Aus Liebe zum Heimatort auf den Lebenstraum verzichtet

(Bild 1/2) Auch nach 14 Jahren nimmt Robert Reifschneider gerne als Ortsvorsteher von Rheinau-Rheinbischofsheim an seinem Schreibtisch Platz. ©Ellen Matzat-Sauter.
Robert Reifschneider setzt sich seit 2009 als Ortsvorsteher sehr engagiert für die Ziele und das Wohl der Bürger von Rheinbischofsheim, einem Teilort von Rheinau, ein. Aus Liebe zu seinem Wohnort verzichtete der 63-Jährige sogar auf die Erfüllung seines Lebenstraums: die Bürgermeister-Kandidatur sowohl in Sasbachwalden, Kappelrodeck als auch in Ottenhöfen. Ausgleich findet der Tausendsassa als Comedian und Kabarettist.
Als bekannt wurde, dass Reifschneiders Vorgänger Rainer Welsche sich nicht mehr der Wahl als Ortsvorsteher in Rheinbischofsheim stellt, wurden neue Kandidaten für dieses Ehrenamt gesucht. Von der CDU-Fraktion wurde er direkt auf das Amt angesprochen. „Das Kuriose war, dass ich damals nicht mal im Ortschaftsrat war“, sagt Reifschneider. Eigentlich wollte er sich der Wahl auch nicht stellen, da er für seine letzten 16 Dienstjahre mit einem Posten als Bürgermeister von Sasbachwalden, Kappelrodeck oder Ottenhöfen liebäugelte. Als das durchsickerte, hatte er in Rheinbischofsheim keine Ruhe mehr - die „Bischemer“ fanden, dass als Alternative der Ortsvorsteherposten ideal wäre.
Nicht mit Wahl gerechnet
Er ging in sich und ihm wurde klar, dass er sich in seinem Job in Oberkirch sowie in seinem Wohnort Rheinbischofsheim pudelwohl fühlte. Allerdings kam für ihn der Posten des Ortsvorstehers, ohne Mitglied im Ortschaftsrat zu sein, nicht in Frage. „Da hätte ich kein Stimmrecht gehabt“, erklärt er. Er ließ sich auf die Liste der CDU-Fraktion setzen und versprach im Falle einer Wahl auch den Posten des Ortsvorstehers zu übernehmen. „Da auf der Liste viele ortsbekannte Namen waren, habe ich ganz ehrlich nicht damit gerechnet, in den Ortschaftsrat gewählt zu werden“, gibt er zu. So wäre für seine Bürgermeisterkarriere weiterhin alles offen gewesen.
Seine Spekulation ging nicht auf, und er stand zu seinem Wort. „Ich war eingearbeitet und es machte mir viel Spaß, so dass ich den Posten des Ortsvorstehers nicht mehr aufgeben wollte“, blickt er zurück. Er fühlte sich den Bürgern verpflichtet, hatte einen guten Draht zu ihnen aufgebaut und wollte sie nicht enttäuschen. Der Posten als Bürgermeister wäre für ihn mit einem Umzug in die jeweilige Gemeinde verbunden gewesen. „Im Grunde wollte ich nie Ortsvorsteher werden, mache es aber mittlerweile sehr gerne“, betont Reifschneider nach 14 Jahren als Ortsvorsteher.
Sporthallenerweiterung bedeutete viel Arbeit
Einer der größten Kämpfe, der viel Überzeugungsarbeit kostete, war die Sporthallenerweiterung, um die der Turnverein schon 15 Jahre vor seiner Amtszeit kämpfte. Der Anbau wurde im November 2014 eingeweiht. Zu den größten Aufgaben während seiner Amtszeit gehörte zweifelsfrei das unangenehme Thema der Grundwassersanierung zur Beseitigung von Umweltschäden durch eine chemische Reinigung, die er an die Öffentlichkeit brachte. Das kostete ihn viel Zeit und Energie. Als der Stein ins Rollen kam, wehrte er sich mit dem Ortschaftsrat erfolgreich gegen das Aufstellen einer Containeranlage mit der Reinigungsanlage am Lindenplatz - dem Dorfmittelpunkt, wo im nächsten Jahr das Dorfjubiläum „750 Jahre Rheinbischofsheim“ gefeiert werden soll.
Im Großen und Ganzen blickt Reifschneider zufrieden auf seine Ergebnisse zurück. Dankbar ist er seinem ehemaligen Chef, Oberkirchs OB Matthias Braun, der ihm viele Freiheiten für seine Ortsvorstehertätigkeiten gewährte. Unter seinem Beruf und seinem Amt als Ortsvorsteher mussten Freunde und Familie viel zurückstecken - das machte ihn manchmal traurig. Es wurde ihm allerdings immer viel Verständnis entgegengebracht und der Rücken frei gehalten.
