Vollständiges Klangbild in der Wallfahrtskirche
Oberharmersbach/Steingaden. Schon bei der Auftragsvergabe an den renommierten Oberharmersbacher Orgelbauer war das Glockenspiel für die weltbekannte Wieskirche im bayrischen Allgäu vorgesehen. Als dann, überwiegend aus Spenden finanziert, das meisterlich erneuerte und allen Forderungen des Denkmalamtes und der Kirchenmusik gemäße Instrument im September 2010 eingeweiht wurde, war der finanzielle Spielraum ausgereizt, um nicht zu sagen: das Budget überstrapaziert.
Doch für einen so überragenden »Klangraum« durfte eine besondere Rarität nicht fehlen. Ein großes Glockenspiel mit zusätzlichem »Zimbelstern«. Dieses seltene barocke Spiel- und Effektwerk ist ein absolutes »Sahnehäubchen« wie Claudius Winterhalter es formulierte. So bedurfte es im Allgäu ein letztes Mal der intensiven Suche nach Sponsoren. Der Erfolg gab den Initatoren recht. Vor einem halben Jahr begann die Oberharmersbacher Firma Winterhalter mit der Planung und Herstellung.
Kein Geringerer als der »Königlich Niederländische Hoflieferant« Eijsbouts lieferte die 37 Schalenglocken aus Bronzeguss mit einem Tonumfang von c° bis c´´´. Die Spielmechanik fertigte die Firma Winterhalter selbst nach eigener Konstruktion. Bereits 2010 hatte man im dreimanualigen Spieltisch und an den Trakturen im Instrument alles vorbereit, damit über eine dynamische Hammermechanik die Glocken angespielt werden können. Ihr festlicher Klang ist sowohl solistisch als auch in Kombination mit anderen Registern möglich. Zusätzlich kann der Organist mit den kleinen Glocken des Zimbelsterns (Klangfolge f‘, c‘‘, f‘‘, a‘‘) wunderbar Weihnachtsmusik begleiten »zum Lobe Gottes und Freude der Menschen«.
Der holländische Glockengießer ist dafür bekannt, die im Teiltonaufbau von Schalenglocken auftretende »Mollterz« besonders gut in den Klang des Tones einzubinden. »Die Klangmodulation wirkt besonders schön, wenn man sie aus der Tiefe des Raumes hört«, freut sich nicht nur Orgelbaumeister Winterhalter.
Zur feierlichen Segnung durch Prälat Gottfried Fellner erklang das nunmehr vervollständigte und perfektionierte Instrument zum ersten Mal. Und der Anlass war passend: Die Übertragung des »Gegeißelten Heilandes« von Steingaden in die Wieskirche jährte sich vor Wochenfrist zum 275. Mal. Grund genug für Organist Anton Guggenmos, die Feierlichkeit durch eine Orgelnacht würdig zu umrahmen.