Notvorstand Fahr: Rettet er den Tierschutzverein?
Offenburg. Seit vergangenen Dienstag weht in der Tierherberge Offenburg am Alten Flugplatz ein anderer Wind: An diesem Tag hat das Amtsgericht auf Antrag eines Vereinsmitglieds den Offenburger Rechtsanwalt Andreas Fahr zum »uneingeschränkten« Notvorstand – was übrigens äußerst selten vorkommt – bestellt, »weil der Verein führungslos war«. Vorsitzender Peter Rendler, seine Stellvertreterin Nicole Ehret und Kassierer Friedrich Erb waren zwischen Oktober und Dezember 2007 zurückgetreten, danach war der Tierheimleiterin Ines Hänsel von einem kommissarischen Vorsitzenden gekündigt worden. Dieser Interims-Vorsitzende war nach OT-Veröffentlichungen (5./6. Januar) aber selbst zurückgetreten. Und Peter Rendler, an dem sich immer mehr Kritik entzündete, wollte selbst Tierheimleiter werden. Dies alles vor dem Hintergrund der drohenden Insolvenz, die dem Verein vor anderthalb Jahren gedroht hatte und deren Nachwirkungen noch immer spürbar sind.
Notvorstand Andreas Fahr gibt sich im Gespräch mit dem Offenburger Tageblatt denn auch entschlossen: »Ich nehme diese Aufgabe sehr ernst.« Seine Vorteile sieht Fahr darin, dass er von außen komme, keiner Interessengruppe angehöre und als langjähriger Vorsitzender des Schwimmsportvereins Offenburg die Vereinsgeschäfte aus dem Effeff kenne.
Der Notvorstand legt ein gehöriges Tempo vor: So arbeitet bereits ein von ihm gebildeter Stab aus fünf Personen – darunter auch Nichtmitglieder –, der Ordnung in Verwaltung und Buchhaltung bringen soll. Da geht’s einmal um die Bilanz 2007 und um einen Status zum 15. Januar. Außerdem führt Fahr Gespräche mit den beiden Hauptsponsoren, der Aktion Tier in München und der Stadt Offenburg, »damit die bei der Stange bleiben«. Entschieden sei das aber noch nicht!
Internetseite abgehängt
Fahrs Ziel ist es, den Verein bis »in ein, zwei Monaten soweit in Ordnung gebracht« zu haben, dass eine Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand wählen kann. Die letzte liegt übrigens zwei Jahre zurück. Das bedeutet auch, dass der Notvorstand auch auf der Suche nach geeigneten Personen ist, die idealerweise einen Neuanfang verkörpern. Fahr kündigt für die Versammlung, zu der er alle Mitglieder rechtzeitig einladen will, an, »in aller Offenheit über die Situation«, die er vorgefunden hat, zu reden. Bis dahin soll auch die Internetseite des Vereins, die vor einigen Wochen plötzlich verschwunden war, wieder anzuklicken sein.
Einer der ersten Geschäftshandlungen des Notvorstandes war übrigens die Rücknahme der Kündigung von Ines Hänsel, Leiterin der Tierherberge. »Ich wollte dem Verein einen aussichtslosen Prozess ersparen«, begründet Fahr. Hänsel ist auch schon wieder im Dienst und hofft jetzt nur noch eins: »Es muss wieder Ruhe einkehren und Vertrauen. Es geht ja schließlich um die Tiere!«
Chronologie des Niedergangs - wie sich der Tierschutzverein selbst demontiert hat
Ω 1995: Tierherberge Offenburg wird eröffnet.
Ω 2001: Hundehaus wird eingeweiht.
Ω 2003: Eröffnung des Kleintierhauses – das Geld vom Kooperationspartner, dem Deutschen Tierhilfswerk in München, sprudelt.
Ω 2003: Dominik Irion, Leiter der Tierherberge und von Anfang an dabei, kündigt wegen »verschiedener Ansichten«.
Ω 2003: Pläne für einen Gnadenhof werden bekannt – bis heute nicht verwirklicht. Vermehrt ist von finanziellen Engpässen die Rede und von Alleingängen des Vorsitzenden Dieter Fraenzel.
Ω Ende 2005: Vorsitzender Dieter Fraenzel legt sein Amt »aus privaten Gründen« nieder und zieht weg.
Ω April 2006: Peter Rendler wird zum Nachfolger gewählt und »entdeckt« zusammen mit dem langjährigen Kassierer Friedrich Erb »Riesendefizite«. Diese schieben sie Fraenzel in die Schuhe. Der kontert: »Die Notlage ist sei drei Jahren bekannt.«
Ω Juli 2006: Rigider Sparkurs für die Tierherberge: Kündigungen, Ausgabenstopp.
Ω 2007: Der Unmut über das selbstherrliche Auftreten von Rendler wächst.
Ω Oktober 2007: Der langjährige Kassierer Friedrich Erb tritt ohne Begründung zurück.
Ω November 2007: Auch die stellvertretende Vorsitzende Nicole Ehret wirft hin.
Ω Dezember 2007: Vorsitzender Peter Rendler tritt zurück, ein Rumpf-Vorstand wählt Elmar Gräwe zum kommissarischen Chef. Der kündigt Tierheimleiterin Ines Hänsel »wegen Fehlverhaltens«, tritt aber nach OT-Veröffentlichungen selbst zurück.
Ω Januar 2008: Amtsgericht bestellt Notvorstand. ko