Gerne in seinem Garten aktiv
Heute ist Reifschneider im Unruhestand, der ihm aber bisher nicht viel mehr Freizeit bescherte. Er kümmert sich viel um seine Mutter und Schwiegermutter. Das Rathaus wirft nach wie vor genügend Arbeit ab, die ihn auch zuhause auf Trab hält. Für manches nimmt er sich heute mehr Zeit und kümmert sich noch intensiver darum. Der 63-Jährige genießt es, wenn er seinen Sohn Markus (35), der sich vor eineinhalb Jahren als Hörgeräteakustiker-Meister in Bühl selbständig machte, unterstützen kann. Bleibt noch Freizeit übrig, stehen seine Frau Helga und sein Labradoodle Toni ganz oben auf seiner Liste. Im TV sind Fußball - er ist eingefleischter Eintracht Frankfurt-Fan - und Krimis seine Favoriten, beim Lesen stehen die Eberhofer-Krimis aus Bayern ganz oben. Ansonsten ist Reifschneider gerne in seinem Garten, fährt Rad oder reist. Auf seiner Wunschliste stehen die Fjorde in Norwegen, Schottland, der Lago Maggiore, die Karibik, die Südsee mit Tahiti und Bora Bora sowie Südafrika.
Spontaner erster Auftritt
Seinen Ausgleich zur Kommunalpolitik findet Reifschneider beim Kabarett. Seinen ersten öffentlichen „Kabarettauftritt“ - wenn man es so nennen möchte - hatte er aus der Not heraus bei der Jahreshauptversammlung des Turnvereins, wo er als Tischtenniswart eigentlich einen Tätigkeitsbericht abgeben sollte. „An diesem Tag kam ich extra früher von der Arbeit, um mich darauf vorzubereiten“, erinnert er sich. Daraus wurde allerdings nichts, weil seine Frau, hoch erfreut, dass er so früh nach Hause kam, ihn dazu überredete, in Offenburg Matratzen kaufen zu gehen.
Anstatt der geplanten zwei Stunden dauerte die Aktion bis zum Abend und an Vorbereiten war nicht mehr zu denken. Da der Bericht dementsprechend kurz ausfiel, schwenkte Reifschneider spontan um und erzählte vom Matratzenkauf. Dabei wurde so gelacht, dass er fortan zu jeder Jahreshauptversammlung eine lustige Geschichte wie beispielsweise „Der Fischeinkauf beim Super U“ mitbringen musste. Auf einem Geburtstag lernte er den Kabarettisten Hartmut Reichmann, Hebbes genannt, kennen. Die beiden kamen ins Gespräch, hatten schon voneinander gehört und beschlossen etwas Gemeinsames zu machen. Beide sind heute dicke Kumpels. 2003 stand das Duo erstmals zusammen an Fasnacht in der Bütt und gaben im Herbst im Goldenen Löwen ihr Debut auf der Bühne.
Kontakt mit Gerd Birsner
Reifschneiders alias Roßmeisels erstes Programm war aus seinem Leben gegriffen und hieß „Eigentlich habe ich gar keine Zeit“. „Das hat richtig Spaß gemacht“, erinnert er sich. 2004 wurden die beiden von Gerd Birsner, damals Ortsvorsteher von Rheinau-Diersheim, in die Kulturreihe Diersheimer Winter eingeladen. Ab dieser Zeit gab es fast jährlich ein neues Programm. Reifschneiders Programme hießen unter anderem „Endlich Urlaub“, „Valentinstag“, „Ketchup, Senf und Mayo“ oder „Latte Matato“. Seinen ersten zweistündigen Soloauftritt gab „Roßmeisel“ im Dezember 2019 in Oberkirch-Ringelbach mit „Breitsichtbrille“. „Das war so schön und hat so viel Spaß gemacht“, schwärmt er noch heute.
Leider wurde er danach sofort durch Corona gestoppt, überlegt aber heute, ob er diese Aktivität wieder aufleben lässt. 80 Prozent seiner Kabarettthemen stammen aus eigenen Erlebnissen, die er dann herrlich überspitzt zum Besten gibt. Beim Neujahrsempfang der Mittelbadischen Presse trat er mit „Feiern will gelernt sein“ auf, bei dem er sein Leben als Ortsvorsteher aufs Korn nahm. „Da haben sich viele wiedererkannt“, sagt der 63-Jährige.
Vom Großvater gelernt
Der Schalk wurde Reifschneider von seinem Großvater in die Wiege gelegt. Diesem half er schon als Kind Büttenreden zu schreiben, konnte sich schon immer gut Witze merken und nahm auch die Schule nicht immer bitterernst. Beim Hemdklunkerball des Turnvereins und Kirchenchores am Schmutzigen Donnerstag stand Reifschneider selbst schon in der Bütt, bis er die Ehre hatte, dem Zylinderkomitee in Oberkirch beizutreten. Momentan überlegt er, ob er zum 55-jährigen Jubiläum des Karnevalsvereins im nächsten Jahr in die Bütt zurückkehrt.
Robert Reifschneider
Robert Reifschneider wurde am 16. April 1959 in Frankfurt geboren und wuchs in Maintal zwischen Frankfurt und Hanau auf. 1984 begann er ein Studium für den gehobenen Verwaltungsdienst. Seine erste Frau Silvia heiratete er 1984 in Kehl, im März 1987 wurde Sohn Markus geboren. Als Silvia schwer erkrankte, zog die Familie nach Rheinbischofsheim, um bis zu ihrem Tod in der Nähe der Schwiegereltern zu wohnen. 1993 wurde er stellvertretender Kämmerer der Stadt Rheinau. Von 2004 bis zu seinem „Unruhestand“ nahm er die Stelle des Leiters im Revisionsamt bei der Stadt Oberkirch an. 2018 heiratete er seine Frau Helga, der er sehr dankbar ist, dass sie ihm den Rücken stärkt.