Wie soll ich lächeln – durch die Maske?
Wir waren ziemlich leichtsinnig über den Sommer – jetzt hat uns COVID-19 wieder im Griff. Also: Maske auf und grimmig lächeln; es sieht eh keiner.
Friday I’m in love sang einst The Cure, eine geniale Rock-Wave-Gothic Band aus dem südenglischen Crawley. Nun ja, Liebe ist in meinem biblischen Alter so eine Sache; lieber nicht, alles schon erlebt, zu anstrengend. Außerdem müsste ich singen: Es ist Donnerstag, und ich bin verliebt. Nicht in die schöne Nachbarin, die nette Kollegin oder mein Fahrrad (zu alt) – nein, in die unendlichen Weiten der Wochenschau. Weil ich mir nämlich am Tag vor Freitag keine Gedanken machen muss, wie ich in diesen nachrichtenarmen Coronazeiten meine zwei Spalten füllen soll. Zaubert mir ein Lächeln aufs Gesicht. Denn derzeit ist es ziemlich mopsig, Zeitung zu machen – wenn nix mehr stattfindet und der Rest ausfällt. Natürlich entwickeln wir Serien, Formate, Geschichten, Ideen, bis das Kleinhirn quietscht – vierspaltig ist meist nicht das ganz große Problem; und manches passiert dann tatsächlich doch. Aber die zwei Spalten. Brr. Wie schön, dass es die Wochenschau gibt; da quält mich wenigstens donnerstags keine Sorge.
Ich habe mir schon überlegt, eine tägliche Wochenschau zu schreiben – mit allem Möglichen und Unmöglichen, das an einem Tag passiert. Wochenschau würde dann natürlich nicht passen, Tagesschau ist als Begriff besetzt; naja, da fiele mir was ein. „Krügers täglicher Wahnwitz“ vielleicht. Vorübergehend habe ich von dieser Idee Abstand genommen – aber wer weiß? Für eine gewisse Zeit wäre es vielleicht ganz schick. Wir sollten uns aber nicht einbilden, dass ich so lange durchhalte, wie es COVID-19 gibt. Ich bin in vier Jahren in Rente.
Das Virus haben im Sommer wohl manche Leute falsch eingeschätzt, angefeuert von den unsäglichen Corona-Leugnern, die im Klumb und ohne Maske in unseren Städten demonstrierten. Corona ist zurück (war ja nie weg) – und das mit Macht. Die Experten haben davor gewarnt, aber uns war ja das Feiern, das Verdrängen und der Spaß wichtiger als Vorsicht und Rücksicht. Und das unsolidarische Kleinklein der Bundesländer mit ihrem ganzen Corona-Wirrwarr. Was wäre Thüringen oder anderen Ländern ein Zacken aus der Krone gefallen, die bayerischen Verschärfungen mitzugehen, wenn dort Corona gefährlich steigt? Eine Regelung, eine klare Linie, die Leute wüssten Bescheid, das Virus würde jetzt nicht so wüten. Aber nein, wir sind föderal bis zum Abwinken und auch noch stolz darauf.
Und die ganzen COVID-Leugner. Irgendwie sind sie ein wenig verstummt, nicht wahr? Hat Corona sie dahingerafft? Oder sollte Einsicht in manche Köpfe eingezogen sein? Dritte Möglichkeit: Sie sind es, die jetzt wieder in Panikkäufen das Klopapier im Supermarkt abräumen. Der Mensch ist ein komisches Tier – mir fällt es manchmal schwer zu lächeln. Wie man behaupten kann, Corona sei nichts weiter als eine Grippe, ich verstehe es nicht. Die echte Grippe ist auch kein Pappenstiel, aber COVID-19 noch 20 Mal tödlicher als sie, sagen Experten.
Die Menschheit stirbt an der schieren Masse, mit der sie diesen Planeten flutet; und an ihren beschränkten Möglichkeiten von Herz und Hirn. Bis dahin: Maske auf, vielleicht kommen wir noch eine Zeit lang davon. Die Maske lässt sich ertragen. Und wenn wir sie nach einiger Zeit wieder abnehmen, ist das doch ein tolles Erlebnis. Ah, diese frische Luft, herrlich.
Nur eines stört mich: Niemand nimmt meine Mundpartie wahr. Nein, ich meine nicht den zauseligen grauen Bart. Ich habe festgestellt, seit ich des Öfteren Maske trage, wie viel ich mit der Mimik kommuniziere. Ein freundliches Lächeln gehört dazu. Das sehen wirklich gute Beobachter auch an den Augen. Ja. Aber vor allem am Mund. Und genau den sehen sie unter der Maske nicht. Ja, ich bin ein freundlicher Mensch, trotz meines Grantelns über die beschränkte Menschheit. Lächeln hilft auch in COVID-Zeiten.
Und wie sagt es der große Charlie Chaplin? „Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.“
Schönes Wochenende!