So erlebte Nordrach den Zweiten Weltkrieg
Der Zweite Weltkrieg endete nach der bedingungslosen Kapitulation der Nazis am 8. Mai 1945. Am Beispiel der Gemeinde Nordrach werden 75 Jahre danach Leid und Schrecken in Erinnerung gerufen. Bis heute gedenken Städte und Gemeinden gefallener Soldaten.
Der Zweite Weltkrieg endete am 8. Mai vor 75 Jahren, in Nordrach bereits einige Wochen vorher. Generaloberst Jodl, der Chef des Wehrmachtführungsstabes, der ursprünglich nur zum Abschluss eines Waffenstillstandsabkommens mit dem Hauptquartier des Generals Eisenhower bevollmächtigt war, unterschrieb am 7. Mai die bedingungslose Kapitulation der deutschen Truppen in Reims. Bereits am 30. April 1945 hatte sich Adolf Hitler durch Selbstmord der Verantwortung seiner verbrecherischen Politik entzogen.
Der Nordracher Pfarrer Nöltner schrieb in seinem einige Wochen später an die Kirchenbehörde in Freiburg verfassten Bericht: „Am 28. Februar 1945 erfolgte ein Bombenangriff auf Nordrach-Kolonie, der Militärlastwagen gegolten hat.
Am 18. April 1945 gab es einen Fliegerangriff mit Bordwaffen, bei dem ein Knabe (Karl Egon Bruder) im Alter von fünf Jahren getötet wurde. Am 19. April 1945 erfolgte die Besetzung des Tales. Gegen Mittag waren alle Höhen ringsum von französischen Truppen genommen.
Zu Gefechten kam es auf der Höhe des Mühlsteins und im Untertal, wobei acht Soldaten und Volkssturmmänner fielen, die auf dem hiesigen Friedhof ihr Heldengrab gefunden haben.
Eine Brücke wurde im Dorf gesprengt und dadurch wurden mehrere Häuser erheblich beschädigt. Die Marokkaner nahmen viele Fahrräder, auch Bargeld und Schmuck weg. Vergewaltigungen kamen während des Durchzugs nicht vor“.
Jüngster Soldat war 18
Die Familie Fehrenbacher auf der Flacken hatte zum Gedenken an die sechs gefallenen Soldaten und Volkssturmmänner unweit ihres Wohnhauses auf dem Haldeneck ein Denkmal erstellen lassen. Der jüngste Soldat war gerade 18 Jahre alt, der älteste Volkssturmmann 47.
Karl Fehrenbacher berichtete, damals 12-jähriger Zeitzeuge, dass die Männer noch am Vorabend bei ihnen auf dem Hof gewesen seien und sich mit Essen und Trinken versorgt hätten. Bei dem Feuergefecht habe auch ein französischer Soldat sein Leben verloren.
Othmar Wolf, ein noch lebender Zeitzeuge, bestätigte beim 8. Nordracher Geschichtstag vor zwei Jahren die Sprengung der „Vollmer-Schuhmacher-Brücke“ in der Nähe seines Elternhauses durch deutsche Soldaten. Die Marokkaner hätten nach ihrem Einmarsch verlangt, dass die Brücke sofort wieder befahrbar sein müsse, andernfalls würde der Bürgermeister erschossen. In aller Eile seien daraufhin Baumstämme über den Bach gelegt und mit Brettern belegt worden.
Die jüdische Lungenheilstätte Rothschild, mitten im Dorf Nordrach gelegen, konnte bis zum 29. September 1942 betrieben werden. An diesem Tag wurden die letzten 18 verbliebenen jüdischen Patienten mit Chefarzt Nehemias Wehl, zwei Krankenschwestern und sechs weiteren Angestellten deportiert, „nach dem Osten abgeschoben“ und mit großer Wahrscheinlichkeit im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Am Tag der Deportation waren auch höhere SS-Führer anwesend, die dafür sorgten, dass das Nordracher Heim an den SS-Verein Lebensborn übereignet wurde. Im Nordracher „Haus Schwarzwald“ des Lebensborns kamen von November 1942 bis April 1945 insgesamt 247 Kinder zur Welt. Als die Front immer näher rückte, begann man Anfang März 1945, die Kinder in andere Heime des Lebensborns zu verlegen. Beim Einmarsch der Marokkaner war das Heim bereits geräumt.
Bangen bis 1955
Am 19. April 1945 war für die Nordracher Bevölkerung der Krieg zu Ende. Aber viele Familien bangten, oft noch lange, ob ihr Ehemann, Sohn oder Vater aus dem Krieg heimkehren würde. Erst 1955, zehn Jahre nach Kriegsende, gelang es Konrad Adenauer, mit der Sowjetunion zu vereinbaren, dass die letzten Kriegsgefangenen heimkehren konnten.
Die Bilanz dieses Weltkrieges war verheerend. Mehr als 60 Millionen Menschen verloren ihr Leben. Auch in Nordrach gab es kaum eine Familie, die nicht den Vater oder einen ihrer Söhne verloren hatte.
Insgesamt stehen auf der Erinnerungstafel, die im Nordracher Rathaus im Flur des 1. Obergeschosses hängt, 88 Namen von gefallenen und 47 Namen von vermissten Soldaten aus Nordrach. Die Gemeinde hat ihre Namen auch auf dem Ehrenmal vor der Kirche aufgeführt.