Kriegsende vor 75 Jahren

So erlebte Nordrach den Zweiten Weltkrieg

Herbert Vollmer
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
03. Mai 2020

Das Kriegerdenkmal erinnert nicht nur an die 88 im Zweiten Weltkrieg gefallenen und 47 vermissten Soldaten, sondern auch an diejenigen, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben auf dem Schlachfeld verloren haben. ©Herbert Vollmer

Der Zweite Weltkrieg endete nach der bedingungslosen Kapitulation der Nazis am  8. Mai 1945. Am Beispiel der Gemeinde Nordrach werden 75 Jahre danach Leid und Schrecken in Erinnerung gerufen. Bis heute gedenken Städte und Gemeinden gefallener Soldaten.

Der Zweite Weltkrieg endete am 8. Mai vor 75 Jahren, in Nordrach bereits einige Wochen vorher. Generaloberst Jodl, der Chef des Wehrmachtführungsstabes, der ursprünglich nur zum Abschluss eines Waffenstillstandsabkommens mit dem Hauptquartier des Generals Eisenhower bevollmächtigt war, unterschrieb am 7. Mai die bedingungslose Kapitulation der deutschen Truppen in Reims. Bereits am 30. April 1945 hatte sich Adolf Hitler durch Selbstmord der Verantwortung seiner verbrecherischen Politik entzogen.

Der Nordracher Pfarrer Nöltner schrieb in seinem einige Wochen später an die Kirchenbehörde in Freiburg verfassten Bericht: „Am 28. Februar 1945 erfolgte ein Bombenangriff auf Nordrach-Kolonie, der Militärlastwagen gegolten hat.

Am 18. April 1945 gab es einen Fliegerangriff mit Bordwaffen, bei dem ein Knabe (Karl Egon Bruder) im Alter von fünf Jahren getötet wurde. Am 19. April 1945 erfolgte die Besetzung des Tales. Gegen Mittag waren alle Höhen ringsum von französischen Truppen genommen.

Zu Gefechten kam es auf der Höhe des Mühlsteins und im Untertal, wobei acht Soldaten und Volkssturmmänner fielen, die auf dem hiesigen Friedhof ihr Heldengrab gefunden haben.
Eine Brücke wurde im Dorf gesprengt und dadurch wurden mehrere Häuser erheblich beschädigt. Die Marokkaner nahmen viele Fahrräder, auch Bargeld und Schmuck weg. Vergewaltigungen kamen während des Durchzugs nicht vor“.

Jüngster Soldat war 18

Die Familie Fehrenbacher auf der Flacken hatte zum Gedenken an die sechs gefallenen Soldaten und Volkssturmmänner unweit ihres Wohnhauses auf dem Haldeneck ein Denkmal erstellen lassen. Der jüngste Soldat war gerade 18 Jahre alt, der älteste Volkssturmmann 47.

Karl Fehrenbacher berichtete, damals 12-jähriger Zeitzeuge, dass die Männer noch am Vorabend bei ihnen auf dem Hof gewesen seien und sich mit Essen und Trinken versorgt hätten. Bei dem Feuergefecht habe auch ein französischer Soldat sein Leben verloren.

- Anzeige -

Othmar Wolf, ein noch lebender Zeitzeuge, bestätigte beim 8. Nordracher Geschichtstag vor zwei Jahren die Sprengung der „Vollmer-Schuhmacher-Brücke“ in der Nähe seines Elternhauses durch deutsche Soldaten. Die Marokkaner hätten nach ihrem Einmarsch verlangt, dass die Brücke sofort wieder befahrbar sein müsse, andernfalls würde der Bürgermeister erschossen. In aller Eile seien daraufhin Baumstämme über den Bach gelegt und mit Brettern belegt worden. 

Die jüdische Lungenheilstätte Rothschild, mitten im Dorf Nordrach gelegen, konnte bis zum 29. September 1942 betrieben werden. An diesem Tag wurden die letzten 18 verbliebenen jüdischen Patienten mit Chefarzt Nehemias Wehl, zwei Krankenschwestern und sechs weiteren Angestellten deportiert, „nach dem Osten abgeschoben“ und mit großer Wahrscheinlichkeit im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.

Am Tag der Deportation waren auch höhere SS-Führer anwesend, die dafür sorgten, dass das Nordracher Heim an den SS-Verein Lebensborn übereignet wurde. Im Nordracher „Haus Schwarzwald“ des Lebensborns kamen von November 1942 bis April 1945 insgesamt 247 Kinder zur Welt. Als die Front immer näher rückte, begann man Anfang März 1945, die Kinder in andere Heime des Lebensborns zu verlegen. Beim Einmarsch der Marokkaner war das Heim bereits geräumt.

Bangen bis 1955

Am 19. April 1945 war für die Nordracher Bevölkerung der Krieg zu Ende. Aber viele Familien bangten, oft noch lange, ob ihr Ehemann, Sohn oder Vater aus dem Krieg heimkehren würde. Erst 1955, zehn Jahre nach Kriegsende, gelang es Konrad Adenauer, mit der Sowjetunion zu vereinbaren, dass die letzten Kriegsgefangenen heimkehren konnten.

Die Bilanz dieses Weltkrieges war verheerend. Mehr als 60 Millionen Menschen verloren ihr Leben. Auch in Nordrach gab es kaum eine Familie, die nicht den Vater oder einen ihrer Söhne verloren hatte. 

