Christian Streich erhält »Goldene Narrenschelle« in Rust
Knapp 500 Narren waren am Mittwochabend in den Europa-Park in Rust gekommen, um zu feiern und zu sehen, wie SC-Freiburg-Trainer Christian Streich die «Goldene Narrenschelle» der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) bekam. Die Laudatio hielt Vorgänger Cem Özdemir, der Preisträger selbst wollte keine Rede halten – unterhielt das Publikum aber dennoch.
»Du bringschs halt auf de Tisch, auch wenn’s de gröschte Scheißdreck isch« – sagte Roland Wehrle, der Präsident der Schwäbisch-Alemannsichen Narrenzünfte (VSAN), am Mittwochabend in der Scala des Europa-Parks in Rust. Gerichtet waren seine Worte an Christian Streich. Der SC-Freiburg-Trainer erhielt die "Goldene Narrenschelle", als 14. Preisträger überhaupt.
Kulttrainer geehrt
Gekommen in die Scala im Hotel Colosseo waren rund 500 Narren – darunter auch Landrat Frank Scherer, Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, Lahrs Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller und Familie Mack. Sie alle sind, das wurde von Beginn an klar, große Fans vom »Kulttrainer«, wie Streich mehr als nur einmal an diesem Abend bezeichnet wurde. Wer Streich kennt und wer ihn während der Reden über ihn beobachtete, konnte sehen, dass ihm zu viel Lob irgendwann unangenehm ist. Denn Lob, davon gab es am Mittwochabend mehr als genug für den Bundesligatrainer.
VSAN-Präsident Wehrle erläuterte, weshalb Streich die Narrenschelle bekam. Der Freiburger Übungsleiter sei einer, »der schwätzt am Pressetisch, wie ihm der Schnabel gewachsen isch«. Er verstecke seinen Dialekt nicht, bringe anderen so die badische Heimat näher, er könne aber auch über andere Dinge, als nur den Fußball - wie Wirtschaft, Kultur oder Gesellschaftliches - sprechen. So sei es dem dienstältesten Trainer der ersten Liga gelungen, die Öffentlichkeit immer wieder zu verblüffen und in Erstaunen zu versetzen.
Wie üblich, hielt der Narrenschellenvorgänger die Laudatio. Im vergangenen Jahre hatte Cem Özdemir die närrische Auszeichnung erhalten. Normalerweise, so der Grünen-Politiker, würde man von Trainern eher Sätze hören wie »da muss dann auch mal einer die Hand ins Heft nehmen«, oder »gerade zuhause liegt unsere Heimstärke«. Streich sei dagegen anders. Er sage etwa »Freiburg will immer den Ball haben. Von Taktik wissen wir nichts, das können wir nicht« oder »wir müssen nicht gewinnen, was wir müssen, ist irgendwann sterben, übrigens wir alle«.
Özdemir lobte, dass Streich neben dem Fußball auch über andere Dinge nachdenke. Er habe eine eigene Haltung, sei Demokrat und gegen Fremdenfreindlichkeit. Özdemir sei froh, dass der Metzgersohn heute statt Schweine lieber die AfD oder die gegnerische Abwehr zerlegt.
Immer die Schelle dabei
Anders als seine Vorgänger, wollte Streich keine Rede halten. Stattdessen interviewte ihn Jens Zimmermann, der unter anderem bei der abgelaufenen Handball-Weltmeisterschaft in der Halle moderierte. Zimmermann sprach Streich auf die Pressekonferenzen an. »Ich weiß meistens am nächsten Tag nicht mehr, was ich gesagt habe.« Das liege daran, dass er eigentlich nichts Substantielles über die eigene Taktik fürs nächste Spiel verraten könne. »Aber die Pressekonferenz soll halt nicht nur fünf Minuten gehen. Dann erzählt man halt irgendwas - zum Beispiel zum Scheibenschießen.«
Streich habe schon vom vietnamesischen Bootsflüchtling bis zu Sinti und Roma alle möglichen Menschen trainiert. Es war immer egal, wo sie herkamen oder wie sie aussahen. Zwar sei er selbst nicht närrisch aktiv, da er aus dem protestantisch geprägten Ort Eimeldingen komme, die Fasnacht sei ihm aber sympathisch. Auch hier sei es egal, wo jemand herkomme.
Als Narrenschellenträger muss Streich künftig bei jeder Fasnachtsveranstaltung die Schelle dabei haben. »Wird Sie auch bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Augsburg auf dem Tisch stehen?«, fragte Zimmermann. »Haja, dann hab’ ich wenigstens was zu erzählen«, schloss Streich und verließ alsbald die Veranstaltung. Die 500 Narren feierten dagegen noch bis tief in die Nacht.
Instagram-Story zur Verleihung
Eine Instagram-Story mit Fotos und kurzen Videoclips von der Narrenschellen-Verleihung finden Sie auf unserer Instagramseite.
Die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN)
Die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) hat zum 14. Mal die Goldene Narrenschelle vergeben. Zu Christian Streichs Vorgängen gehören unter anderen EU-Kommissar Günther Oettinger, Europa-Park-Geschäftsführer Roland Mack, Moderator Frank Elster oder auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Zum 10. Mal wurde der Preis im Scala des Europa-Parks vergeben. Die 1924 gegründete VSAN ist die älteste Narrenvereinigung Deutschlands.
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