"Leser helfen"

50.000 Euro für eine besondere Ausbildung fürs Pferd

Christiane Agüera Oliver
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
09. November 2021
Video starten
Die Aktion "Leser helfen" sammelt Spenden für ein neues Therapiepferd fürs Epilepsiezentrum in Kork: Therapiepferd Nina (21) hilft den Patienten beim Reiten oder einer Begegnung am Boden, ihre Muskeln zu entspannen. Ist der Nachwuchs ausgebildet, darf sie in Rente gehen. 

Die Aktion "Leser helfen" sammelt Spenden für ein neues Therapiepferd fürs Epilepsiezentrum in Kork: Therapiepferd Nina (21) hilft den Patienten beim Reiten oder einer Begegnung am Boden, ihre Muskeln zu entspannen. Ist der Nachwuchs ausgebildet, darf sie in Rente gehen.  ©ULRICH MARX

Die 25. „Leser helfen“-Benefizaktion kommt dem Epilepsiezentrum zugute: Die Einrichtung braucht ein neues Therapiepferd. Bis das Tier für seine Aufgabe trainiert ist, kostet es 50 000 Euro.

Nina, das Therapiepferd des Epilepsiezentrums in Kehl-Kork, hat mit 21 Jahren ein Alter erreicht, in dem sie bald abgelöst werden soll. Mit den Spenden der 25. „Leser helfen“-Aktion der Mittelbadischen Presse soll ein neues Pferd gekauft und für die Therapie ausgebildet werden. „Leser helfen“ unterstützt in diesem Jahr die Kinder- und Jugendklinik des Epilepsiezentrums Kork und somit verschiedene Therapieformen. Für das Therapiepferd werden zirka 50 000 Euro benötigt: Das Pferd kostet etwa 15 000 Euro. Weitere 5000 Euro müssen investiert werden, um herauszufinden, ob sich das Tier für die Aufgabe eignet. Danach ist mit Ausbildungskosten von 10 000 Euro pro Jahr zu rechnen. „Jeder Euro, der über den Kauf hinausgeht, wäre für die Therapie super“, sagt Hippotherapeutin Christine Schäfer. Da Hippotherapie keine kassenärztliche Leistung ist, wird sie komplett aus Spendengeldern und einem kleinen Obolus der Eltern finanziert.

Muskeln entspannen

„Epilepsie geht durch das Reiten nicht weg“, stellt die Hippotherapeutin klar. Menschen mit einer Epilepsieerkrankung seien keine aktiven Reiter, sondern Patienten. Die dreidimensionalen Bewegungsimpulse des Pferdes werden bei dieser physiotherapeutischen Behandlungsform genutzt, um Koordination, Körperaufrichtung und Regulierung der Muskelspannung zu verbessern.

„Ziel der Hippotherapie ist oft die Diagnostik“, sagt Schäfer. Ihre Patienten seien teilweise nicht in der Lage, selbstständig Kontakt mit dem Pferd aufzunehmen. Ein Kind könne sich nicht bewegen, sitze im Rollstuhl. Langsam nähere sich das Pferd und „schnuffelt“, nennt sie ein Beispiel. „Auf was reagiert das Kind, was kann es umsetzen, kommt es zum Anfall, welche Art von Anfall?“, achtet Schäfer auf zahlreiche Merkmale. Diese Diagnostik ist ein bedeutender Anhaltspunkt für die behandelnden Ärzte.

Nur für Patienten

Schäfer betreut ausschließlich Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die stationär im Epilesiezentrum behandelt werden. Es sei individuell sehr verschieden, wie lange ein Patient mit dem Pferd in Kontakt ist oder darauf sitzen bleibt. Die Anzahl der Therapieeinheiten variiert ebenfalls: Einige Patienten sind nur kurz auf Station, je nach Aufenthaltsdauer kommen Kinder öfter zur Therapie.

Helferin Viola Storz führt das Therapiepferd, auf dem der Patient sitzt. Die Therapeutin läuft in engem Kontakt zum Pferd nebenher und kann korrigierend eingreifen. Die Bewegungen des Pferdes übertragen sich auf den Menschen und dieser reagiert mit Aufrichtung und Körperspannung. Bei Patienten, bei denen mit Anfällen zu rechnen ist, ist eine weitere Begleitung auf der anderen Seite des Pferdes nötig.

- Anzeige -

Auch auf Augenhöhe mit dem Tier kann schon eine Reaktion, eine Entspannung erfolgen. Auf die Wahrnehmungen des Patienten achtet Schäfer genau. Sind Kinder ablenkbar oder verhaltensauffällig, findet die Therapie in der Reithalle statt. Ansonsten geht es auch mal nach draußen.

Pferd muss stoppen

„Eltern erwarten oft, das Kind könne zu Hause reiten“, berichtet sie. „Doch stopp – nicht jedes Pferd ist dazu geeignet“, warnt die Hippotherapeutin. Sie verweist auf das Netz von Hippotherapeuten, einige davon haben eine Epilepsie-Ausbildung. Dies sei wichtig.

