Bis zuletzt "jung" geblieben

Offenburg trauert: Werner Morstadt ist mit 86 Jahren verstorben

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05. August 2022
Dieses Ende Mai aufgenommene Bild zeigt Werner Morstadt im Offenburger Rebland mit dem „Senatorre“ im Hintergrund.

Dieses Ende Mai aufgenommene Bild zeigt Werner Morstadt im Offenburger Rebland mit dem „Senatorre“ im Hintergrund. ©Privat

Neugierig bleiben und einen positiven Blick auf die Dinge haben: Diesen Rat gibt Werner Morstadt an die Nachwelt weiter. Der Anwalt und ehemalige Burda-Personalchef ist 86-jährig gestorben.

„Ich möchte den Tunnel noch erleben. Deshalb hab’ ich mich entschlossen, 100 zu werden!“: Dieser Wunsch, den Werner Morstadt anlässlich seines 80. Geburtstags am 15. Dezember 2015 äußerte, geht nun nicht mehr in Erfüllung. Der bekannte Offenburger Anwalt ist am Donnerstagabend im Alter von 86 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben. An seiner Seite war wie die letzten 35 Jahre seine Ehefrau Angi, mit der Morstadt ein unzertrennliches und stadtbekanntes Paar bildete. „Das waren keine 35 Jahre, das waren 70 Jahre – so dicht beieinander, wie wir beide leben“, hatte Morstadt jüngst noch zu seiner Frau gesagt.

Sie äußert sich dankbar, mit ihrem Mann ein so glückliches Leben und eine so innige Partnerschaft gehabt zu haben. „Wir haben am 1. Mai noch unseren 30. Hochzeitstag und am 16. Juli meinen Geburtstag feiern können“, erzählt Angi Morstadt. Sie habe mit ihrem Mann viele Gespräche geführt über den Moment, der jetzt gekommen ist. Das gebe ihr viel Kraft.

Auf der Höhe der Zeit

Zu dem Satz ihres Mannes, dass er die Tunneleinweihung 2035 noch erleben will, merkt sie an: „Das hat er vor allem aus politischen Gründen gesagt.“ Wenn er damit dem Bau des Tunnels noch etwas Schützenhilfe geben wollte, hat es geholfen: Der Spatenstich für das Milliardenprojekt ist in greifbarer Nähe und soll 2026 erfolgen. Nicht nur dem Tunnel, sondern vor allem seiner Frau zuliebe, hatte sich Morstadt vorgenommen, 100 Jahre alt zu werden. Dies belegt auch sein ihn bestens charakterisierender Leitsatz: „Ich liebe den Sport, die Politik und am meisten meine Frau!“

Mit einem „alten Mann“ hatte Morstadt wenig gemeinsam. Er bewegte sich wie selbstverständlich auf Facebook und Instagram, das I-Phone war allgegenwärtig. Die Whatsapps und Nachrichten ploppten bei ihm im Minutentakt auf. Er war auch mit weit über 80 voll auf der Höhe der Zeit. Junge Menschen suchten den Kontakt und die Nähe zu ihm, weil er geistreich, witzig, wissend, schlagfertig und in seinem Wesen „jung“ geblieben war. Er kannte sich in allen Themen, ob lokal oder weltpolitisch, bestens aus, ordnete sie kundig ein und hatte stets eine fundierte Meinung zu bieten, die er im Wettstreit der Argumente gerne untermauerte.

Rechte Hand von Burda

Wer Werner Morstadts Vita­ kennt, ist darüber indes nicht verwundert. Darin sind Positionen und Ämter enthalten, die eigentlich für zwei Leben reichen würden. Auf das Abitur 1955 am Grimmelshausen-Gymnasium folgte ein Jura-Studium in Bonn, Berlin, Freiburg und Heidelberg. Schnell holte ihn Senator Franz Burda zu sich. Morstadt übernahm Burdas Rechtsabteilung und wurde später auch zum Personaldirektor ernannt.

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Zugunsten der OB-Kandidatur 1975 gab er den Posten bei Burda auf. Später hat er einmal gesagt, dass ihm von all seinen Stationen die Zeit als Personaldirektor bei Burda die liebste war. Legendär ist, dass er als OB-Kandidat eine Schallplatte mit seinen Wahlversprechen herausbrachte und das Kürzel­ „WM“ verwendete, weil dieses ein Jahr nach dem Gewinn der Fußballweltmeisterschaft 1974 noch riesige Sympathiepunkte brachte. „WM“ schnitt bei der Wahl sehr respektabel ab, das Rennen machte aber Martin Grüber. Nach der lehrreichen Erfahrung eines OB-Wahlkampfes führte Morstadt die elterliche Anwaltskanzlei weiter. Von 1984 bis 1994 fungierte er als Geschäftsführer von Keilbach Kleinpreis und war Berater verschiedener Firmen, unter anderem des Hauses Reiff.

Neben dem ambitionierten beruflichen Pensum hatte Morstadt auch zahlreiche Ehrenämter bekleidet. Viele resultierten aus seiner großen Liebe zum Sport. Er kickte für den OFV und Bohlsbach, für den TCO gewann er die badische Meisterschaft im Tennis, fürs Männerbad acht deutsche Meistertitel und als Leichtathlet lief er die 1000 Meter in sagenhaften 2:37 Minuten.

Als Funktionär lebte er seine­ Liebe zum Sport weiter aus und verantwortete als Präsidiumsmitglied des Internationalen Faustballverbands vier Weltmeisterschaften mit. Beim OFV sprang er von 2003 bis 2006 als Vorsitzender in die Bresche, als der Verein mal wieder brenzlige Zeiten erlebte.

Meisterlicher Netzwerker

Ein Werner Morstadt ohne Politik war ebenfalls nicht vorstellbar. Mit großem Enthusiasmus netzwerkte er im Dienste seiner Freien Wähler Offenburg. Während andere an der Kandidatenliste für die Gemeinderatswahlen verzweifelten, bereitete es ihm großes Vergnügen, Mitstreiter zu suchen. Unter anderem Speerwurf-Weltmeister Johannes Vetter konnte er als Kandidat gewinnen, der auch prompt in den Gemeinderat eingezogen ist und dieses Amt mit großer Begeisterung ausübt.

Er selbst blieb gerne Ratgeber im Hintergrund, politisierte in den Sozialen Medien und tauschte sich am allerliebsten mit seiner Ehefrau Angi aus, oft bis nachts um 2 Uhr. Gerne und aus Überzeugung ließ er ihr als Stadträtin in den Reihen der Freien Wähler den Vortritt.

Stolz war Morstadt auf seine beiden Kinder aus erster Ehe Till und Steffi und seine Enkelinnen Nelly und Marnie. Sie trauern nun gemeinsam wie viele Freunde und Weggefährten um einen Mann, der seinem Grundsatz „Bleib neugierig!“ stets treu blieb. Wenn sie an seine humorvollen und lebensklugen Sätze oder an einige gemeinsamen Anekdoten denken, wird sich bestimmt auch das eine oder andere Lächeln in die Trauer mischen.

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