Otmar Hansert sammelt diesen Winter Geld für die Pflasterstube
„Da ist so viel Elend zu sehen“: OT-Mitarbeiter Otmar Hansert ruft wieder zu Spenden auf: In diesem Jahr soll die Pflasterstube bedacht werden, die für kostenlose medizinische Versorgung Obdachloser sorgt. Das Geld wird für Medikamente und das Pflastermobil benötigt.
Jedes Jahr ruft Otmar Hansert, Mitarbeiter des Offenburger Tageblatts und bekannt für seine Glosse „Der Schutterwälder an sich“, zu Spenden auf. In diesem Winter soll die Pflasterstube mit dem Erlös bedacht werden. Spenden kann man bis Ende Januar 2021. Im Interview verrät Hansert, warum er jährliche Spendenaufrufe organisiert und wofür das Geld diesmal verwendet werden soll.
Herr Hansert, vergangenen Winter sammelten Sie Spenden für den Erfrierungsschutz, dieses Jahr gehen die Erlöse an die Pflasterstube. Wie kam das?
Seit rund acht Jahren setze ich mich für unterschiedliche Organisationen ein. Meist war es das St. Ursula-Heim. Das Spendengeld wurde insbesondere für den Erfrierungschutz verwendet. Ich sammelte auch Kleidung, Decken, Schlafsäcke, warme Socken et cetera.Zwischendurch hatte ich auch eine Spendenaktion für das Offenburger Frauenhaus durchgeführt. Dieses Jahr ist die Pflasterstube an der Reihe.
Wie kamen Sie auf die Pflasterstube?
Die Pfasterstube ist mir seit vielen Jahren bekannt. Als ich noch bei der Polizei war, ging bereits auf meinen Vorschlag hin eine Spende an die Pflasterstube. Es war gesammeltes beziehungsweise erwirtschaftetes Geld einer Veranstaltung. Die Pflasterstube ist ein Verein, der sich mit Spendengeldern finanziert. Es sind viele Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen. Ärzte im Ruhestand zum Beispiel. Ich nennen hier den Vorsitzenden Axel Richter und den Kassierer Johannes Schadeberg.
Wofür sollen die Spenden dort verwendet werden?
Der Verein Pflasterstube hat im St. Ursula-Heim ein kleines Behandlungszimmer. Dort werden regelmäßig die Leute von der Straße medizinisch versorgt. Sie bekommen Salben und Medikamente. Aber es werden auch dringende Arztbesuche organisiert und bezahlt. Auch Krankenhausaufenthalte werden unterstützt und vor allem Zahnarztbesuche. Die Nichtsesshaften sind meistens nicht krankenversichert. Ganz wichtig ist darüber hinaus das Pflastermobil. Das ist eine sehr sinnvolle Anschaffung. Die Krankenschwester Ute Feibicke-Vogt ist mit dem Mobil im Ortenaukreis unterwegs und sucht die relevanten Treffpunkte auf. Bei Bedarf gibt es eine Behandlung vor Ort. Sie teilt bei dieser Gelegenheit auch mal warme Kleidung aus.
Welcher Betrag kam bei Ihrer letztjährigen Spendenaktion zusammen und wofür wurde das Geld verwendet?
Es waren etwa 18 000 Euro. Die Spenden gingen in die Mitfinanzierung des Erfrierungsschutzes und in diverse Anschaffungen. Es wurden etwa kleine Weihnachtsgeschenke für die Wohnungslosen gekauft, auch die Wärmestube bekam etwas ab.
Warum rufen Sie jedes Jahr zu einer Spendenaktion auf?
Das ist ganz einfach: Es ist notwendig, dass wir auch an die Mitbürger hier „um die Ecke“ denken. Da ist so viel Elend zu sehen. Ich habe durch meine Glossen-Schreiberei die Möglichkeit, zu der Spendenaktion aufzurufen. Dafür bin ich auch dem Offenburger Tageblatt sehr dankbar, dass es mir ermöglicht wird.
Welche Rückmeldung bekommen Sie von Lesern?
Die vielen Leser sind mir dankbar, dass ich die Spendenaktion mache. Sie sehen auch die Notwendigkeit, vor Ort zu helfen. Mein Motto ist übrigens: Nicht die Leute auf der Straße fragen, warum sie da gelandet sind, sondern sich selbst zu fragen, wie ich ihnen helfen kann. Es ist auch ganz interessant, wie oft ich in Sachen St. Ursula-Heim zu Hause angerufen werde. Fast täglich gehen irgendwelche Fragen bei mir ein. Allerdings muss ich die Anrufer immer an das Heim verweisen.
Ich nehme auch keine Kleiderspenden mehr an. Das nahm zeitweise Dimensionen an, dass die Garage vollgestellt war. Ausnahme: Wollsocken. Ich hoffe auf viele kleine und vielleicht auch die ein oder andere große Spende.
Bankverbindung: Empfänger ist die Pflasterstube Offenburg e.V., IBAN: DE 06 6645 0050 1004 2464 84, Kennwort: Winterhilfe Pflasterstube. Die eigene Adresse muss mit angegeben werden.
Corona-Schnelltests sind wichtig: Die Aufgaben der Pflasterstube
„Die Pflasterstubenarbeit ist im Sommer und Winter eigentlich gleich, nur im Winter kommt noch die Kälte dazu“, sagt Axel Richter, Vorsitzender des Fördervereins Pflasterstube im St. Ursula-Heim Offenburg. Der Verein kümmert sich um die medizinische Versorgung von Menschen, die auf der Straße leben. „Diese Menschen sind meistens nicht versichert, weshalb der Verein für Behandlungskosten aufkommt“, so Richter. Oft sind es chronische Krankheiten und Schmerzen, unter denen die Wohnungslosen leiden. Sie werden im Behandlungszimmer im St. UrsulaHeim oder im Pflastermobil untersucht und wenn möglich behandelt. Die Helfer begleiten die Menschen auch zum Arzt, in Ambulanzen oder zu Krankenhausbesuchen. Auch ein zahnärztliches Angebot gibt es, um etwa bei Schmerzen Abhilfe zu schaffen.
In diesem Jahr kam zu den Aufgaben noch das Coronavirus hinzu. „Wir versuchen, Infektionen zu erkennen. Wenn jemand die typischen Symptome zeigt, können wir auch einen Schnelltest machen“, sagt Richter. Bei einem positiven Ergebnis wird der Fall ans Gesundheitsamt weitergeleitet. Dann kommen die Menschen im besten Fall in einer Corona-Ambulanz unter oder in einem Quarantäne-Zimmer. Die Pflasterstube hat laut Richter einen Vorrat an Schnelltests und Schutzausrüstung für die Mitarbeiter besorgt. „Die Schnelltests sind wichtig, um rasch handeln zu können“, betont Richter. Denn die Patienten der Pflasterstube sind Menschen ohne hausärztliche Betreuung oder Anschrift, die im schlimmsten Fall mit positivem Ergebnis nicht mehr auffindbar sind.
Der Verein finanziert sich komplett mit Spenden. „Wir haben das Glück, in der Region ein gutes Echo zu haben und eine tolle Spenderschaft, die uns auch in diesen Zeiten unterstützt“, sagt Richter. Bisher habe die Pflasterstube ihre Hilfen noch nicht einschränken müssen. Zu den Geldspenden kämen derzeit auch viele Schlafsäcke hinzu, die die Helfer direkt an die Wohnungslosen verteilen.