Sonntags-Lärm führt zu Schlägerei mit Grillrost im Garten
Ruhestörung hat in Offenburg zu einer Prügelei zwischen Nachbarn geführt. Ein Grillrost soll im Spiel gewesen sein. Beide saßen sich am Mittwoch vor dem Amtsgericht gegenüber: der Lärmverursacher als Nebenkläger, sein Nachbar als Angeklagter wegen gefährlicher Körperverletzung.
Letztendlich war es die Sache mit dem Grillrost, die am Mittwoch eine Verhandlung vor dem Amtsgericht Offenburg zwischen einem 42-jährigen Angeklagten und seinem 60-jährigen Nachbarn, dem Nebenkläger, komplex gestaltet hat. Der 42-jährige Offenburger musste sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, weil er auf seinen Nachbarn losgegangen sein und ihn dabei unter anderem mit einem Grillrost zweimal geschlagen haben soll, so die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft.
Der 42-jährige Staplerfahrer schaute laut Anklage an einem Sonntag im April 2016 mit seiner Frau fern und fühlte sich dabei von seinem 60-jährigen Nachbarn, der im Garten mit einer Säge hantierte, gestört. »Jeden Sonntag macht er Lärm«, sagte er. Er habe ihn an dem Tag aufgefordert, ruhig zu sein. Doch stattdessen soll dieser ihn beleidigt haben. »Das war der letzten Tropfe«, übersetzte die Russisch-Dolmetscherin den Angeklagten, der wie auch der Nebenkläger gebrochen Deutsch sprach.
Er sei auf seinen Nachbarn zugeeilt und habe dessen Werkzeugtisch umgestoßen. Dann soll es aber der Nebenkläger gewesen sein, der ihn zuerst geschlagen habe. Er selbst sei erst dann handgreiflich geworden, als der 60-jährige den Sohn des Angeklagten, der seinem Vater zu Hilfe kam, gepackt und »weggeworfen« habe. Dann soll der 60-Jährige den Rost gepackt und den 42-Jährigen geschlagen haben. »Ich habe ihm den Rost aus der Hand gezogen und weggeworfen.«
»Nur weggeschubst«
Der Nebenkläger stellte vor Gericht eine andere Version dar. »Ich bin schon 60 Jahre alt, wieso sollte ich ihn schlagen?«, übersetzte die Dolmetscherin den Nebenkläger. Der 42-Jährige habe ihm Schimpfwörter an den Kopf geworfen, nicht umgekehrt. »Er ist auf mich losgegangen. Ich habe ihn nie geschlagen. Ich habe ihn nur weggeschubst«, sagte er. »Er ist 40, ich bin 60. Ich habe mich verteidigt«, sagte der Nebenkläger, der ein Kopf größer ist als sein Gegenüber.
»Und der Grillrost?«, fragte Richterin Eva Weckert. »Es ging alles so schnell«, sagte der 60-Jährige. Ein Augenzeuge hat laut eigenen Aussagen aber beobachtet, wie der Angeklagte den Nebenkläger mit einem Grillrost schlug. Beide Nachbarn mussten nach ihrer handfesten Auseinandersetzung im Krankenhaus behandelt werden. Sie hatten unter anderem Prellungen und Verletzungen im Gesicht.
Gefährliches Werkzeug?
»Wir haben hier keine erheblichen Verletzungen, die auf einen Grillrost zurückzuführen sind«, sagte Verteidiger Curt von Lowtzow (Offenburg). Er stellte die Frage in den Raum, ob der Grillrost wirklich ein gefährliches Werkzeug sei.
Von Lowtzow schlug vor, »dass die beiden Herren doch auf sich zugehen, sich die Hand geben und sagen sollen: ›Es tut uns leid.‹« Doch die Vertreterin der Nebenklage, Rechtsanwältin Maria Tsianaka-Kaiser (Zell a. H.), gab sich wegen des Grillrosts nicht einverstanden. Auch stimmte sie nicht ein, dass beide Parteien die entstandenen Verhandlungskosten selbst tragen. Richterin Weckert warf Paragraf 153a StPO (Strafprozessordnung) mit Täter-Opfer-Ausgleich in den Raum. Dem stimmten allerdings der Verteidiger und sein Mandant nicht zu.
So kam es am Mittwoch doch zu einer Verurteilung. Richterin Weckert entschied auf vorsätzliche Körperverletzung und verurteilte den Angeklagten zu 60 Tagessätzen von je 40 Euro. Aufgrund von Beweisproblemen sah sie von einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung ab. »Doch wer mit einem Grillrost jemanden gegen den Kopf schlägt, nimmt eine Verletzung billigend in Kauf.«
Wer den Rost genommen hat, kann sie nicht sagen. Die Staatsanwaltschaft hielt 90 Tagessätze zu je 30 Euro für angemessen. Tsianaka-Kaiser sprach von gefährlicher und Von Lowtzow sprach von einer fahrlässigen Körperverletzung.
Plätze tauschen
Der Angeklagte und Nebenkläger werden möglicherweise auch noch die Plätze tauschen. Gegen den Nebenkläger läuft ein Verfahren. Außerdem gibt es seitens des 60-Jährigen auch eine Schmerzensgeldklage. Das will der Angeklagte erwidern.
Einsätze
Gerade an Wochenenden und in warmen Sommermonaten erreichen die Polizei laut Polizeikommissar Rüdiger Schaupp vermehrt Anrufe wegen Ruhestörungen. Um 22 Uhr, wenn in der Regel die Nachtruhe eintritt, werden die meisten Fälle gemeldet. »Die Zunahme über den Sommer ist vielen Faktoren geschuldet«, sagt Schaupp und nennt offene Fenster oder das Nachtleben auf der Straße. 2016 gab es in Offenburg 206 Einsätze der Polizei, im gesamten Präsidiumsbereich 1721.
Die Polizei arbeitet in Sachen Ruhestörungen eng mit der Stadt zusammen. »Auch wenn eine Ruhestörung von Anfang an mit einem Bußgeld belegt werden kann, wird in der Regel zunächst einmal versucht, Ruhe herzustellen«, sagt Schaupp. Auch ohne Bußgeld, wenn der Betroffene einsichtig ist. »Und es ruhig bleibt, was der Regelfall ist.« Ist das aber nicht der Fall, kann neben der Anzeige wegen Ruhestörung – an die Stadt als Bußgeldbehörde – laut Schaupp auch ein Gebührenbescheid der Polizei wegen erneuter Anfahrt erfolgen. Fruchtet das alles nicht, dann darf die Polizei laut dem Polizeigesetz auch zu härteren Maßnahmen greifen: zum Beispiel eine Stereoanlage beschlagnahmen.