Prozess um getöteten Offenburger Arzt

Verfahren um getöteten Offenburger Arzt: Der 2. Prozesstag

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01. Februar 2019
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Der Angeklagte wird am ersten Prozesstag in den Saal geführt. Auch am zweiten äußerte er sich nicht zur Tat.

Der Angeklagte wird am ersten Prozesstag in den Saal geführt. Auch am zweiten äußerte er sich nicht zur Tat. ©Ulrich Marx

Im Arztmord-Prozess hat Donnerstag vor dem Offenburger Landgericht die Arzthelferin ausgesagt, die die Tat beobachtet hat. Der somalische Angeklagte äußerte sich am zweiten Verhandlungstag weiterhin nicht zur Tat.

Ihre Aussage war schwer auszuhalten. Eine 50-jährige Arzthelferin schilderte gestern vor dem Landgericht Offenburg, wie sie im August vergangenen Jahres den tödlichen Angriff auf ihren Chef, einen Offenburger Hausarzt, erlebt hat. »Wir freuten uns auf den Urlaub«, berichtete die 50-Jährige. In der folgenden Woche wäre die Praxis geschlossen gewesen. »Es hat geklingelt. Dann flog die Tür auf. Der Täter ist hereingestürmt, und ohne sich umzublicken in das Sprechzimmer gerannt. Er hat gerufen ›was hast du gemacht‹ und dann drei mal hintereinander auf den Oberkörper meines Chefs eingestochen«, berichtete die Frau. 

Der Angeklagte kannte den Arzt noch als Patient. 2016 hatte er mehrfach seine Praxis aufgesucht. Als Motiv vermutet die Staatsanwaltschaft, dass A. sich wegen einer vermeintlich falschen Behandlung rächen wollte. Laut der Arzthelferin hatte der Arzt keine Chance, sich zu wehren, weil er zwischen dem Schreibtisch, einem Schrank und dem 27-jährigen Idiris A.  eingeklemmt war. Die 50-Jährige versuchte ihrem Chef zu helfen – allerdings vergeblich. »Er hat geschrien ›hilf mir‹. Ich habe versucht den Arm des Angeklagten wegzuziehen. Der Mann ist wütend geworden und hat sich zu mir umgedreht. Mein Chef konnte ihn daraufhin wegstoßen.« Doch der Angeklagte ließ der Zeugin zufolge trotzdem nicht von dem Arzt ab. Der habe es noch zur Tür geschafft und sei dort zusammengebrochen. »Der Mann  hat immer noch auf ihn eingestochen.«   

Am Kinn verletzt

Die Frau verletzte er am Kinn, als sie versuchte ihm das Messer zu entwinden. Von dem Hausarzt ließ er offensichtlich erst ab, als es klingelte. Da sei der Somalier wieder hinausgerannt. »Das Messer hat er im Bauch stecken lassen. Ich bin wieder zum Chef gerannt. Er war von Stichen übersät.« 

Die Arzthelferin identifizierte den 27-Jährigen als Täter. »Ja, er war es. Ich will ihn aber nicht anschauen.« Die Aussage verfolgte der Angeklagte mit vor der Brust verschränkten Armen und grimmigem Blick. Zu der Zeugin gewandt, sagte er: »Ich kenne sie nicht.« Der Flüchtling leugnet auch sonst vehement die Tat. Eine weitere Zeugin, die die Praxis unmittelbar nach der Tat betrat, fragte er: »Wo haben Sie mich gesehen? Ich war nicht da. Ich war in meiner Wohnung.« Die Frau hatte berichtet, dass ihr ein dunkelhäutiger Mann entgegenkam, als sie die Praxis betrat.

 

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Die Arzthelferin zeigte sich in der Befragung überzeugt, dass der mutmaßliche Täter die Absicht hatte, ihren Chef zu töten. »Er kam mit hundertprozentiger Mordabsicht«. Auf sie machte er den Eindruck, geübt im Umgang mit dem Messer zu sein. »Er hat das nicht zum ersten Mal gemacht. Ihm ging es nicht darum meinen Chef zu verletzen. Er wollte ihn töten.« In der Befragung nach der Tat hatte die Zeugin gesagt, der Täter habe gewirkt »wie im Rausch«. Auf Nachfrage bestätigte sie diesen Eindruck nochmals. Drogen können aber nicht dafür verantwortlich gewesen sein. Dem ärztlichen Bericht zufolge, hatte der Angeklagte vor der Tat weder Alkohol noch Drogen konsumiert. 

Für die Arzthelferin hatte die Tat fatale Folgen. »Ich habe mich total zurückgezogen, aus Angst mit jemandem über die Tat reden zu müssen. In ihrem erlernten Beruf werde sie demzufolge nie mehr arbeiten können. Die Staatsanwaltschaft Offenburg hält es für möglich, dass der Mann an einer psychischen Erkrankung leidet, die Auswirkungen auf seine Schuldfähigkeit gehabt haben könnte. Der Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes eines Offenburger Flüchtlingsheims, in dem der Somalier eine Zeit lang untergebracht war, berichtete unter anderem, dass der Flüchtling immer wieder mit sich selbst gesprochen habe. 

Ein Einzelgänger

Ein anderer Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes beschrieb ihn als Einzelgänger. Längere Unterhaltungen seien mit ihm nicht möglich gewesen. Laut dem Protokoll des Sicherheitsdienstes kam es zu Beschwerden über A. Auch bei der Polizei gibt es eine Akte über ihn. Die weist drei Vorstrafen wegen Hausfriedenbruch, zwei wegen Körperverletzung und eine wegen unerlaubter Einreise auf. 

Im Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg fiel er ebenfalls negativ auf. Der Somalier wurde Anfang September 2018 laut dem Krankenhaus einmal für eine Stunde wegen eines bedrohlichen Verhaltens fixiert. Er sei sehr gereizt und angespannt gewesen. Er habe geschrien und sich gegenüber den Mitarbeitern aggressiv verhalten.

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