Olympiasiegerin Sabine Spitz schult Flüchtlingsfrauen
Rund 20 junge Frauen mit Flüchtlings- und Migrationshintergrund haben gestern mit Olympiasiegerin Sabine Spitz ein Sicherheitstraining für Radfahren absolviert. Die Profi-Bikerin ist Botschafterin von In Via, des katholischen Verbands für Mädchen- und Frauensozialarbeit in der Erzdiözese.
Rasch noch ein Selfie mit Sabine Spitz, dann reihen sich etwa 20 junge Frauen am Donnerstagmorgen zu einem echten Sicherheitstraining mit der Olympiasiegerin und Profi-Bikerin an der Jugendverkehrsschule auf. Es geht nicht um sportliche Höchstleistungen, sondern um die Vermittlung von Sicherheit im Straßenverkehr. Und diese können die Teilnehmerinnen mit Flucht- und Migrationserfahrung wohl gut gebrauchen.
Sie sind Teilnehmerinnen aus drei Projekten von In Via, Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit in der Erzdiözese Freiburg am Standort Offenburg. Herkunftsländer sind Syrien, Irak, Iran, Afghanistan, Kasachstan, Ukraine, Sri Lanka oder Brasilien. Am sonnigen Herbstmorgen ist spürbar, dass dieses Radtraining nicht nur für den Straßenverkehr fit macht, sondern auch zur Integration in der neuen Heimat beiträgt. Auch für das Selbstverständnis der Flüchtlingsfrauen und Migrantinnen sind diese Kenntnisse der Verkehrsregeln wichtig. »Die Männer radeln eben schon lange, viele Frauen trauen sich nicht«, erklärt eine Teilnehmerin.
Sicher im Alltag unterwegs zu sein ist laut In Via ein Teil der Alltagskompetenz, und gerade für Frauen mit Kindern wichtig. »Ich bin dann schneller«, versucht es Badour (22) aus Syrien auszudrücken. Ihre Trainingskollegin Nerouz (36) aus Kurdistan korrigiert mit ihrer Übersetzung. »Man ist schneller am Ziel«, solle das heißen.
Überraschende Regeln
Sabine Spitz (45), Olympiasiegerin von Peking, engagiert sich seit 2009 als In-Via-Botschafterin. An Aktionstagen wie diesem ist sie präsent. Im Renntrikot, mit Radhelm und Trinkflasche dirigiert sie die Kleingruppen durch den Parcours der Jugendverkehrsschule. Dabei wirkt sie aufgeschlossen, freundlich, doch hochkonzentriert. »Stopp« am Zebrastreifen ruft sie, die Frauen sind überrascht. »Ich habe nicht gewusst, dass man da nicht drüber radeln kann«, meint eine Teilnehmerin in schon gutem Deutsch.
Polizeihauptkommissar Hans Peter Huber hatte bereits am frühen Morgen den Schulungsplatz und einige Regeln des Verkehrs vorgestellt. Nun beobachtet er an der Kreuzung, ob die Radlerinnen die Vorfahrtssituation umsetzen. Ein bisschen verhalten, manchmal etwas wacklig, schaffen die meisten die Aufgabe. Wenn nicht, kommt eine weitere Runde dran. Strahlen und Lachen, als Sabine Spitz die Frauen lobt. Drei fahren nicht mit, sie spielen dafür »Passanten«.
Mit großem Aufgebot sind die Mitarbeiterinnen der Sozialarbeit von In Via vor Ort. Barbara Denz, Vorstandsvorsitzende und Petra Hähnel, Regionalleiterin in Offenburg, erklären, aus welchen Projekten die Frauen kommen. Für das Erlernen der deutschen Sprache und Kultur steht »Dounia III«, für Frauen ohne Schulabschluss gibt es das Projekt »Dabei«, und »Ima 3.0« unterstützt bei der beruflichen Orientierung. Die Räder samt Helmen hat die Stadt Offenburg für diesen Tag aus dem Projekt »Mobiles Offenburg« zur Verfügung gestellt. Brezeln und Wasser gibt es vom TÜV, der an der Verkehrsschule beherbergt ist.
Unebene Wege zum Ziel
»Auch auf unebenen Wegen kommt man ans Ziel«, spricht Sabine Spitz allen Teilnehmerinnen Mut zu – ein Satz mit Symbolgehalt, denn alle Frauen wollen sich in der neuen Heimat besser zurechtfinden. »Ich finde das Training toll«, sagt Nerouz – und weiter geht es. »Rückwärtsschauen, Hand heben, abbiegen«, ruft Sabine Spitz. Es klappt schon gut.