Offenburg

Wohin geht die Klinikum-Reise in Offenburg?

Christian Wagner
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03. Juni 2017
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©Christel Stetter

Der Kernsatz von OB Edith Schreiner steht: »Nach Offenburg gehört ein Klinikum!« Intensiv diskutiert wird allerdings, ob die beiden jetzigen Standorte Ebertplatz und Josefsklinik weiterbetrieben werden oder ob ein neues Großklinikum in Offenburg gebaut wird. Schreiner hat hierfür schon einmal vorsorglich fünf mögliche Standorte benannt. 

Am Reißbrett ist die Frage nach der Krankenhaus-Zukunft in Offenburg schnell geklärt. Man würde sich natürlich für den Neubau eines Großklinikums entscheiden, der langfristig aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoller ist und auch bessere medizinische Abläufe garantiert. Allerdings hat die Debatte auch eine emotionale Seite: An den jetzigen Standorten Ebertplatz und Josefsklinik hängt viel Herzblut.

»Am liebsten im Josefs«

»Atmosphärisch war es unübertroffen, einfach wunderbar!«, schwärmt Jan Willem Siebers, von 1985 bis 2011 Chefarzt der Geburtshilfe und Gynäkologie an der Josefsklinik, von dem Haus in der Weingartenstraße. »Wenn ich krank wäre, dann am liebsten im Josefskrankenhaus«, sagt Siebers. 

Er stellt aber zugleich fest: »Die medizinische Versorgung wird auf Dauer nur schwer bezahlbar sein.« Die Menschen würden immer älter und damit auch häufiger krank. Forschung, neue OP-Technologien und OP-Techniken mit Robotern kosteten immer mehr, sagt Siebers voraus. Gleichzeitig sei eine Top-Qualität nur leistbar, »wenn Sie alle operativen Fächer unter einem Dach haben«. Dass etwa derzeit die Orthopädie in Gengenbach ist, nennt Siebers »ein Unding«. Wenn bei einer OP etwas passiere, müssten die Patienten nach Offenburg auf die Intensivstation gefahren werden. 

Siebers sieht deshalb langfristig in einer Konzentration auf einen Standort in Offenburg die beste Lösung. Und da das beengte Ortenau-Klinikum am Ebertplatz die Josefsklinik mit all ihren Betten nicht aufnehmen könne, spreche dies für einen Neubau. »Wenn es gelingen würde, eine Großklinik atmosphärisch zu gestalten, das wäre die Top-Lösung«, betont Siebers.

Jens-Uwe Folkens, von 1987 bis 2015 Chefarzt der Kinderklinik am Ebertplatz, sorgt sich ebenfalls ein wenig: »Das ist eine Horrorvorstellung – eine Kinderklinik im vierten Obergeschoss eines Großklinikums.« Vergleichsweise schnucklig präsentiert sich die derzeitige Mutter-Kind-Klinik am Ebertplatz. Bis dies so weit war, hat es allerdings gedauert: »Anfangs war sie in einem ganz erbärmlichen Zustand. Ich habe fast nur Baustellen erlebt«, blickt Folkens zurück. Nach der Fusion und Übernahme der Geburtshilfe sei schließlich das Mutter-Kind-Klinikum entstanden. Es sei recht übersichtlich, während man sich im restlichen Klinikum schon verlaufen könne, so Folkens.

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»Drei Standorte schwierig«

Dass das Ortenau-Klinikum Offenburg mit Ebertplatz, Josefsklinik und Gengenbach derzeit auf drei Standorte verteilt ist, hält Folkens »für schwierig«. Irgendwann gehöre das alles zusammen. Rochaden, wie jetzt geplant die Orthopädie nach Kehl zu verlagern, seien nicht wirklich sinnvoll. 

Wegen der Enge am Ebertplatz und der notwendigen Konzentration der Standorte ist Folkens Befürworter eines Neubaus. Der SPD-Stadtrat glaubt, dass es hierzu schnell eine Entscheidung geben wird, schließlich stünden im OP-Bereich des Ortenau-Klinikums Offenburg Investitionen in Höhe von 150 Millionen Euro an – und da müsse man rasch wissen, wo man diese tätigt. Folkens hält den Neubau und die Konzentration auch vor dem Hintergrund der Personalgewinnung und -bindung für unabdingbar: »Sie werden keine Leute mehr kriegen, wenn Sie so viele Standorte haben.«

»Es ist kein Geldthema, sondern ein Thema der bestmöglichen Behandlung und bestmöglichen Personalgewinnung«, sagt Alt-Bürgermeister und Kreisrat Christoph Jopen (SPD) zu der derzeitigen Debatte, die man ergebnisoffen führe und für die man sich Gründlichkeit leisten müsse. Die hohe Investition schrecke vielleicht ab, aber die Gebäudekosten würden weniger als zehn Prozent der Betriebskosten ausmachen, merkt Jopen an. Für den Fall, dass der Kreistag zur Entscheidung komme, dass ein Neubau die beste Lösung sei, könne dieser 2030 stehen. 

Quälende Gedanken

Bei Ingrid Fuchs sind mehr Emotionen im Spiel. 48 Jahre war sie am Josefskrankenhaus tätig, lange Zeit als Pflegedienstleiterin. Auch nach ihrer Pensionierung ist die CDU-Stadt- und Kreisrätin noch unermüdlich als Patientenfürsprecherin für das Ortenau-Klinikum im Einsatz. Der Gedanke, dass eines der beiden Häuser schließen könnte, quält sie. Sie wollte sich deshalb nach einigem Ringen auf die OT-Anfrage zur Klinikzukunft nicht äußern.
INFO: Voraussichtlich in seiner Sitzung am 23. Juli will der Kreistag über die Zukunft der Krankenhäuser im Ortenaukreis entscheiden.

Hintergrund

Offenburger Krankenhausgeschichte

1912: Das für 723 000 Mark gebaute städtische Krankenhaus in der Oststadt mit 103 Betten wird eingeweiht. Nach dem Ersten Weltkrieg wird das Gebäude des ehemaligen preußischen Lazaretts integriert.
1932: Das städtische Krankenhaus erhält eine Röntgenabteilung.
1956: Die Franziskanerinnen vom Göttlichen Herzen Jesu eröffnen in der Weingartenstraße das St. Josefskrankenhaus. 
1960/61: Der Josefsklinik wird eine gynäkologisch-geburtshilfliche Abteilung angegliedert, die nahezu 28 Jahre lang vom legendären Dr. Josef Bau geleitet wird.
1977: Der Ortenaukreis übernimmt das städtische Krankenhaus.
1984: Das 50 Millionen Mark teure neue Bettenhaus mit OP-Saal und Notaufnahme wird am Ebertplatz eingeweiht.
1987: Die Gynäkologie am Josefs wird erweitert.
2005: Städtisches Krankenhaus und Stadtklinik Gengenbach schließen sich zum Klinikverbund Offenburg-Gengenbach zusammen.
2010: Das Ortenau-Klinikum Offenburg-Gengenbach fusioniert mit der St. Josefsklinik. 

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