Bienen in der Ortenau: Experten fordern mehr Bürgerengagement
Die Bienen-Bewegung in Bayern, ein Wildbienengarten auf dem Burda-Gelände: Erst allmählich bekommen die rund 580 Wildbienenarten und Hummeln eine Lobby. Doch fast die Hälfte ist laut Studien so gut wie verschwunden. Für sie tun kann jeder etwas – als Verbraucher und als Hobbygärtner, sagen die Experten aus der Ortenau.
Ordnungsliebe ist der größte Feind der Wildbienen: Wenn es mal irgendwo blüht, ist die für die Insekten nützliche Pracht meist wieder weg, bevor die Tierchen sie richtig nutzen konnten. »Es wird meist zu früh gemäht«, bedauert Petra Rumpel, Geschäftsführerin des BUND Ortenau. Insbesondere das sogenannte Straßenbegleitgrün muss meist mitten in der Blühzeit weichen, »weil es in die Fahrbahn hineinragt«, beobachtet sie.
Auch Heinz Breithaupt vom Nabu Offenburg hat sich in der Redaktion gemeldet, weil entlang der Straßen der große Kahlschlag zu beobachten war: »Warum jetzt?«, fragt er. Mitte Mai sei eindeutig zu früh. Eine wildbienenfreundliche Wiese hat rund 60 verschiedene Blumen- und Kräuterarten, dazu etwa 20 Gräser. Wird zu früh gemäht, verschwinden die nützlichen Blüten. »Die Grashalme wachsen rasch wieder aus den Gelenken hoch – die Kräuter und Blumen erholen sich kaum«, nennt Rumpel die Ursache. Zudem müsse man das Mähgut entfernen: Nur magere Wiesen bieten die Grundlage für eine Artenvielfalt.
Unterstützung der Bauern
Einig sind sich alle Naturschützer darin, dass »wir die Bauern im Boot brauchen«. Das, was es aktuell an Engagement gibt, reiche nämlich nicht, um das Artensterben tatsächlich aufzuhalten. Sie begrüßen deshalb eine Initiative der Erdbeerbauern, die über Crowdfunding Geld für die Nachnutzung ihrer Erdbeerfelder sammeln (siehe Kasten). »Alles, was getan wird, ist besser als nichts«, so Rumpel.
Allerdings ist sie sich mit Karl-Heinz Dunker, Geschäftsführer des Naturparks, darin einig, dass man die eingesäten Felder am besten über den Winter stehen lassen sollte – wenn es wirtschaftlich irgendwie machbar ist oder ein Fruchtwechsel ansteht. »Gut 50 Prozent der Wildbienen haben ihre Brut im Boden«, erklärt sie. Einige nutzen auch die abgestorbenen Stängel, um darin zu überwintern. »Das Projekt wäre noch nachhaltiger, wenn die Wiese länger stehen dürfte«, bestätigt auch Dunker.
Beide wollen übrigens nicht »die Bauern« für die Misere der Wildbienen verantwortlich machen. »Es sind die Konsumenten, die die Produktionsbedingungen mitbestimmen«, sieht Rumpel jeden Einzelnen in der Verantwortung. Das kann Dunker nur unterschreiben. Seit 2016 führt er das Projekt »Blühender Naturpark« durch: In dieser Zeit hat der Geschäftsführer des Naturparks mit 90 Paten 250 Blühstreifen oder kleine Wiesen angelegt. Doch bei allem bleibt er realistisch: »Mit diesen Beiträgen lässt sich das Insektensterben nicht aufhalten, wenn nicht mehr kommt.« Mehr heißt auch, das Richtige tun. Kindergärten, Schulen und Kommunen sollen beim Anpflanzen tatkräftig mithelfen; so wird versucht, mit der Aktion Lerneffekte zu erzielen.
Vorzeigekommune ist für ihn Lautenbach: »Da steht der ganze Ort dahinter.« Für die Wildbienen bedeutet es 6000 Quadratmeter Wiesenfläche, die den Insekten wirklich weiterhilft. Denn wer einfach nur die bunte Blumenmischung aus dem Baumarkt auf seinen Rasen oder den Balkonkasten gibt, hat meist etwas, was schön blüht – »aber den Insekten nicht wirklich nützt«. Diese sind laut Dunker extrem spezialisiert auf ihre Wirtspflanzen: »Deshalb sollte das Saatgut von hier sein.«
Spezielle Firmen bieten entsprechende Samen an, sodass die Insekten dann tatsächlich profitieren – etwa vom Großen Wiesenknopf, aber auch von anderen Pflanzen. Dass das Insektensterben erst recht spät auffiel, liegt laut Rumpel daran, »dass hier niemand zählt oder kartiert«. Es gebe Projekte, in denen Ehrenamtliche vereinzelt nach den Schmetterlingen sehen, aber keine für Wildbienen.
Sieben Landwirte fördern Artenvielfalt
Sieben Landwirte aus Oberkirch-Renchtal wollen mit den Bürgern der Region die Artenvielfalt fördern. Dafür stellen sie über vier Hektar ihrer Erdbeerfelder zur Verfügung, um dort nach der Ernte insektenfreundliche Blühwiesen auszusäen. Für Bodenbearbeitung, Saatgut und Arbeitsaufwand müssten die Landwirte pro Hektar Blühwiese 800 Euro aufbringen.
Über die Crowdfunding-Plattform www.bw-crowd.de/oberkirch-renchtal-bluehenauf sollen deshalb 3200 Euro gesammelt werden.
Die Aussaat beginnt Mitte Juli, die Blumenwiesen bleiben bis November oder bis Januar stehen. Die Flächen werden in der Zeit nicht gedüngt oder mit Pflanzenschutz behandelt.