Wie die Sommerschule Jugendliche mit Defiziten fit macht
Büffeln ist cool: Bei der sechsten Sommerschule in Offenburg machen sich 34 Schüler in ihren Problemfächern fit. Ihre Motivation wird durch kleine Klassen und ein interessantes Nachmittagsprogramm gestützt. Gestern gab es im Obergeschoss der Erich-Kästner-Realschule Besuch von Staatssekretär Volker Schebesta.
»Ich habe mich angemeldet«, sagt ein Schüler selbstbewusst. Vielleicht ist genau das das Geheimnis, weshalb die 34 künftigen Achtklässler aus Offenburger Werkreal- und Realschulen in der letzten Ferienwoche morgens diszipliniert aufstehen und sich zum Unterricht in Englisch, Mathe und Deutsch einfinden. Worauf sie sich einlassen, haben sie gewusst – schließlich haben sie sich selbst dafür entschieden.
»Wir gehen immer erst in die Klassen und stellen den Stundenplan vor«, erklärte Alexandra Herrmann von der Bildungsregion Offenburg. Sie ist Projektleiterin der Sommerschule und nimmt die Anmeldungen der Schüler entgegen. Dann werden die Eltern zum Elternabend eingeladen – und wenn sie zustimmen, darf der Nachwuchs am kostenlosen Bildungsangebot teilnehmen.
Eine Gruppe beschäftigte sich mit dem Bruchrechnen. Realschullehrerin Tina Mutterer hatte Tipps, wenn besonders fiese Brüche auftauchen: »Ihr könnt schauen, was man wegkürzen kann.«
Im Klassenzimmer nebenan schrieben die Teilnehmer des Deutschkurses an einem Krimi. »Das ist schon spannend«, berichtete ein Mädchen. Bianca Saage hatte zudem noch einmal für Klarheit gesorgt, was den Satzbau angeht: »Das war gewünscht worden.« 16 Schüler mit Migrationshintergrund wurden zudem in zwei kleinen Gruppen unterrichtet. »Zu Hause ist es eh nur langweilig«, erklärte ein Junge aus Syrien, weshalb er sich gerne für den Unterricht in den Ferien angemeldet hatte und strahlte.
Auch selbstbewusster
Der Unterricht orientiert sich eng am Bedarf der Teilnehmer. »Bei mir gab es einen Eingangstest«, sagte Martin Reinhardt, der normalerweise in Oberkirch Englisch unterrichtet. Nach dieser Bestandsaufnahme hat er nach dem ersten Tag dann ein kleines Programm zusammengestellt: Seine sechs Schülerinnen wollen vor allem Texte besser verstehen und Präsentationstechniken lernen. »Oft können sie es, trauen sich aber vor der Klasse nicht«, hat er herausgefunden. In der kleinen Gruppe bricht das Eis, die Schüler werden selbstbewusster. Und die Handreichungen aus der Sommerschule begleiten viele bis zum Ende ihrer Schulzeit: Er prüfte kürzlich die ersten Sommerschüler, die nun ihren Hauptschulabschluss abgelegt haben. »Sie orientierten sich immer noch an meinem Material – da geht einem als Lehrer das Herz auf«, sagte Reinhardt.
Damit die Sommerschüler ihr Wissen aufbewahren können, schenkte ihnen Volker Schebesta einen USB-Stick. Der Staatssekretär und Landtagsabgeordnete besuchte die Schüler in ihren Klassen und ließ sich vor Ort erklären, was eine Studie der Hochschule Ludwigsburg herausgefunden hatte: Die 2010 ins Leben gerufene Sommerschule wirkt nachhaltig, weshalb 2016 insgesamt 39 Standorte genehmigt wurden.
Dafür stand Caroline Oelschlegel, die vor zwei Jahren teilgenommen hatte. Die inzwischen 15-Jährige hat nun ihren Schulabschluss und ein Stipendium in der Tasche. »Ich will Bauingenieurin werden«, sagte sie. Sie berichtete, dass die Sommerschule ihre Motivation gestärkt habe: »Ich hatte davor keine Ziele.« Um diese zu festigen, gibt es nach dem einwöchigen Kurs im laufenden Schuljahr noch drei weitere Nachbesprechungstermine mit den Lehrern.
Nachmittagsprogramm
Gestärkt werden die Schüler zusätzlich in ihrer Persönlichkeit: Nachmittags können sie mit Claudio Esposito einen Song produzieren, mit Ömer Coruh Selbstverteidigung lernen oder mit Theo Langmann klettern. Abschließend gibt es täglich einen Rück- und Ausblick. Der heißt unter anderem: Schulbeginn in den Ferien um 8 Uhr – und alle freuen sich darauf.