Öffentliche Kunst vom Sprayer-Urvater

(Bild 1/2) Der französische Street-Art-Künstler Blek le Rat hat sich auch in Offenburg verewigt – am OT-Pressehaus in der Ritterstraße und an der »Zauberflöte« (kleines Foto). ©Stefan Strumbel
Das ist einmal eine Handschrift: Szene-Star Blek le Rat aus Frankreich hat in Offenburg etwas von seiner Streetart-Kunst hinterlassen. In der Ritterstraße beispielsweise »steht« ein Geigenspieler am Tor des renovierten Pressehauses.
Offenburg. Nach einer halben Stunde erinnert nur noch der Geruch von frischem Lack daran, dass er noch nicht immer da stand: der Geigenspieler im schwarzen Anzug. Er prangt am Tor des OT-Pressehauses in der Gerberstraße – gestaltet von keinem anderen als Blek le Rat. Der Sprayer, Jahrgang 1951, gilt als der Urvater der Streetart-Szene. Er wird nicht nur in seiner Heimat Frankreich als großartiger Künstler gefeiert; auch in Deutschland werden mancherorts seine öffentlichen Kunstwerke durch Glas geschützt.
Die Lieben als Thema
Er stellt sich mit seiner Kunst vor, sagt le Rat. Oftmals sind seine Lieben Thema, das berühmteste Graffiti zeigt seine Frau, eine Leipzigerin, als Madonna. In Offenburg stellt er nun seinen Sohn vor: »Er wird ab nächstem Jahr mit dem Erasmus-Programm in Deutschland studieren«, sagt der Vater. Einerseits ist er stolz auf den Filius, andererseits ist es das erste Mal, dass der 21-Jährige länger von zu Hause weg ist. Vielleicht 20- oder 25-mal, schätzt der Vater, wird er seinen Sohn auf einer Wand verewigen. In Deutschland taucht das Motiv zum ersten Mal auf, aber die Reise des Geigenspielers führte schon über Santiago de Chile, Lima und Athen.
In der prallen Sonne liegt das Eisentor in der Mittagszeit, und der nahegelegene Polizeiposten wurde vorab über die Aktion informiert. Le Rat lässt sich also Zeit, als er das Kunstwerk mithilfe der Schablonen aufbringt. Diese sind das Markenzeichen des Franzosen – und Grund für den Künstler, auch richtig viel Arbeit in die Vorbereitungen zu investieren. Ein bis zwei Tage wird das Motiv mit Photoshop gestaltet, dann geht es ans Ausschneiden. »Das ist Maßarbeit und dauert rund zwei Tage«, erklärt le Rat. Wenn die Schablonen fertig sind, werden sie im Atelier ausprobiert. Schließlich kommt es auf die Reihenfolge an. Wenn alles passt, geht der Künstler raus. Seine Vorlage hat er in einer alten Kunstmappe verpackt: Der blaue Schutzkarton ist allerdings selbst schon an allen Ecken und Enden geklebt.
Vieles spontan
Der Sprayer klebt die Vorlage an, entscheidet aber spontan, auf den Geigenkasten zu verzichten. Er würde über einen Absatz führen, was die Optik stören würde. Erst kommt die Dose mit der schwarzen Farbe zum Einsatz, nach einer kleinen Trockenpause werden mit Weiß die Lichtschatten aufgesprüht. »Wenn’s schnell gehen soll, klappt es auch in ein paar Minuten«, erklärt er lachend.
Wobei: Dann kann er auch auf kleinere Schablonen zurückgreifen, es muss ja nicht unbedingt eine fast menschengroße sein. Wie die dann aussehen, zeigt sich an der »Zauberflöte«. Dort brachte le Rat eine kleine Ratte an, die munter über den Kanaldeckel zu springen scheint. Und ein Huhn: »Das feiert in Offenburg seine Premiere.« Die ist eine kleine Hommage an das französische Nationaltier, »aber ohne den eitlen Hahnenstolz«.
Am »Zauberflöten«-Areal war le Rat zugange, weil er das künftige Hotel von Willi Schöllmann künstlerisch gestalten soll. Hergestellt hatte den Kontakt Stefan Strumbel. Der Offenburger Künstler kennt das Idol der Szene seit einer gemeinsamen Ausstellung vor ungefähr zehn Jahren.