meiner Arbeiten kommunikativ sind. Während Ausstellungen kommen oft Menschen auf mich zu, um mit mir über die Bilder zu reden.
Weshalb ist Kunst für eine Gesellschaft wichtig? Oder ist sie das nicht?
Rudolf: Ganz klar und eindeutig: ja, Kunst ist wichtig für eine Gesellschaft. Und das aus den verschiedensten Gründen. Zum einen ist Kunst ein Zeichen des freien Denkens und der Fantasie. Sie kann auf Missstände hinweisen. Sie kann in andere Welten entführen, heraus aus der Alltagsrealität. Sie kann das Denken anregen und das Leben bereichern und, und, und…
Ihre Vision: Wie sieht die Fotografie in 20 Jahren aus?
Rudolf: Ich denke, gar nicht soviel anders als heute. Allerdings wird der Computer noch viel mehr in die Bilderstellung einbezogen werden. Bilder werden ohne Kamera entstehen. Auf der anderen Seite wird als Gegenpol das puristische, klassische Bild wieder größere Wertschätzung bekommen. So wie es heute auch wieder Schallplatten gibt, die schon längst totgesagt waren. Die klassische Schwarzweißfotografie erlebt ja gerade so eine Wiederentdeckung. Es werden immer mehr Kurse für Filmentwicklung und Laborarbeiten angeboten.
Was schenkt Ihnen die Kunst?
Rudolf: Glück, Befriedigung, Zufriedenheit, Inspiration, Motivation…
Was schenkt Ihre Kunst anderen?
Rudolf: Ich hoffe, das gleiche wie mir.