Publikum liebt gechillte Raupe: So ist das neue Theaterstück "Alice"

(Bild 1/2) In welches Wunderland würde Alice heute aufbrechen, wenn ihr alles zu viel wird? Dieser Frage geht die Junge Theaterakademie in ihrem neuen Stück nach. ©Andreas Wenck
Das Stück „Alice“ von der Jungen Theaterakademie Offenburg hatte am Donnerstag in der Reithalle Premiere. Weitere Aufführungen finden heute um 19 Uhr und am morgigen Sonntag um 17 Uhr statt. Titelheldin Alice, das ist natürlich das kleine Mädchen, das Autor Lewis Carroll in einen wilden, bunten Nonsens-Kosmos versetzte, inklusive entlarvender Parallelen zur realen Welt. Frei nach Motiven aus „Alice im Wunderland“ und „Alice im Spiegelland“, bevölkert von den Menschen, Tieren und sogar Pflanzen, die der Protagonistin begegnen, wurde beim Gemeinschaftsprojekt des Grimmelshausen-Gymnasiums, der Klosterrealschule sowie der Kunst- und der Volkshochschule Offenburg ein funkelnder Traumbilderbogen aufgeblättert.
Mordlustige Herzkönigin
Paul Barone und Patrick Labiche setzten bei Regie und Choreografie auf wandelbare und in alle Richtungen bewegliche Kulissenteile, die bisweilen gar von der Decke herunterschwebten, und auf pfiffige Einfälle wie die Darstellung des Monsters „Jabberwocky“ durch ein wogendes Menschenknäuel. Während die aufwendigen, beim hektischen weißen Kaninchen, dem zynischen Grinsekater, dem verrückten Hutmacher-Paar oder der mordlustigen Herzkönigin gar überbordend verschwenderischen Gewänder ganz „in der Zeit“ blieben (die Originalgeschichten stammen aus den 1860er Jahren), sind die Sorgen und Nöte von Alice, die in der Inszenierung von ihrer Schwester Lorina begleitet wird, zu Hause und im Wunderland höchst heutig.
Helikopter-Erwachsene ertränken die Mädchen in Erwartungen und Ratschlägen, die Königinnen halten ihre Leute mittels Fitness-Zwang und Meditationsgesülze auf schweißtreibendem Trab oder im seligen Tran, und die sprechenden Blumen spielen nicht Schach, sondern müssen sich in einer Talentshow von einer so blasierten wie boshaften Jury runtermachen lassen.
Zum Publikumsliebling avancierte mühelos die gechillte „Raupe“, dicht gefolgt von der überkandidelten Herzkönigin mit explosionsartig ausbrechenden Tobsuchtsanfällen. Die Inszenierung zeigt, was die jungen Darsteller können, sei es bei Darstellung, Tanz, Pantomime oder Musik. Vor allem im zweiten Teil begeistern die Gesangseinlagen der Piraten (die nun nicht aus der Feder von Lewis Carroll, sondern wahlweise aus Nimmerland oder aus Penzance stammen), erst als Schrubber-Percussion-Corps bei „Soon May The Wellerman Come“ und später beim Trio „Here’s A Health To The Company“.
Die Bühnenstars
Im Stück „Alice“ spielen mit: Juliana Barone als „Alice“, ferner Koray Atas, Luisa Barone, Finn Bergmann, Amelie Berns, Alexandra Bilger, Ruby Burg Ferreira, Jonathan Busam, Mattia Catini, Pío Exposíto, Nele Fleig, Simon Frädrich, Ellie Gallus, Pierre Godet, Julia Göbel, Noah Güttler, Smilla Heimburger, Lea Maier, Romea Makaro, Gabriel Manashirov, Elisa May, Emilia Orb, Yara Ramadan, Paula Raus, Emil Reister, Lotte Reister, Marcus Roth, Anna Sauer, Sihaya Su Schatz, Cora Schreiner, Silvio Segarich, Sofia Stapf, Colin Thiel und Amalia Wagner.