„Ein Kind mit einer körperlichen Beeinträchtigung ist etwas anderes als ein Kind mit Epilepsie, das einen Anfall aus dem Nichts heraus bekommt“, sagt sie. Das Pferd sei so trainiert, dass es die plötzliche Anspannung im Körper bemerkt und stoppt. Es wartet den Anfall ab, erst dann geht es weiter. „Ein normales Pferd erkennt das als Signal zum Losgaloppieren.“ Es gelte, diesen Instinkt abzutrainieren.

Die Ausbildung eines Pferdes dauert drei Jahre. Im ersten Jahr werden Schritt, Trab und Galopp trainiert, im zweiten das Verhalten bei Epilepsieanfällen. Zunächst werden diese simuliert: Das Tier muss in jeder Situation ruhig bleiben. Mit Patienten kommt das Pferd im dritten Ausbildungsjahr in Kontakt. „Menschen, die sich nicht ruhig verhalten und laut sind“, gehören dazu. Das Pferd muss sich an Aufstiegshilfen und Hebebühne gewöhnen und längere Zeit stillstehen, bis sich die Menschen aus Rollstühlen daraufsetzen können. Lärm wie von Traktoren oder Autos soll das Pferd als normale Nebengeräusche akzeptieren – nichts darf als störend empfunden werden und das Tier nervös machen.

Erfahrene Therapeutin

Therapiepferd Nina lebt übrigens in Odelshofen, wo auch ihr Einsatzort ist. Sie gehört dem Epilepsiezentrum und hat sich mit 21 Jahren bald ihren Ruhestand verdient. Noch ist die Stute fit, doch ältere Pferde seien krankheitsanfällig, weiß Pferdefrau Christine Schäfer. Sie versorgt das Therapiepferd und will sich später auch um den Neuzugang kümmern. Schäfer ist seit 36 Jahren als Hippotherapeutin und hat außer Nina zwei weitere Therapiepferde ausgebildet.

 

Spenden für "Leser helfen"

Sie sind nicht angemeldet.
Damit Sie Kommentare zu diesem Artikel lesen können, loggen Sie sich bitte mit Ihren Zugangsdaten ein.
Sie sind nicht registiert?

bo+ ist das Beste, das wir haben. Versprochen! Und wir machen uns die Auswahl nicht leicht: Tiefergehende und hintergründige Texte, investigative Beiträge, spannende Reportagen, längere Strecken, exklusive Storys, recherchiert und geschrieben von einer meinungsstarken Redaktion.

Sie haben Fragen?

Wir haben die häufigsten Fragen für Sie zusammengefasst.

