Oberharmersbach beschließt Haushalt ohne Spielraum
Steuerliche Ertragsschwäche, zwei Großprojekte über Kredite gestemmt und Corona: Oberhamersbachs finanzielle Luft wird dünn. Bürgermeister Richard Weith sieht auch die Politik in der Pflicht.
Am Ende der Vorstellung des Oberharmersbacher Gemeindehaushalts für 2021 brachte es Rechnungsamtsleiter Jens-Mathias Bächle auf den Punkt: „Der Haushalt ist absolut auf Kante genäht und bietet keinerlei Spielraum“. Der Ernst der Lage war wohl auch dem Gemeinderat am Montag in der Reichstalhalle bewusst, der den Haushaltspan ohne weitere Diskussion verabschiedete.
Eingangs hatte auch Bürgermeister Richard Weith deutlich darauf hingewiesen, wo die Gemeinde finanziell der Schuh drückt. „Der Haushalt leidet nach wie vor an einer strukturellen Ertragsschwäche“, betonte Weith. „Insbesondere im Bereich der kommunalen Steuereinnahmen (hauptsächlich bei der Gewerbesteuer) besteht im Vergleich zu ähnlichen Gemeinden ein Aufkommensdefizit“, betonte Weith. So liege der Landesdurchschnitt hier bei 246 Euro je Einwohner, in Oberharmersbach beträgt der Wert 170 Euro pro Einwohner.
Doch nicht nur die Steuerschwäche, die durch Corona noch verschärft wird, engt den finanziellen Spielraum Oberharmersbachs ein. Hinter der Gemeinde liegen zwei Großinvestitionen. „Die Großprojekte Rathaus und Feuerwehrhaus sind abgeschlossen. Es wurden in den vergangenen drei Jahren hierfür über fünf Millionen Euro in Bereiche investiert, die funktionsfähig und einsatzbereit sein müssen“, erklärte Weith.
Der Bürgermeister hob hier hervor, dass „damit hohe Vermögenswerte für mehrere Generationen geschaffen wurden“.
Da hierfür auch Kredite aufgenommen werden mussten, drückt Oberharmersbach auch eine Schuldenlast in Hohe von rund 4,8 Millionen Euro (Stand Ende 2021). Und Schulden müssen irgendwann getilgt werden, was den Spielraum noch mehr einengt.
Die Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamts hatte der finanziell klammen Gemeinde bereits für den Haushalt 2020 ein Haushaltskonsolidierungskonzept auferlegt. Dies bedeutet im Prinzip nichts anderes, als dass Einsparpotenziale gesucht werden müssen und höhere Einnahmen generiert werden sollen. Oberharmersbach hat dies bereits umgesetzt und beispielsweise den Satz für Grund- und Gewerbesteuer erhöht.
Dass die Konsolidierung auch in den Folgejahren fortgesetzt wird, steht für Bürgermeister und Gemeinderat außer Frage. Allerdings in kleinen Schritten, um die stetige Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Und manches, so Weith, liege auch nicht in der Macht der Gemeinde. Weith bat die Einwohner um Verständnis und Unterstützung für den Sparkurs.
Kleine Schritte
Wie klein die Schritte sind, zeigte sich im Laufe der Haushaltsberatung, als es um Einsparmöglichkeiten ging. So will Oberharmersbach die Eintrittsgebühren fürs Freibad und auch für die Hallennutzung „moderat erhöhen“. Und auch die Sachkosten für Märkte sollen eingeschränkt werden. Auch nicht dringende Beschaffungen für die Feuerwehr sollen zunächst verschoben werden. Zusammengezählt bringt das rund 29 000 Euro. Geld, dass für dringende Straßensanierungen eingesetzt werden kann.
Politische Lösung
Oberharmersbachs Bürgermeister nahm die Tatsache, dass der Ergebnishaushalt erneut nicht ausgeglichen werden konnte, zum Anlass für klare Worte in Richtung Gesetzgeber: „Die Abschreibungen können nicht erwirtschaftet werden. Dies wird wohl dauerhaft so bleiben. Für Oberharmersbach und vergleichbare Gemeinden wird es hier wohl über kurz oder lang eine politische Lösung, also eine praktikable Alternative geben müssen.“ Weith spielt hier darauf an, dass nach dem neuen kommunalen Haushaltsrecht „Doppik“ auch die Abschreibungen mit eingerechnet werden.
Auch die sogenannten „Bagatellgrenzen“ bei Förderprogrammen ärgern den Bürgermeister. So müssen mindestens 100 000 oder sogar 200 000 an Kosten anfallen, um überhaupt einen Fachförderantrag stellen zu können. „Insofern bleibt uns nur der Versuch, Zuwendungen aus dem Ausgleichstock zu erlangen“, so Weith und nannte hier aktuell die Teilsanierung des Dachs der Oberharmersbacher Brandenkopf-Schule. Die kostet rund 85 000 Euro – zu wenig für eine Fachförderung.
„In diesem Zusammenhang möchte ich an die Verantwortlichen auf Bundes- und Landesebene appellieren, solche Förderprogramme endlich gegen eine unbürokratische und bedarfsgerechtere Finanzmittelausstattung auszutauschen“, forderte Weith.
Der Gemeinderat genehmigte einstimmig die Haushaltssatzung, die im Ergebnishaushalt rund 6,5 Millionen Euro an Erträgen, rund 6,9 Millionen Euro an Aufwendungen und somit ein Defizit aufweist. Der Finanzhaushalt, der Positionen, die zu Einzahlungen oder Auszahlungen führen umfasst, beläuft sich auf rund 6,2 Millionen Euro und schließt mit einem kleinen Plus. Der Haushalt soll – Stand heute – ohne Kredite auskommen.