Amtsgericht Offenburg

Was passiert, wenn Angeklagte eine Verhandlung schwänzen?

Sandra Biegert
Lesezeit 3 Minuten
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02. Februar 2018

©Peter Heck

Im Offenburger Amtsgericht war am Mittwochvormittag alles bereit für die Verhandlung einer Strafsache. Doch weil der Angeklagte fehlte, musste der Termin vertagt werden. Das ist durchaus kein Einzelfall. Aber mit welchen Konsequenzen muss bei Fernbleiben vor Gericht eigentlich gerechnet werden?

Eine öffentliche Hauptverhandlung in einer Strafsache im Amtsgericht Offenburg – eigentlich nichts Besonderes. Richter, Staatsanwalt, Protokollant und Verteidiger sind bereits anwesend. Die geladenen Zeugen warten im Nebenraum darauf, aufgerufen zu werden, um ihre Aussage zu machen. Andere Termine oder die Arbeit mussten für das Gerichtsverfahren hinten angestellt werden. Ärgerlich für alle Beteiligten wird es, wenn dann der Angeklagte, um den es schließlich geht, nicht auftaucht. 

Knappe Stunde gewartet

So geschah es am Mittwochvormittag. Wegen »Exhibitionistischer Handlungen« hätte ein Mann vor dem Amtsgericht Offenburg erscheinen sollen, tat er aber nicht. Nach einer zehnminütigen Wartezeit beantragte der Staatsanwalt die Vorführung des Angeklagten. Richterin Eva Weckert kam diesem Wunsch nach. Eine Polizeistreife fuhr zu der gemeldeten Anschrift des Angeklagten, wo er aber auch nicht aufzufinden war. Insgesamt 50 Minuten nach eigentlichem Prozessbeginn wurden die drei Zeugen dann entlassen und die Verhandlung vertagt.

Häufig Drogensüchtige

Ute Körner ist auch Richterin am Offenburger Amtsgericht. Für sie sind der Verhandlung fern bleibende Angeklagte oder auch Zeugen nichts Neues. Offizielle Statistiken dazu gebe es zwar nicht, aber: »Ich schätze, dass bei meinen Verhandlungen etwa jeder zehnte Angeklagte fern bleibt«, erzählt sie. Dabei könne das variieren: »In einem Monat sind alle da, im nächsten fehlen dann drei, das ist ganz unterschiedlich.« Meistens handle es sich dabei um Drogenabhängige, denen es schwerfällt, sich an Termine zu halten.

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In jedem Fall hat das Nicht-Erscheinen vor Gericht aber Konsequenzen. »Wenn der Angeklagte ordnungsgemäß geladen wurde und keine Entschuldigung vorliegt, folgt in der Regel ein Haftbefehl«, so Körner. »Als milderndes Mittel kann der Angeklagte natürlich wie hier vorgeführt werden, aber um ihn am Verhandlungstag ausgiebig zu suchen fehlt oft die Zeit.« Eine Vorführung könne als Maßnahme reichen, wenn klar sei, wo der Angeklagte wohnt oder arbeitet. Die Gefahr, dass er am zweiten Termin wieder nicht auftaucht, bestehe aber weiter. In diesem Fall werde dann ein Haftbefehl ausgesprochen.

Die entstehenden Kosten für das Ausbleiben der Gerichtsverhandlung werden dem Verursacher auferlegt, in diesem Fall dem Angeklagten. Das können zum Beispiel Zeugenauslagen wie die Fahrtkosten oder Verdienstausfälle sein. Andersherum sind aber auch Zeugen in der Pflicht, bei Verhandlungen zu erscheinen. Wenn der Termin wegen ihnen ausfällt, müssen sie dem Angeklagten seine Kosten erstatten. »Zeugen sind da meistens sehr zuverlässig. Sie haben den Termin manchmal aber einfach vergessen oder verplant«, meint Körner.

