650 Mitarbeiter gehen gegen Arbeitsplatzabbau auf die Straße
Mit einer Menschenkette haben 650 Mitarbeiter der Firma Bosch am Donnerstag in Bühl gegen einen Stellenabbau demonstriert. Das Unternehmen bekennt sich zu den Standortvereinbarungen.
Rund 450 Beschäftigte der Firma Bosch sind am Donnerstag dem Aufruf der Gewerkschaft IG Metall Offenburg gefolgt und haben mit der Bildung einer Menschenkette gegen einen geplanten Stellenabbau demonstriert. Trotz bestehenden Standortsicherungsvertrags sollen laut Gewerkschaft 20 Prozent der Stellen im indirekten Bereich wegfallen. Ende Juli war vonseiten der Gewerkschaft gar noch von 1700 infrage stehenden Arbeitsplätzen die Rede, was einem Anteil von 40 Prozent der Mitarbeiter entsprechen würde.
„Diese im Raum stehende Zahl kann ich nicht bestätigen“, erklärt Simone Pfauz, Sprecherin von Bosch für die Standorte Bühl/Bühlertal, auf Anfrage der Mittelbadischen Presse. Im August habe Bosch Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern aufgenommen, für Details sei es jedoch noch zu früh. „Jede Zahl, die ich jetzt nennen würde, wäre falsch“, sagt Pfauz. Es stehe jedoch außer Frage, dass der Standort Bühl weiterhin ein Leitwerk im internationalen Fertigungsverbund bleiben werde und das Kompetenz-, Ausbildungs- und Entwicklungszentrum hier angesiedelt bleibe.
„Es sollen gemeinsam Lösungen gefunden werden, um die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Standortes nachhaltig zu sichern“, kündigt Pfauz an. Bosch Bühl/Bühlertal stehe jedoch zu der Anfang 2019 getroffenen Standortvereinbarung und wolle diese auch erweitern. In der Vereinbarung sichert das Unternehmen zu, bis Ende 2025 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und garantiert Investitionen in den Standort.
Bosch habe jedoch Verständnis dafür, „dass die Mitarbeiter in der aktuellen und für alle herausfordernden Situation Sorge um ihre Arbeitsplätze haben“ und dies bei der Aktion der IG Metall kundtun.
Auch der in Bühl angesiedelte Geschäftsbereich Bosch Electrical Drives ist laut Pfauz durch die abnehmende Nachfrage und den wachsenden Preisdruck im Markt stark belastet. „Schon vor der Corona-Pandemie befanden sich Teile des Geschäftsbereichs in einer wirtschaftlich schwierigen Situation.“ Corona habe die Lage weiter verschärft.
Haushaltssperre verhängt
Die Stadt Bühl mit Bosch und Schaeffler als große Arbeitgeber ist von der angespannten Situation in der Automobilbranche besonders belastet. Erst vor einer Woche hatte der Zulieferer Schaeffler angekündigt, bis 2022 rund 4400 der bislang 84 000 Arbeitsplätze abbauen zu wollen. Als Antwort auf die Krise und sinkende Gewerbesteuereinnahmen hat die Stadt im vergangenen Jahr eine bis heute anhaltende Haushaltssperre verhängt.
Die Haushaltssperre sei nicht coronabedingt zustande gekommen, sondern bedingt durch die Transformationsthematik bei den Großunternehmen der Stadt, erläutert Oberbürgermeister Hubert Schnurr. „Schaeffler ist der stärkste Gewerbesteuerzahler für unsere Stadt.“ Bosch hingegen zahle als Stiftung „mehr oder weniger keine Gewerbesteuer“. Der Verlust von Arbeitsplätzen bei Bosch schlage sich jedoch nicht nur in der Einkommenssteuer nieder, es bedeute auch einen Verlust für die Dienstleister und den Einzelhandel vor Ort.
Die Krise der Automobilindustrie könne die Stadt dennoch in den nächsten Jahren mit einem blauen Auge überstehen, meint Schnurr. Zum einen, weil sich der Arbeitsplatzabbau bei Schaeffler über mehrere Jahre hinziehen soll, zum anderen, weil das Unternehmen die Elektromotorenentwicklung und -produktion in Bühl ansiedeln will. „Das ist die positive Botschaft, und ich bin Schaeffler und allen beteiligten Akteuren sehr dankbar, dass es uns gelungen ist, diesen Bereich nach Bühl zu holen“, betont Schnurr. Das sei eine Zukunftsperspektive für die Stadt und ihre Zulieferer. Im Gegensatz zu anderen Städten, deren Wirtschaft ausschließlich von der Automobilindustrie abhängt, können Bühl zusätzlich noch auf „gute Mittelständler setzen, die auch Arbeitsplätze anbieten, wie GMT, Bada, Kaba und Uhu“.