Noch viele »weiße Flecken« zur NS-Zeit
Zell-Weierbach in der NS-Zeit – eine Thematik, die noch zahlreiche weiße Flecken aufweist, aber auch so gut als möglich aufgearbeitet werden sollte. Im Ortschaftsrat hatte die Bürgerliste Zell-Weierbach (BLZW) kürzlich eine entsprechende Anregung geliefert.
Um den Wunsch von fachlicher Seite beurteilen zu lassen und auch ein mögliches Vorgehen aufzuzeigen, war in der aktuellen Ratssitzung Offenburgs Stadtarchivar und Museumsleiter Wolfgang Gall zu Gast. Gall näherte sich dem Thema mit einigen Ausführungen zum Thema »Erinnerungskultur«. Eine feste Form der Geschichte bestehe nicht, »jede Generatuion schreibt die Geschichte neu«, so Gall.
In Offenburg wurde während der 1960er- und 70er-Jahre mit der Aufarbeitung der örtlichen NS-Vergangenheit begonnen. Rund 300 jüdische Opfer waren zu beklagen, wovon 150 umgebracht wurden. Es entstand eine »Erinnerungskultur«, die nicht an erster Stelle versuche, mit erhobenem Zeigefinger Schuld zu verteilen. »Es wird versucht, den Opfern ein Gesicht zu geben«, so Gall.
Rasche Gleichschaltung
Im nächsten Schritt beleuchtete Wolfgang Gall ansatzweise die Ausgangslage Zell-Weierbachs. Im Rebland wurde 1932 das katholische Zentrum mit 50 Prozent der Wählerstimmen bedacht, die Nazis kamen auf 19, die KPD auf 18 Prozent. Eine interessante Frage, warf Gall auf, sei, wie die wenig später umgesetzte NS-Gleichschaltung so reibungslos vonstatten gehen konnte. Zell-Weierbach biete nach bereits bekanntem Wissensstand »viele spannende Geschichten«, sagte Gall.
Zur anstehenden Spurensuche unterstrich Gall, eine pure Quellensuche allein bringe nichts. Das gesamte Projekt müsse sich an wissenschaftlichen Methoden orientieren. Zudem riet er zur Vorsicht: »Keine Akte lügt so sehr wie beim Thema Entnazifizierung.« Ein auswärtiger Historiker könnte die Zeit vor und nach der NS-Periode in Zell-Weierbach untersuchen und dokumentieren.
Ortsvorsteher Willi Wunsch (CDU) drückte in der Beratung den Wunsch aus, bereits für 2016 entsprechende Haushaltsmittel beantragen zu wollen. Heribert Schramm (BLZW) regte an, 1930 einzusteigen und bis zur Entnazifizierung zu forschen. Er unterstrich, dass mit Blick auf noch lebende Zeitzeugen ein schneller Einstieg wünschenswert sei. Sieglinde Metzler (SPD) hob ebenfalls die Bedeutung heraus, sich an die NS-Zeit zu erinnern. »Der Fokus sollte nicht auf den Tätern, sondern auf den Taten und den Opfern liegen«, sagte sie. Gemeinderätin Elisabeth Abele (CDU) nahm die für sie neue Erkenntnis mit, dass im Rebort bereits einiges dokumentiert worden sei.
Abschließend meinte Wolfgang Gall, dass in einem Ort historisch weiße Flecken vorhanden seien, müsse keinen Anlass zur Sorge bieten. »Das ist auch stets ein Ansporn für Historiker«, ergänzte er.