Dreimal nicht erschienen

Erst im Dezember musste sie wegen Nichterscheinen vor Gericht einen Haftbefehl ausstellen. In diesem Fall erschien der Angeklagte dreimal nicht zur Verhandlung. Da dieser in Straßburg lebte, konnte Körner ihn nicht durch eine deutsche Polizeistreife vorführen lassen. Nachdem der Angeklagte per europäischem Haftbefehl gesucht wurde, konnte er in Frankreich festgenommen werden. Da so schnell keine Termine bei Gericht mehr frei waren, musste er fast zwei Monate in Untersuchungshaft verbringen. Körner erklärt: »Die Haft ist in solchen Fällen notwendig, um zu gewährleisten, dass Angeklagte zur späteren Verhandlung auch wirklich erscheinen.«

Der Folgetermin für die eingangs beschriebene Verhandlung ist übrigens im März. Dann soll der Angeklagte von vornherein durch die Polizei zum Gerichtstermin vorgeführt werden.

Hintergrund

Kosten eines Gerichtsverfahrens

Die Kosten für ein Gerichtsverfahren sind nach Angaben von Staatsanwältin Miriam Kümmerle nach komplexen Regeln bestimmt und vor allem einzelfallbezogen. Grundsätzlich ließen sie sich aber in zwei Bereiche aufteilen:

Kosten des Verfahrens: Gebühren, die das Gericht für eigene Handlungen in Rechnung stellt und Auslagen, die es für die Handlungen anderer vorgestreckt hat. Das sind zum Beispiel Gebühren für die Zustellung von Entscheidungen, Kosten für Rechtsanwalt und/oder Psychosozialen Begleiter für den Geschädigten einer Straftat, Zeugenentschädigungen oder Kosten für einen Sachverständigen.

Notwendige Auslagen eines Beteiligten: Die vermögenswerten, also in Geld messbaren Aufwendungen eines Verfahrensbeteiligten, die zur Rechtsverfolgung erforderlich waren. Das können der Angeklagte, Privatkläger, Nebenkläger oder Nebenbeteiligte sein, bei denen zum Beispiel Kosten bei der Anreise anfielen. Ein Verdienstausfall für Zeiten, in denen sie durch Gericht oder Polizei vernommen worden sind oder Kosten für einen Rechtsanwalt können da auch noch mit einfließen. 

Beispielrechnung: Person X wird festgestellt, weil sie betrunken Auto gefahren ist. Es wird durch einen Arzt eine Blutprobe entnommen und im Labor untersucht. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage vor Gericht. Person X beauftragt einen Rechtsanwalt, der mit vor Gericht erscheint. Fußgänger Y wird als Zeuge gehört. X wird zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt und die Fahrerlaubnis wird entzogen. Das Urteil wird Person X zugestellt und rechtskräftig. 

Die Verfahrenskosten setzen sich so zusammen: Blutentnahme und Analyse: 105,60 Euro, Gebühr für die Durchführung des Gerichtsverfahrens: 140 Euro, Gebühr für Entziehung der Fahrerlaubnis: 70 Euro, Gebühren für eine Zustellung: 3,50 Euro, Auslagen des Zeugen Y für die Anfahrt ans Gericht und Verdienstausfall: 53 Euro. Gesamt: 372,10 Euro. Dazu kommt die Geldstrafe von insgesamt 1000 Euro. Kosten für den Rechtsanwalt werden vom Gericht nicht in Rechnung gestellt, da X diesen bereits selbst gezahlt hat.

Grundsätzlich gilt:
Wird der (erwachsene) Angeklagte verurteilt, trägt er die Kosten. Wird er freigesprochen, trägt die Staatskasse die Kosten. Kosten des Verfahrens, die der Angeklagte durch eine schuldhafte Säumnis (Fernbleiben der Verhandlung) verursacht hat, werden ihm auch im Fall des Freispruchs auferlegt.

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