Musik aus der Renaissance und dem Frühbarock gab es in Weier
Klänge, wie sie eher selten in einem Kammermusikkonzert geboten werden, schlugen die Konzertbesucher der jüngsten „Kammermusik an der Kinzig“ im Ökumenischen Gemeindezentrum in Weier in ihren Bann. Gewohnt sachkundig warf die Moderation von Dekan Frank Wellhöner einen Blick auf die Musikepoche des 16. und 17. Jahrhunderts und deren wichtigste Vertreter wie Henry Purcell, John Dowland oder auch Claudio Monteverdi.
Im Gegensatz zur Gregorianik, wo Musik der Verehrung Gottes diente, stehen in dieser Epoche zentrale menschliche Affekte wie Liebe, Glück oder Trauer im Mittelpunkt des musikalischen Denkens. Die Vergänglichkeit alles Irdischen wird Thema, man will Emotionen in der Musik zeigen, die Melancholie zieht sich über Jahrzehnte. Die höfische Musik der Adelsgesellschaft feiert mit klagenden Klängen die Sehnsucht, den bittersüßen Schmerz des Verlassenwerdens und Wiederfindens. Ein neuer Aspekt kommt hinzu, man will das Schöne genießen. Es war auch die Zeit der Schäferinnen- und Hirtengedichte. Das gebräuchlichste Hausinstrument der Zeit ist die Laute. Zentren des Lautenspiels sind Italien, Frankreich, Süddeutschland. Um 1600 erlebt das elisabethanische Lautenlied in England seine Blüte.
Das Ensemble „Musica Vezzosa“, was übersetzt heißt Ensemble „der anmutigen Musik“, hat sich anlässlich dieses besonderen Konzerts zusammengefunden, um miteinander historisch zu musizieren. „Was diese Musik ausmacht und mich immer wieder besonders begeistert, ist der schlichte und forcierte Klang, gepaart mit Virtuosität“, so Gabriela Brandt-Elge (Sopran). In perfektem Zusammenklang mit Hanna Schmal (Sopran) schafften die klaren Frauenstimmen die schwierigen Koloraturen mit ihren Trillern und chromatischen Halbtonschritten mit Bravour.
Fritz Mühlhölzer begleitete virtuos und spielte mehrere Solostücke auf der Knickhalslaute, die in der Renaissance als Königin der Instrumente galt. Als junger Musikstudent hat er das Instrument kennengelernt. Es habe ihn dermaßen fasziniert, dass er sich ein solches bei einem Lautenbauer in der Schweiz bestellt habe. Damit habe für ihn eine aufregende Reise in die Musikwelt des 16. und 17. Jahrhunderts begonnen.
Hans Michael Eckert (Viononcello) spielt in den verschiedensten Zusammensetzungen in Orchestern und Kammermusikgruppierungen im Kinzigtal und darüber hinaus. Seine Offenheit für alle Arten von klassischer Musik hat ihn mit großer Kompetenz als Cellist bei „Musica Vezzosa“ mitwirken lassen.
Nicht alltäglich
Für Adrian Sieferle, Pianist, Organist und Chorleiter aus Ortenberg, sind die frühbarocken Melodien eine Abwechslung von der „alltäglichen Musik“. In der kleinen Besetzung finde er es sehr reizvoll, den Inhalt der kunstvollen Stücke zu interpretieren und Musik in ihrer reinsten und natürlichsten Form zu erleben. In der Region bestehe eher selten die Möglichkeit, derartige Stücke in einem kammermusikalischen Ensemble zu musizieren.
Ein nicht alltägliches Musikerlebnis versetzte die Zuhörer in eine Zeit, die uns heute fremd erscheint, mit italienischen Palazzi, französischen Lustgärten und höfischer Lebensart. Gerade deshalb ein sehr gelungener musikalischer Ausflug in die Welt italienischer, französischer und englischer Vokal- und Instrumentalmusik.
INFO: Das nächste Konzert in der Reihe „Kammermusik an der Kinzig“ ist am Sonntag, 19. März, um 11.15 Uhr mit dem Klaviertrio „Accio Trio“ aus Salzburg mit Werken von Haydn, Schostakowitsch und Brahms.