Pfarrer Christian Würtz: »Segen aus der Steckdose«

(Bild 1/3) ©Thomas Reizel
Landesumweltminister Franz Untersteller hat am Freitag den Windpark auf dem Rauhkasten/Steinfirst offiziell eingeweiht. Bei dem Festakt waren zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vertreten.
»Ich habe ja schon ein paar Windkraftanlagen eingeweiht, aber diese ist etwas Besonderes. Mehrere Kommunen und Bürger sind eingebunden.
Das ist nicht überall im Land so, darauf können Sie stolz sein«, sagte Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Freitag bei der offiziellen Inbetriebnahme der Anlage auf dem Rauhkasten/Steinfirst.
Beteiligt sind die Stadt Gengenbach sowie die Gemeinden Friesenheim und Hohberg.
Besonders hob Untersteller hervor, dass sich die Bürger finanziell beteiligen können: »Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich an diesem exponierten Standort 2,5 Prozent Verzinsung realisieren lassen.«
Auch Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer (parteilos) zeigte sich von der Anlage beeindruckt: »Sie ist ein Musterbeispiel dafür, wie es laufen kann, wenn Kommunen über ihren eigenen Tellerrand schauen«, lobte sie die Stadt Gengenbach sowie die beteiligten Gemeinden Friesenheim und Hohberg.
Weiterhin konstatierte sie, dass die Ortenau mit 26 von 35 im Regierungsbezirk genehmigten Windkraftanlagen »unser Schwergewicht ist«.
Landrat Frank Scherer unterstrich die Bedeutung der neuen Anlage und stellte fest: »Ich finde es wunderbar, wenn Windkraft zu einem Volksfest wird.« Denn nach der offiziellen Einweihung fand ab 16 Uhr ein Tag der offenen Tür statt.
Scherer erinnerte daran, dass der Ortenaukreis jetzt 39 Windkraftanlagen in Betrieb hat, die 180 000 Einwohner, also rund 43 Prozent, mit Strom versorgen.
Zwei Anlagen befänden sich im Bau (Nillkopf/Fischerbach), neun seien in der Genehmigungsphase, für vier weitere gebe es Ankündigungen für das Antragsverfahren.
Wolfgang Fettig (Enercon, Investor und 20 Jahre Betreiber der Anlage) bezeichnete den Windpark als Leuchtturmprojekt. Nicht wegen der Größe, die zwar ordentlich, aber eher klein sei, sondern wegen der Art der Zusammenarbeit der Kommunen und deren partnerschaftlichen Ansatz auf Augenhöhe.
An die Politik appellierte Wolfgang Fettig, stabile Rahmenbedingungen zu schaffen und verlässlich zu bleiben. »Die damalige rot-grüne Landesregierung hat die Weichen geändert und einen wesentlichen Startschuss für die Energiewende gegeben«, sagte er.
Genauso wichtig sei es aber auch, für die Windkraft Menschen zu finden, die sich vor ein Projekt stellen und dabei helfen, Hürden zu überwinden.
Gengenbachs Bürgermeister Thorsten Erny hatte vor allen Rednern in seiner Ansprache dargelegt, dass der Bau dieser Anlage »ein Bohren dicker Bretter war«. Bei diesem Projekt sei es ihm von Anfang an wichtig gewesen, die Bürger aktiv mitzunehmen.
Gleichzeitig erinnerte er daran, dass über 300 000 Euro wegen des Baus und Landschaftsverbrauchs als Ausgleichszahlungen an den Landes-Naturschutzfonds geleistet wurden.
Zusage des Ministers
Deshalb will die Stadt an anderen Stellen neue Ökoflächen einrichten. »Ich bitte Sie um Unterstützung, dass unsere Anträge, die mit dem Regierungspräsidium erarbeitet wurden, bewilligt werden und das Geld wieder in die Region fließt.«
Untersteller sagte: »Ich kann Sie beruhigen. Überall da, wo Geld in sinnvolle Projekte investiert wird, dürfen Sie Hoffnung haben.«
Dem katholischen Pfarrer Christian Würtz blieb es vorbehalten, die neue Anlage zu segnen. »Dafür brauchen wir Wind, also die Natur, die Gott geschaffen hat.« Die Anlage aber sei dazu da, um die Natur zu schützen, also Gottes Schöpfung zu bewahren. »Der so erzeugte Strom ist ein Segen aus der Steckdose«, erklärte er mit seinem ihm eigenen Humor.
Zahlen und Fakten
Das Offenburger Tageblatt nennt Zahlen zu den vier Windrädern.
- Eigentümer sind je zur Hälfte die Windenergie Gengenbach GmbH und der Investor Enercon.
- Sie versorgen 9000 Haushalte mit Strom mit 28,4 Millionen kw/h.
- Nabenhöhe 149, Rotordurchmesser 115 Meter.
- Vermiedene Emission 14 800 Tonnen CO2 pro Jahr.
- Die Planung dauerte von 2012 bis 2016.
- Bauzeit von Oktober 2016 bis Juli 2017.
- Pro Windrad waren 450 Lkw-Transporte nötig.
- Die Anlage kostet 21 Millionen Euro.
- In fünf Jahren fanden mehr als 30 Gemeinderatssitzungen, Bürgerinformationsveranstaltungen und Einwohnerversammlungen statt.
Baustein für die Energiewende
- Das Projekt, das Sie auf den Weg gebracht haben, ist vorbildlich. Es ist ein Baustein für die Energiewende im Land Baden-Württemberg.
Franz Untersteller, Landesumweltminister. - Ich freue mich, den Erfolg mit Ihnen zu feiern und zu genießen. Die Ortenau ist im Regierungsbezirk in Bezug auf die Windenergie unser Schwergewicht.
Bärbel Schäfer, Regierungspräsidentin. - Ich danke Gengenbachs Bürgermeister Thorsten Erny und den drei Kommunen. Ich wünsche der Anlage eine stets steife Brise.
Frank Scherer, Landrat des Ortenaukreises. - Ich danke Jochen Brosi, unserem Projektleiter und Werkleiter der Stadtwerke, stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen herzlich. Ich danke auch den Anwohnern der Diersburger Vogelstraße für ihren vorbildhaften Bürgersinn. Sie haben trotz großer Belastungen die Herausforderungen erduldet.
Thorsten Erny, Bürgermeister von Gengenbach, erinnerte an den Schwerlastverkehr auf der einzigen Zufahrt.
- Ich beende meine Ansprache mit einem Satz, den Papst Franziskus auf dem Petersplatz in Rom nach seinen Reden auch immer sagt: »Buon pranzo«.
Christian Würtz, katholischer Stadtpfarrer in Gengenbach und Leiter der Seelsorgeeinheit Vorderes Kinzigtal St. Pirmin, wünschte als letzter Redner der offiziellen Einweihung papstmäßig ein »gutes Mittagessen« und somit guten Appetit.