Insgesamt stehen auf der Erinnerungstafel, die im Nordracher Rathaus im Flur des 1. Obergeschosses hängt, 88 Namen von gefallenen und 47 Namen von vermissten Soldaten aus Nordrach. Die Gemeinde hat ihre Namen auch auf dem Ehrenmal vor der Kirche aufgeführt.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Offenburg

Das bedeutendste Offenburger Kunstdenkmal, der Offenburger Ölberg aus dem Jahr 1524, erzählt detailreich die Geschichte vom Verrat an Jesu an Gründonnerstag.
vor 3 Stunden
500 Jahre Ölberg
500 Jahre Ölberg: Seit mindestens einem halben Jahrtausend besteht der Offenburger Ölberg, der 1524 erstmals erwähnt wurde. Da das bedeutende Kunstdenkmal die Geschichte vom Verrat an Jesu an Gründonnerstag erzählt, erinnert das OT heute an dieses Jubiläum.
Vernissage der Ausstellung des VON (von links): Rüdiger Stadel (Mitglied kultureller Beirat der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte), Martin Seidel (Sparkasse Kinzigtal), Stefan Medel (Zunftmeister Gengenbach), Theo Schindler (Narrenmeister VON), Gunther Seckinger (VON-Vogt Ortenau), Thomas Rautenberg (Museumsleiter), Christian Daxer (Narrenrat), Gudrun Reiner (Vize-Narrenmeisterin VON), Thorsten Erny (Bürgermeister), Rudi Maurer und Gündüz Askin (beide Narrenräte).⇒Foto: Thomas Reizel
vor 6 Stunden
Ausstellung des Verbandes Oberrheinischer Narrenzünfte
Das Gengenbacher Narrenmuseum startet am Samstag in die neue Saison. Und es hat für ein Highlight gesorgt: Der Verband Oberrheinischer Narrenzünfte präsentiert sich mit ausgewählten Exponaten in der Türmerstube des Niggelturms.
Großen Zulauf hatte bei der Jobbörse der Infostand der Zimmerei Irslinger. Auch Bürgermeister Martin Holschuh (hinten Mitte), Rektorin Henrike Scharsig (vorne rechts) und Organisator Alexander Beathalter (links neben der Rektorin) waren an den Ständen unterwegs.
vor 6 Stunden
"Quelle der Inspiration"
Rund 30 Firmen haben sich bei der dritten Schutterwälder Jobbörse am vergangenen Freitag in der Mörburghalle präsentiert. Unternehmen und Veranstalter ziehen eine positive Bilanz.
Auch im Fürstenberger Hof in Unterharmersbach startet ab April die Museums-Saison wieder. 
vor 8 Stunden
Ein Besuch lohnt sich
Ab April ist geöffnet, im Storchenturm kann ab Ostersonntag Stadtgeschichte geschnuppert werden.
Das Windschläger Orchester trat mit dem Jugendorchester "Jowibo" unter der Leitung von Dirigent Philip Ott auf.
vor 9 Stunden
Heiße Rhythmen aus Afrika
Beim Jahreskonzert des Musikvereins Windschläg am Samstag wurde das Publikum musikalisch nach Afrika entführt. Jugend- und großes Orchester hatten auch einen gemeinsamen Auftritt.
CDU-Kandidaten in Fessenbach (oben von links): Marc Zöller, Marcus Jogerst-Ratzka, Josef Hugle, Monika Freund (in der Mitte von links), Ludwig Holl, Katja Manandhar sowie (unten von links) Paul Litterst und Stephan Seitz.
vor 9 Stunden
CDU-Kandidaten für Ortschaftsrat
Die CDU Fessenbach hat im Gasthaus "Linde" ihre Liste für die Ortschaftsratswahl am 9. Juni aufgestellt.
Luise Schubert feiert ihren 95. Geburtstag in ihrem Geburtshaus in Offenburg. 
vor 9 Stunden
Offenburg
Die Offenburgerin Luise Schubert wird am Donnerstag 95 Jahre alt. Seit ihrer Geburt wohnt sie in der Kronenstraße in der Offenburger Vorstadt.
In der Brückenhäuserstraße wurde ein neuer Point of Presence, also ein Verteiler fürs schnelle Internet, aufgestellt. Dieser steht nahe des Gymnasiums.
vor 14 Stunden
Schritt für schnelles Internet
Der Anschluss Gengenbachs an das Glasfasernetz ist einen Schritt nähergerückt: Am Freitag hat die Breitband Ortenau GmbH & Co. KG in der Brückenhäuserstraße nach eigenen Angaben vom Dienstag einen Point of Presence errichtet.
Ehrungen (von links): Silke Merzweiler (geehrt für 25 Jahre Mitgliedschaft) mit dem Vorsitzenden Jürgen Britsch und Reinhard Brunner, langjähriger Beisitzer, der aus dem Vorstand verabschiedet wurde.
vor 14 Stunden
Generalversammlung
Generalversammlung des RMSV Bohlsbach: Bei den Neuwahlen wurden die Vorstände in ihren Ämtern bestätigt.
Der Pachtvertrag fürs "Bistro unter den Pagoden" läuft aus.
vor 21 Stunden
Wer erhält den Zuschlag?
Das 2001 eröffnete "Bistro unter den Pagoden" in der Offenburger Stadtmitte wird saniert und dann neu verpachtet: Ab April können sich Interessenten, die das Café betreiben wollen, bei der Stadt bewerben.
Pretty Pink. 
vor 21 Stunden
"OG Distrikt"
Tipps für die Tage über und nach Ostern hat DJ Martin Elble wieder zusammengestellt. Dafür blickt er auch über den Rhein.
Bei der Spendenübergabe (von links): Stefanie Link (Aktiv im Ried), Erwin Moser (Vorsitzender Hausacher Bärenadvent), Manuela Schwärzel (Aktiv im Ried).
vor 22 Stunden
Neuried
Verein Aktiv im Ried hilft dem Hausacher Bärenadvent für dessen Arbeit

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.