Leserservice
0781 / 504 55 55
Telefonische Servicezeiten

Montag bis Freitag 7 bis 18 Uhr

Samstag 7 bis 12 Uhr

Weitere Artikel aus der Kategorie: Ortenau

Im Aufwachraum des Zentral-OPs, der während der Übung als Behandlungsplatz diente, wurden die "Notfallpatienten" nach und nach versorgt.
vor 3 Stunden
Angenommenes Unglück mit vielen Verletzten
Eine Massenkarambolage auf der Autobahn, ein Großbrand oder ein schweres Zugunglück – bei all diesen Szenarien müssen viele Patienten gleichzeitig an einem Ort versorgt werden. In Lahr hat das Ortenau-Klinikum nun so einen Ernstfall geprobt.
Bei "Dein Ding läuft" tauschten sich am Freitag potentielle Auszubildende mit Firmenvertretern aus. 
vor 4 Stunden
In zwölf Minuten zum Traumjob
In den Räumen der Etage Eins in Offenburg trafen am Freitag einige hundert Berufseinsteiger auf 16 Firmen aus der Region. In lockerer Atmosphäre sollen Betriebe neue Auszubildende finden.
Isabelle Oberle aus Hofstetten mit ihrem sechs Monate alten Sohn Felian.
vor 17 Stunden
Ortenau
Am besten entwickeln sich Frühchen, wenn sie Muttermilch bekommen – von der eigenen Mutter oder einer Spenderin. Isabelle Obert aus Hofstetten ist Muttermilchspenderin und hilft damit den Allerkleinsten in der Offenburger Kinderklinik.
Opferanwältin Ulrike Schwarz (links) und Dagmar Stumpe-Blasel vom Verein "Aufschrei" vor dem Gericht. ⇒Foto: Christoph Breithaupt
vor 20 Stunden
Benefizaktion der Mittelbadischen Presse
Die psychosoziale Prozessbegleitung ersetzt zwar nicht die Anwältin oder den Anwalt, sorgt aber vor allem dafür, dass die individuelle Belastung reduziert wird.
01.12.2023
Ortenau
In den Großen Kreisstädten des Ortenaukreises leben überdurchschnittlich viele Ausländer. In Kehl macht deren Anteil fast 28 Prozent der Bevölkerung aus – in Achern nur 14 Prozent.
Fünf junge Männer aus Syrien, Iran und Palästina müssen sich seit Oktober vor dem Gericht verantworten. Ihnen wird unter anderem Schutzgelderpressung vorgeworfen.
01.12.2023
"Er ist nicht Lahrs Drogenbaron"
Erpressung, Bedrohung, Körperverletzung, Wohnung verwüstet: Beim Prozess um rivalisierende Drogenbanden aus Lahr plädierten Staatsanwältin und Verteidiger zwischen Haft und Freispruch.
Stefanie Karadas lebt seit 1989 mit HIV. Seit etwa zehn Jahren geht sie offen mit ihrer Diagnose um, weil nur so Vorurteile abgebaut werden könnten. ⇒Foto: Christoph Breithaupt
01.12.2023
Ortenau
Anlässlich des Weltaidstags am 1. Dezember spricht Stefanie Karadas über ihr Leben mit HIV. Die Offenburgerin erhielt ihre Diagnose vor 34 Jahren. Trotz des medizinischen Fortschritts erlebten laut der Betroffenen auch heute noch viele Erkrankte Diskriminierung.
Das ganze Jahr über reisen die für den Aufbau des Zelts verantwortlichen Mitarbeiter mit dem Zirkus. Seit Mittwoch sind sie in Offenburg am Werk.
01.12.2023
Manege frei am Messeplatz
Innerhalb von zwei Tagen hat das Team des Offenburger Weihnachtscircus Zelt und Tribünen gestellt. Die Veranstalter hoffen nach einem guten Vorverkauf nun auf eine erfolgreiche Saison.
Die Notunterkunft in der Messe ist nur zu einem Bruchteil ausgelastet.⇒ Foto: Christoph Breithaupt
30.11.2023
Ortenau
Die Ende Oktober eingerichtete Notunterkunft in der Offenburger Messe ist nur zu einem Bruchteil ausgelastet. Trotzdem werden monatlich 500.000 Euro fällig. Nun reagiert die zuständige Behörde.
Aktuell laufen die polizeilichen Ermittlungen.
30.11.2023
Offenburg
In den letzten Tagen gab es mehrere Schmierereien mit religiösem Hintergrund in Offenburg: Ein Haus in der Okenstraße sowie ein Lebensmittelladen wurden mit Parolen beschmiert. Ob die beiden Vorfälle im Zusammenhang stehen, wird derzeit ermittelt.
Der Wohnungslose soll das Feuer entfacht haben, um sich zu wärmen.
30.11.2023
Brand in leerstehendem Gebäude
Ein 55-jähriger Wohnungsloser steht unter Verdacht, das Feuer in einem leerstehenden Gebäude in Niederschopfheim verursacht zu haben. Er wollte sich laut ersten Erkenntnissen wärmen.
30.11.2023
Achern
Die rechtzeitige Notbremsung eines Zugführers soll einem serbischen Mann in Achern das Leben gerettet haben. Der 35-Jährige soll am Mittwoch stark alkoholisiert auf den Gleisen gesessen sein. Zu seiner Sicherheit nahmen ihn Beamte in Gewahrsam.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Das Stadtquartier Rée Carré bietet viele verschiedene Aktionen in der Adventszeit an.
    25.11.2023
    Offenburg: Aktionen und Events im Stadtquartier
    In der Adventszeit pflegt das Rée Carré lieb gewonnene Traditionen. Das Stadtquartier erstrahlt im Lichterglanz und bietet neben Glühwein und den vertrauten vorweihnachtlichen Düften ganz besondere Events, um die besinnliche Zeit zu begehen.
  • Petro Müller, Inhaber des Autohauses Baral in Lahr (rechts), und sein Sohn Gerrit suchen noch einen Mechatroniker, um das Team zu verstärken. 
    21.11.2023
    Im Suzuki-Autohaus Baral wächst die nächste Generation heran
    Das Suzuki-Autohaus Baral in Lahr hat sich auf Kleinwagen – neu und gebraucht - spezialisiert. Inhaber Petro Müller und sein Team setzen auf Beratung und Meisterservice in der Werkstatt.
  • Sie halten die Tradition des Bierbrauens hoch im Brauwerk (von links): Der neue Betriebsleiter und Braumeister Martin Schmitt, Geschäftsführer Oliver Braun, Ulrich Nauhauser, der ausgeschiedene Betriebsleiter und Braumeister, sowie Rick Pfeffer, der neue Braumeister.
    21.11.2023
    Brauwerk Baden: Immer am Puls der Zeit
    Die alte und neue Generation der Braumeister des Brauwerks Baden bieten den Kunden neben traditioneller Braukunst auch nachhaltige Ideen und neue Trends.
  • Marc Karkossa, Peter Sutter und Luis Weber (von links) haben das Start-Up Dyno aus der Taufe gehoben. 
    20.11.2023
    Offenburger Start-Up startet Großoffensive in Offenburg
    Mehr Geld im Alter: Das Offenburger Unternehmen "Dyno" will Arbeitnehmern Gutes tun. Die Mission des Start-ups: "Dyno rettet die Rente!"