Weihbischof Berger: »Die Wunden bleiben zurück«
Eine beeindruckende und nicht alltägliche Feierstunde erlebten die Gläubigen in der Oberharmersbacher Pfarrkirche zum Abschluss des Umbaus. Der Freiburger Weihbischof Michael Gerber weihte den Altar. In seiner Predigt sprach er auch deutlich Fehler der Kirche an, was den Umgang mit zurückliegenden Missbrauchsfällen durch einen früheren Pfarrer angeht.
Der Spielmanns- und Fanfarenzug sowie die Historische Bürgerwehr geleiteten am Sonntag den Freiburger Gast in die Pfarrkirche. Der Kirchenchor unter der Leitung von Andreas Müller sowie Dieter Benson an der Orgel gestalteten den Gottesdienst gemeinsam mit den Kommunionkindern. Mit Weihbischof Gerber konzelebrierten Pfarrer Bonaventura Gerner, Kooperator Peter Seibt, Pfarrer Alfred Haas sowie Bruder Stephan und Bruder Markus die Messe.
Die Liturgie bestimmte die Reihenfolge der Segnung. Dabei ragte die Weihe des Altars heraus, begleitet von der Allerheiligenlitanei mit dem Solisten Andreas Müller. Weihbischof Gerber salbte die Altaroberfläche mit Chrisamöl, ein Sinnbild für die heilende Botschaft des Evangeliums. An fünf Stellen auf dem Altar brannten kleine Flammen mit Weihrauch als Symbol für die Wundmale. Die Erfahrung zeige, so Gerber, dass oft auch noch nach Jahren diese Brandspuren zu finden seien.
An solche Spuren erinnerte der Zelebrant in seiner Predigt. Die heutige Weihe sei auch Ausdruck einer besonderen Verpflichtung der Kirche, Menschen mit besonderen leidvollen Erfahrungen zu helfen. Diese den Menschen zugefügten Wunden blieben auch zurück, wie die besagten Stellen auf dem Altar. »Es ist schmerzlich zu wissen, dass die Kirche ihrer Verantwortung nicht immer nachgekommen ist«, kritisierte er die Haltung der Diözese zu den Fällen des Missbrauchs in Oberharmersbach. Gerade den Menschen mit existenziellen Tiefpunkterfahrungen müsse verstärkt die Fürsorglichkeit der Kirche gelten.
»Unverlierbare Würde«
Das öffentliche Auftreten Jesu mit Taufen am Jordan, dem tiefsten Punkt der Erdoberfläche, soll auch zeigen, dass Menschen, die ganz unten stünden, aus ihrer tiefen Not herausfinden könnten. Dazu gehöre auch die ständige Aufmerksamkeit der Kirche, immer auf die »unverlierbare Würde des Menschen« bedacht zu sein, wie Weihbischof Gerber eindringlich hinwies.
Architekt Michael Wieseler freute sich danach über den »reibungslosen und unfallfreien Arbeitsablauf«. Künstler Alois Landmann skizzierte seinen Ansatz der Transparenz im Chor der Pfarrkirche.
Bürgermeister Siegfried Huber sprach auch als Aufsichtsvorsitzender der Bürgerenergiegenossenschaft, von der nunmehr die Kirche Wärme bekommt. Als Spende überreichte er einen symbolischen Betrag von 500 Euro. Er mahnte ebenfalls an, dass sich solche Vorgänge nicht wiederholen dürften. Mit der Gründung der Initiative »S.T.A.R.K! e.V.« habe man ein deutliches Zeichen gegen Missbrauch gesetzt.
In der Kirche sollten »unbelastete Räume« geschaffen werden. Pfarrer Bonaventura Gerner blickte zurück auf das lange Zaudern der Diözese und die Fortschritte unter dem neuen Erzbischof Stephan Burger, dem das Vorhaben ein persönliches Anliegen war.
Stilles Gedenken
Der Kreis der Zeremonie schloss sich, als Weihbischof Gerber und Pfarrer Gerner den Gedenkstein in der rechten Seitenapside der Pfarrkirche segneten. Hier soll mit einem künstlerisch umgestalteten größeren Teilstück des bisherigen Altars der Missbrauchsfälle gedacht werden, die durch den früheren Ortspfarrer B. in den Jahren von 1967 bis 1991 auch in der Pfarrkirche verübt wurden (wir berichteten mehrfach). Nach einem stillen Gedenken zeigte Weihbischof Gerber mit einer symbolischen Geste seine Betroffenheit. In die konzentrischen Kreise, die an der Stele-Halbkugel an Wellenbewegung im Wasser erinnern, legte er eine kleine Perle.