Straßen rund um den Gengenbacher Ziegelwaldsee gesperrt
Die Stadt Gengenbach hat die Zufahrten zum Ziegelwaldsee für Autos und Motorräder gesperrt. Abertausende winzige Erdkröten sind in dem Gewässer geschlüpft und suchen sich jetzt an Land eine neue Bleibe. Das Vorkommen der Amphibien gilt als landesweit bedeutsam.
Pünktlich um 9 Uhr hat Otto Lienhard (Schützenverein Gengenbach) am Dienstag die drei Schranken am Ziegelwaldsee geschlossen, um Amphibien vor Autos und Motorrädern zu schützen. Das Gewässer dient vor allem den Erdkröten als Laichplatz.
Jetzt ist die neue Generation geschlüpft. Abertausende Winzlinge, sie messen nur bis zu einem Zentimeter, machen sich jetzt auf den Weg an Land.
»Der Krötenbestand ist zwar etwas zurückgegangen, aber es sind immer noch sehr viele da«, bilanziert Otto Lienhard, der seit zehn Jahren zuverlässig die Schranken öffnet und schließt.
Diese befinden sich in Höhe des Schützenvereins und der Reitanlage (Gemeindeverbindungsweg zwischen Strohbach und Bermersbach) sowie aus Richtung Gengenbach in der verlängerten Bürgermeister-Herb-Straße.
Otto Lienhard rechnet damit, dass die Schranken je nach Witterung bis zu vier Wochen geschlossen sein könnten.
Schon 2005 hatte die Stadt Gengenbach ein Papier veröffentlicht, wonach das Vorkommen von Amphibien rund um den Ziegelwaldsee als landesweit bedeutende Population eingestuft ist.
Außer den Erdkröten kommen hier unter anderem Feuersalamander und Kammmolche vor, die noch heute auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten stehen. Für die Erdkröte gilt in Baden-Württemberg die Vorwarn-stufe des Artenschutzes.
Verzicht auf Freizeitanlagen
Um diese Amphibien zu schützen, hat die Stadt auf Einrichtungen wie Campingplatz oder Abenteuerspielplatz am Ziegelwaldsee verzichtet. Seit 2005 ist das Baden im Ziegelwaldsee zudem wegen der schlechten Wasserqualität und aus versicherungsrechtlichen Gründen verboten.
Das Gewässer verfügt über steile und vegetationsarme Ufer. Das führe dazu, dass sich Kaulquappen nicht vor Raubfischen verstecken können und für sie ein gefundenes Fressen sind. Einzig die der Erdkröten seien bei ihnen unbeliebt.
Zum Schutz der Amphibien wurden schon ab Januar die Straßen in den Nächten der Hauptwanderung zu ihren Laichplätzen geschlossen. »In einer Nacht können bis zu hundert Erd-
kröten überfahren werden«, informierte die Stadt damals.
Deshalb wurde im Bereich des Parkplatzes am Anglerheim ein Amphibienwanderweg abgetrennt.
Doch auch auf dem geteerten Feldweg zum See wurden viele Erdkröten überfahren. Hier wandern sie nicht nur, sondern die Männchen warten hier wegen der Übersichtlichkeit gerne auf Weibchen.
Deshalb sei dieser Feldweg zurückgebaut und nur noch für Radfahrer und Fußgänger geöffnet worden.
Fischfreier Teich
Zur Verbesserung des Lebensraums für die Amphibien wurden vor Jahren unter anderem auch Ackerflächen in eine Streuobst- und Feuchtwiese umgewandelt sowie Vertiefungen angelegt, in denen sich Regenwasser sammelt. Für Grasfrösche und kleinere Molche ist ein zusätzlicher fischfreier Teich entstanden.
»Schrankenwärter« Otto Lienhard sagte am Dienstag im Gespräch mit dem Offenburger Tageblatt, dass es auch Kröten in Schwaibach und Reichenbach gibt, aber in deutlich geringerem Umfang. Ganz zu schützen seien die Amphibien trotz aller Vorkehrungen aber nicht, denn: »Etliche werden auch von den Störchen geholt.«
Erdkröte
Die Erdkröte ist ein wechselwarmes Tier, das im Allgemeinen dämmerungsaktiv ist. Tagsüber ruhen die Tiere unter Steinen, zerfallenen Mauern, Totholz, Laub, Gebüschen oder in selbst gegrabenen Erdlöchern.
Streuobstwiesen und parkartige Landschaften werden wegen der abwechslungsreichen Strukturen besonders gerne bewohnt. Als Fortpflanzungsgewässer werden vor allem Weiher, Teiche und Seen genutzt.
Die Anzahl der Eier eines Weibchens liegt meist bei 3000 bis 6000. Zum Vergleich: In Gengenbach wurden 2001 alleine in aufgestellten Fanggefäßen mehr als 7000 Erdkröten gezählt.
Nach drei bis fünf Jahren werden die Tiere geschlechtsreif. Männchen werden bis zu neun Zentimeter groß, Weibchen bis zu zwölf, die Lebenserwartung beträgt rund zehn bis zwölf Jahre.