Offenburger Chor "Vokal total" begeistert in der Waldorfschule
Nach spätestens drei Liedern haben die Zuhörer in der sehr gut gefüllten Waldorf-Aula verstanden, was der Chorname „Vokal total“ meint: Aktiv sei nicht nur die Stimme, sondern der ganze Kerl, Melodie und Text fahren in Arme und Beine.
Die Chorgruppen gehen aufeinander zu oder auseinander, Paare finden sich, die „Mädchen“ setzen sich auf den Boden und himmeln den Solisten an…und das alles mit wiegenden Side-Steps und lächelnden Gesichtern.
Ein Sänger verriet: Eigentlich sollte das Konzert schon im Sommer oder Herbst stattfinden, aber die Parole der Chorleiterin Gaby Blum lautet: „Wir singen erst, wenn es alle auswendig können.“ Nur die vier Gedichte, die eher die melancholische Seite der Liebe zeigten, durften die Sprecher ablesen.
Ansteckend gute Laune
17 Damen und elf Herren bilden diesen Feierabendchor, der in T-Shirts und Jeans auftritt. Er hat Schlager aus den 20er- Jahren, Swing und Jazz-Standards, aber auch beinahe zeitgenössische Hits im Programm und wird von Gaby Blum mit Temperament und großer Präzision geführt. Erstaunlich, zu welcher Spritzigkeit sich die meist reiferen Jahrgänge begeistern lassen – das macht ihnen offensichtlich selbst großen Spaß, der sich natürlich auf die Hörer überträgt. Bekannte Lieder sind originell neu arrangiert, am Klavier begleitet gekonnt und unspektakulär Tatjana Schlegel. Kurze Einwürfe und Background-Summen ersetzen die gewohnte Instrumentalbegleitung.
Entscheidend ist natürlich die Programm-Auswahl. Erfolgsgaranten sind im ersten Teil „Wochenend und Sonnenschein“ (Comedian-Harmonists), „Everybody loves somebody“ (Gershwin), ein Bass-Solo mit Klaus Blum (nicht verwandt mit der Dirigentin), „Killing me softly“ (Charles Fox) oder „Can’t help falling in love“ (Ejvind Dengsø).
Solistisch glänzen Alice Borgella – „You’ve got a friend“ – und Gaby Blum selbst mit „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“. Aber die Chorsänger reagieren auch hier mit Gesten und angedeutetem Partnertausch, sind nicht nur stumme Zuhörer.
Die Lebenslust siegt
Im zweiten Teil, in dem „Moll“ überwiegt, beschreibt ein Gedicht das Ende der Liebe wie ein „leises Sterben“, singt der Chor „Wie kann es sein, dass das Glück sich verkehrt?“ und die Männer – a capella und präzise abgehackt – Grönemeyers „Männer“: außen hart und doch verletzlich…
Aber die Lebenslust siegt am Ende doch. Englisch und jiddisch beteuern die Damen „Bei mir bist du scheen“. Das darf ein Mann dirigieren, und seine zehn Kameraden hauchen hingerissen „Wunderbar!“. Beifallsstürme erntet Alice Borgella für ihr Solo „Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann“, und am Ende tönt vierstimmig der Goisern-Song „Jetzt bist so weit weg von mir“.
Zugabe am Schluss
Riesiger Applaus gibt es am Ende, für den sich ein Chorsprecher beim Publikum bedankt: „Sie waren das Beste, was wir heute kriegen konnten.“ Die Sänger gehen nicht ohne Zugabe „She sleeps, my lady sleeps“.
Und das Publikum fragt: Wann gibt es wieder mal so ein anrührendes Konzert?