Riesenschnauzer soll Passantin gebissen haben
Der Hund einer älteren Frau soll im September 2018 eine Passantin in die Hand gebissen haben. Die Hundehalterin musste sich deswegen vor dem Amtsgericht Offenburg verantworten.
„Mein Hund hat nicht zugebissen“, erklärte die Angeklagte zu Prozessbeginn. Die Geschädigte, eine 31-jährige Frau, die seit zwei Jahren in Deutschland lebt, schilderte den Vorfall als Zeugin. Vom Offenburger Bahnhof aus sei sie an jenem Tag durch die Hauptstraße gelaufen, schließlich am Polizeirevier vorbei Richtung „Forum“-Kino. Als sie an der Ampel, die zum Kino führt, vorbeigelaufen sei, habe sie plötzlich Schmerzen an der linken Hand gespürt.
Der Hund habe sie etwas unterhalb des linken Handgelenks gepackt und zugebissen, daraufhin habe die Angeklagte den angeleinten Hund zurückgezogen. „Es war noch ein bisschen dunkel. Auch durch den Schock dachte ich, dass es sich bei dem Hundebesitzer um einen Mann handelt.“ Als sie den Unbekannten auf den Hundebiss hingewiesen habe, sei dieser, als die Ampel Grün wurde, einfach davongelaufen. Erst drei Tage später, als sie die Angeklagte mit ihrem Hund wieder in der Stadt sah, habe sie erkannt, dass es eine Frau war.
Nach dem Vorfall fuhr ihre Chefin sie zu einem Arzt, die Geschädigte erhielt eine Tetanus-Spritze. Richterin Birgit Burckhart betrachtete mit den Prozessbeteiligten Bilder der Verletzung. Darauf seien Schürfwunden zu sehen, so Verteidiger Thilo Englert (Offenburg). Der Pullover der Geschädigten weise keine Bissspuren auf, betonte er. „Das war ein grob gestrickter Pulli“, sagte die 31-Jährige dazu.
Die Angeklagte gab an, fast jeden Morgen mit ihrem Hund, einem Riesenschnauzer, spazieren zu gehen. Als sie an der Ampel wartete, sei sie relativ weit hinten auf dem Bürgersteig gestanden. „Es war genügend Platz, um vor mir durchzugehen. Ich hatte meinen Hund an der Leine nahe bei mir“, so die Frau. Trotzdem habe sie bemerkt, dass sich eine Frau hinter ihr „durchzwängte.“ „Ich weiß auch nicht, warum sie nicht vorne vorbeigelaufen ist.“ Die Frau habe keinen Schmerzenslaut von sich gegeben, dann aber plötzlich gesagt, sie sei gebissen worden.
Die 31-Jährige erklärte, an dieser Stelle immer weiter hinten zu laufen, da mit Fahrradfahrern, auch gegen die erlaubte Fahrtrichtung, und Fußgängern dort oft ein „Chaos“ entstehe. Dass der Hund hochgesprungen sei, verneinten beide Frauen.
Der Vorfall hat die 31-Jährige emotional stark mitgenommen. „Da ich neu in Deutschland bin, wusste ich nicht, was ich tun kann.“ Sie habe nächtelang nicht geschlafen, habe Panikattacken und könne sich Hunden nicht mehr nähern. In Behandlung hat sie sich deswegen nicht begeben, sie habe versucht, das selbst zu regeln. „In meinem Heimatland habe ich einen Krieg erlebt, da gab es kein Recht. Aber ich hätte nie im Leben gedacht, dass mich ein Hund in Deutschland beißen könnte“, sagte sie den Tränen nahe.
Keine Zahnabdrücke
Verteidiger Englert äußerte Zweifel am geschilderten Vorfall. „Es müsste Abdrücke der Fangzähne des Hundes geben. Falls sie die Hand weggezogen haben, wären Kratzer entstanden – beides gab es aber nicht.“
Ein Beamter der Stadt Offenburg sagte als Zeuge aus, da er den Vorfall bearbeitet hat. „Eine Amtstierärztin stellte fest, dass die hier verhandelte Verletzung nicht zweifelsfrei auf einen Hundebiss zurückzuführen ist“, sagte er. Er kenne die Angeklagte vom Sehen und habe den Hund als ruhig und folgsam wahrgenommen, so der Zeuge.
100 Euro Schmerzensgeld
Die 31-Jährige forderte von der Angeklagten Schmerzensgeld – nach Rücksprache mit ihrem Verteidiger stimmte die Angeklagte einem Vergleich zu – „obwohl mein Hund nicht gebissen hat.“ „Mit 100 Euro Schmerzensgeld und einer Entschuldigung bin ich zufrieden“, sagte die Geschädigte. Die Hundehalterin stimmte zu.
In der Strafsache plädierten sowohl Staatsanwalt Benedikt Greiner, als auch Verteidiger Englert auf Freispruch, da die Verletzung nicht zweifelsfrei von einem Hundebiss stamme, und die Frau ihren Hund angeleint hatte. Richterin Burckhart schloss sich den Anträgen auf Freispruch an.